Lebensmittel als Energierohstoff verheizen? Das lehnen die Naturfreunde Nordheide ab. Zu Biogasanlagen sagen sie grundsätzlich Ja.

Buchholz. Sie fürchten die Vermaisung der Landschaft und eine steigende Belastung der Böden mit Pestiziden. Die steigende Zahl von Biogasanlagen im Landkreis Harburg, mittlerweile sind 14 gebaut und 8 beantragt (wir berichteten), alarmiert Buchholzer Naturschützer. Sie kritisieren den hohen Nahrungsmittelanteil, mit dem die Anlagen betrieben werden, von denen der Landkreis Harburg Energie bezieht. Mehrere öffentliche Gebäude in Buchholz und Neu Wulmstorf werden mit Wärme aus Biogas-Blockheizkraftwerken versorgt.

Diese Anlagen seien an sich eine gute Sache, sagt Bernd Wenzel, Vorsitzender der Naturfreunde Nordheide, einer Regionalorganisation der Naturfreunde Deutschland. "Aber der Nahrungsmitteleinsatz muss beschränkt werden." Er schlägt eine Begrenzung auf höchstens 50 Prozent vor. Sein Verein sei seit zwei Jahren mit Landrat Joachim Bordt im Gespräch, um zu klären, wie der Bedarf an Mais für diese Art von Energiegewinnung reduziert werden könne.

Nun seien die Mitglieder "erschüttert", dass der Landkreis offenbar Aufträge an Unternehmen vergeben habe, ohne dass "irgendeine akzeptable Begrenzung für den Einsatz von Lebensmitteln" vorgeben worden sei. So steht es in einem Brief, den die Naturfreunde an den Landrat geschickt haben.

Hauptkritikpunkt ist die Zunahme des Maisanbaus, die laut Wenzel zu Monokulturen und Verödung des Landschaftsbildes führt. Auf 22 Prozent der Anbaufläche im Landkreis wächst mittlerweile Mais. Das sei zwar nicht so viel wie zum Beispiel im Landreis Rotenburg, wo bereits mehr als 50 Prozent der Ackerfläche für den Maisanbau genutzt wird, sagt Vereinsmitglied Wolfgang Wübberenz. "Aber so weit soll es hier gar nicht kommen."

Denn die steigende Nachfrage nach sogenanntem Industriemais bringe weitere Probleme mit sich, so Wenzel. "Diese Art von Maisanbau erfordert einen hohen Einsatz von Gülle. Das wirkst sich negativ auf die Böden und auch auf das Grundwasser aus." Zudem seien für den Anbau stärkere Pestizide erlaubt, ergänzt Agnes Wübberenz, auch sie Mitglied bei den Naturfreunden. "Und irgendwann landet das auch im Trinkwasser." Außerdem treibe die subventionierte Maisindustrie die Pachtpreise hoch. Die Liste ließe sich fortsetzen, sagt Wenzel. So müssten sich zum Beispiel Bauern, die vor Ort nicht mehr genug Tierfutter bekommen, nach Alternativen umsehen. "Das läuft dann zum Beispiel auf Soja hinaus, für dessen Anbau wiederum Tropenwälder abgeholzt werden."

Deshalb sollten der Landkreis, die Städte und Gemeinden die Möglichkeit der Steuerung nutzen. "Sie können bei der Verwendung von biogasbetriebenen Blockheizkraftwerden für die von ihnen verwalteten Gebäuden vorschreiben, aus welchen Komponenten das Biogas erzeugt zu werden hat", sagt Wenzel. Alternativen zur Maissilage sind zum Beispiel Grassilage, Futterrüben, Zuckerrüben, Bioabfall, Mist oder Gülle. "Zurzeit wird das Gas aus Gründen der Gewinnmaximierung zu 70 bis 90 Prozent aus Mais erzeugt", sagt der Naturschützer. "Der Landkreis hätte einen Vertrag über die Lieferung von Wärme niemals ohne eine stärkere Begrenzung des Einsatzes von Nahrungsmitteln schließen dürfen." Künftig sollte der Anteil der eingesetzten Nahrungsmittel auf höchstens 50 Prozent begrenzt werden.

Die Anlage in Neu Wulmstorf wird laut Landkreissprecher Georg Krümelmann bereits zu 50 Prozent mit Abfällen betrieben. Dies sei allerdings nicht vertraglich festgelegt. In Buchholz betrage der Maisanteil derzeit 60 Prozent, 30 Prozent stamme aus Ganzpflanzensilage. Der Landkreis sei nicht Betreiber der Anlagen, betont Krümpelmann. "Wir haben nur Wärme bestellt. Hätten wir einen bestimmten Höchstanteil an Mais als Bedingung gestellt, hätten wir keine Wärme bekommen. Solange Mais so günstig ist, wird das den Markt bestimmen." Der Landkreis sei durchaus an umweltfreundlichem Biogas interessiert. Der Bezug von Energie aus Biogas-Blockheizkraftwerken sei ein erster Schritt, dem weitere folgen würden. "Momentan ist das aber alles, was wir tun können."

Die Naturfreunde Nordheide seien seit langem Befürworter des Baus vieler kleiner verbrauchernaher Blockheizkraftwerke, sagt auch Bernd Wenzel. Sie seien effizient und bei verantwortungsbewusstem Betrieb klimafreundlich. Wenn sie aber mit Biogas überwiegend aus Nahrungsmitteln betrieben würden, dann sei dies eine "Perversion des Natur- und Umweltschutzgedankens".