Das Wetter in diesem Sommer hat den Landwirten im Landkreis Harburg bei der Getreideernte einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Buchholz/Tostedt. Die Getreideernte wird für die Bauern im Landkreis immer mehr zum Geduldsspiel. Eigentlich müssten die meisten Felder bereits geräumt sein, doch noch steht ein Großteil des Getreides auf dem Halm. "Im Gürtel südlich von Hamburg, von Stade bis Lüchow-Dannenberg, ist bisher höchstens die Hälfte des Getreides gedroschen worden", sagt der Leiter der Buchholzer Außenstelle der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Ulrich Peper, 43. "Winterroggen und Winterweizen stehen noch überwiegend auf dem Halm. Im südlichen Niedersachsen hingegen ist die Ernte schon sehr weit vorangeschritten. Leider müssen die Landwirte bei uns im Landkreis Harburg weiter auf trockenes Wetter warten."

Als Ursache für diese Verzögerung nennt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen das ungewöhnlich feuchte Wetter der vergangenen Tage und Wochen. Die kurzen regenfreien und warmen Phasen reichten bei Weitem nicht aus, um das Erntegut auf den Feldern ausreichend abtrocknen zu lassen. Begonnene Erntearbeiten mussten immer wieder aufgrund des einsetzenden Regens abgebrochen werden.

Auch die Qualität des Getreides hat wegen des feuchten Sommers stark gelitten. "Die Backqualitäten sind dahin, weil es viel zu lange feucht und schwül gewesen ist", sagt der Geschäftsführer des Landvolk-Kreisverbandes Lüneburger Heide, Werner Maß, 50. "Das, was wir jetzt noch an Getreide am Halm haben, wird höchstens Futterqualitäten haben - vorausgesetzt es kommt trocken herein."

Feucht geerntetes Korn muss auf einen Wassergehalt von 14 Prozent getrocknet werden, damit es problemlos gelagert werden kann. Das kostet den Landwirt viel Geld: Eine Trocknung um vier Prozentpunkte, also von 18 auf 14 Prozent Feuchtigkeit, kostet etwa 17 Euro je Tonne - das sind knapp ein Zehntel des derzeitigen Getreidepreises. Futtergetreide kostet aktuell zwischen 180 und 190 Euro je Tonne und liegt in etwa auf Vorjahresniveau. Für Brotgetreide erzielen die Bauern 200 bis 220 Euro je Tonne.

So lautet die traurige Zwischenbilanz dieses verregneten Sommers in der südlichen Metropolregion Hamburg: Das Getreide ist schon seit Wochen reif und wartet dringend auf den Druschtermin. Aber das Wetter spielt da nicht mit. "Wir brauchen ganz dringend eine Woche Trockenheit und Sonnenschein", sagt Werner Maß vom Landvolk. "Wir sind jetzt aber schon im Spätsommer, da sind die Erntebedingungen nicht mehr so gut wie im Juli."

Bauer Karl-Siegfried Jobmann, 47, aus Tostedt hingegen hat in diesem Sommer die richtige Entscheidung getroffen: Er hat seinen Winterroggen bereits Anfang August geerntet. Karl-Siegfried Jobmann baut auf 100 Hektar Getreide an: je zu einem Drittel Wintergerte, Winterrogen und Winterweizen. Der Vorteil des Tostedters: Er ist unabhängig - hat einen eigenen Mähdrescher und eine eigene Trockenanlage auf seinem Zweitbetrieb in Langeloh (Landkreis Harburg).

"Ich habe mir gesagt, ich ernte den Roggen rechtzeitig ab, weil ich selber trockne", sagt der Landwirt. Karl-Siegfried Jobmann hat den Roggen mit 18 Prozent Feuchtigkeit geerntet und auf 15 Prozent Feuchtigkeit heruntergetrocknet, "damit er abzugsfrei an den Handel gehen kann". Der Bauer ist zufrieden: "Mein Roggen ist schon geerntet und an die Stader Saatzucht verkauft."

Das Problem für die meisten Getreidebauern im Landkreis Harburg bleibt indes: Es gibt immer weniger optimale Druschstunden, weil morgens Tau auf dem Getreide ist und nur schwer abtrocknet. Gegen 17 Uhr aber setzt der Tau schon wieder ein. Hinzu kommt: An vielen Stellen im Landkreis Harburg sind die Böden nicht ausreichend tragfähig für schwere Maschinen. "Die fahren sich oft fest", sagt Werner Maß vom Landvolk.

Auch der Getreideertrag macht die Bauern im Landkreis Harburg nicht glücklich. "Wir haben einen schlechten Ertrag in allen Getreidesorten, weil es im Frühling viel zu trocken war und jetzt zu feucht", sagt Werner Maß. "Die lang anhaltende Trockenheit im April und im Mai haben dem Getreide zu schaffen gemacht", bestätigt Karl-Siegfried Jobmann.

Der Bauer aus Tostedt muss in diesem Sommer auch Ertragseinbußen hinnehmen: "Mengenmäßig lag ich beim Roggen um ein Viertel unter dem Durchschnitt. Beim Weizen erwarte ich ein Minus von rund 30 Prozent."

Im Gegensatz zum Winterroggen und zum Winterweizen ist die Wintergerste im Landkreis Harburg seit Ende Juli schon gedroschen. "Der Ertrag bei der Wintergerste ist im Vergleich zum Vorjahr um rund ein Fünftel gesunken", sagt Ulrich Peper von der Buchholzer Außenstelle der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Die Rapsernte im Landkreis Harburg ist zu 90 Prozent abgeschlossen. Hier rechnet Ulrich Peper mit einem Ertragsminus von rund 30 Prozent.

Das größte Problem der anstehenden Winterroggen- und Winterweizenernte bleibt der feuchte Sommer. Wenn das Getreide gelb und vollreif ist und es dann zu lang anhaltenden Niederschlägen kommt, leidet die Backfähigkeit stark. "Davor haben die Landwirte Angst. Wenn die Bauern Verträge für Brotgetreide abgeschlossen haben, können diese bei Qualitätsverlust nicht mehr erfüllt werden", sagt Ulrich Peper. "Im schlimmsten Fall könnte es zu Regressforderungen des Landhandels kommen."

Ein weiteres Problem bei der Ernte kennt Bauer Karl-Siegfried Jobmann: "Das Getreide fängt bei länger andauernder Feuchtigkeit auf dem Halm wieder an zu wachsen - das führt zu Ertragseinbußen."

Dieser Missstand zeigt sich auch auf Karl-Siegfried Jobmanns 13 Hektar großem Weizenfeld in der Gemarkung Tostedt. Viele Ähren haben wegen des vielen Niederschlages eine schwarze Einfärbung. Und viele Ähren liegen auf dem Boden und sind nicht mehr zu ernten.

Karl-Siegfried Jobmann bleibt trotz der schlechten Ernte gelassen: "Ein guter Bauer muss langfristig wirtschaften. Nach einer schlechten Ernte kommt auch wieder mal ein gutes Jahr."