Geologe Dr. Jörg Grossmann von Hamburg Wasser sieht in einem Deponiebau keine grundsätzliche Gefährdung des Trinkwassers.

Moorburg. Die Planungen laufen. Nachdem Anfang Juni das Baggergut-Entwässerungsfeld Moorburg-Mitte von Gutachtern als vorrangig geeignet für den Bau einer 30 Meter hohen Hafenschlickdeponie eingestuft worden war, hat nun die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) ein Ingenieurbüro mit der Planung des Großprojekts beauftragt. Erst im kommenden Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung soll sich dann herausstellen, ob der Standort tatsächlich geeignet ist.

Immerhin war für den Standort Moorburg-Mitte zuvor ein Ergänzungsgutachten notwendig geworden, weil beim ursprünglichen Gutachten wegen fehlender Angaben ein Trinkwasserbrunnen der Hamburger Wasserwerke nicht berücksichtigt worden war. Trotz der nur 700 Meter entfernten Trinkwasserförderung gilt der Standort weiterhin als geeignet. Wie schätzen die Wasserwerks-Fachleute von "Hamburg Wasser" die Gefahr einer Trinkwasserschädigung durch den Bau einer Hafenschlick-Deponie ein? Das Hamburger Abendblatt sprach vor Ort mit dem Geologen Dr. Jörg Grossmann, 55, bei Hamburg Wasser Leiter der Abteilung "Wasserwirtschaftliches Ressourcenmanagement".

Das seit Anfang der 1970er-Jahre von HPA, ehemals Amt Strom- und Hafenbau, betriebene Baggergut-Entwässerungsfeld Moorburg-Mitte erstreckt sich östlich der Autobahn 7 über eine Fläche von 90 Hektar und hebt sich durch langjährige Aufspülung von Baggergut aus Elbe und Hafen etwa sechs bis acht Meter aus dem umgebenden Gebiet der Marschwiesen hervor. Etwa die Hälfte des Geländes soll für den Deponiebau genutzt werden.

Ein Graben umfasst das Entwässerungsfeld, dessen Wasser zur Reinigungsanlage "Sara" nach Altenwerder gepumpt wird. Das Wiesengelände drum herum ist von Entwässerungsgräben durchzogen, die vom Wasserverband Moorburg betreut werden. Ohne die Gräben, deren Wasserstände über Schöpfwerke reguliert werden, wäre das Land reine Moorlandschaft und nicht nutzbar.

Der Geologe Dr. Jörg Grossmann beschreibt den Untergrund der Moorburger Elbmarsch als uneben. Die tragende Schicht bestehe in etwa 18 Meter Tiefe aus den pleistozänen Sanden und Kiesen des Elburstromtals, darüber liegen Torf und abdichtende, etwa drei Meter starke Kleischichten. Südöstlich des Entwässerungsfeldes befindet sich der bereits vor 30 Jahren wegen Altlasten der Holborn Raffinerie stillgelegte Diagonalfilterbrunnen DFB1 des Wasserwerks Süderelbmarsch an der Neuwiedenthaler Straße.

Keinerlei Beeinträchtigen durch das seit fast 40 Jahren von HPA betriebene Entwässerungsfeld gibt es laut Grossmann für den im Gutachten ursprünglich nicht berücksichtigten Horizontalfilterbrunnen HFB2. "Wir stellen dort keine unzulässigen Einträge fest", sagt der Geologe. Die Metalle Eisen und Mangan seien wesentliche Bestandteile des Rohwassers, die im Wasserwerk durch Oxidation abgeschieden werden. Der Brunnen fördert aus den Sandschichten etwa 1,5 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr. Etwa zwei Kilometer weiter westlich befindet sich der Horizontalfilterbrunnen HFB3, der jährlich etwa drei Millionen Kubikmeter Wasser liefert. Das von den Oberflächen nahen Horizontalfilterbrunnen geförderte Wasser stammt aus den Regeneinträgen der näheren Umgebung, zumeist aus dem Gebiet der Harburger Berge. Das Wasserwerk Süderelbmarsch versorgt zusammen mit den Wasserwerken Neugraben und Bostelbek die Verbraucher des Bezirks Harburg und Wilhelmsburg. Neben zahlreichen Horizontalfilterbrunnen zählt das Wasserwerk Süderelbmarsch auch neun Tiefbrunnen, die aus etwa 300 Meter Tiefe Wasser fördern. Für die Tiefbrunnen würde eine Schlickdeponie laut Grossmann ohne jede Bedeutung sein.

Grossmann sieht in einem Deponiebau keine grundsätzliche Gefährdung des Trinkwassers. Der Geologe schätzt, dass die unteren Torfschichten durch höheres Gewicht ähnlich wie ein Schwamm etwas stärker zusammengedrückt werden. "Ich sehe dadurch kein Problem für das Trinkwasser, allenfalls ein statisches Problem für den Deponiebau", sagt Grossmann. Er sagt auch, dass durch zahlreiche Messbrunnen ständig die Qualität des Grundwassers überprüft werde, bevor es zu den Förderbrunnen gelangt. Bei festgestellten Einträgen könnten Förderbrunnen durch Abwehrbrunnen und Drainagegräben abgeschirmt werden.

Grossmann kann sich sogar eine Verbesserung der Brunnensituation durch den Deponiebau vorstellen, weil während des Baus unterhalb des alten Entwässerungsfelds mit Lanzen Porenwasser aus den Torfschichten abgepumpt werden würde und die neue Deponie eine Abdichtung bekäme. Grossmann: "Auch bei dem Schlickberg in Francop war die Trinkwassergefährdung Anfang der 1990er-Jahre ein wesentlicher Diskussionspunkt. Dort haben wir auch Abwehrbrunnen für Notfälle einbezogen. Heute spielt die Wasserförderung im Bereich Francop ohnehin nur noch eine untergeordnete Rolle, weil sie wegen des Naturschutzes reduziert werden musste." Grossmann sieht im Deponiebau wegen technischer Beherrschbarkeit keine Gefährdung des Trinkwassers. "Ich halte es für weitaus gefährlicher, dass ein Gefahrguttransport auf der Straße oder der Schiene verunglückt und das Grundwasser schädigen könnte", sagt er.