Die durchwachsene Silphie wird versuchsweise in Dahlenburg angebaut. Sie soll in der Strom- und Wärmeproduktion eingesetzt werden.

Lüneburg/Dahlenburg. Mais wächst mittlerweile auf den Äckern so weit das Auge reicht. Doch die Pflanze aus der Familie der Süßgräser erhält Konkurrenz als bisher fast einzige Energiepflanze für Biogasanlagen. Die "Durchwachsene Silphie" hat nicht nur einen ungewöhnlichen Namen. Sie ist auch auf dem Weg, sich einen Namen bei der Strom- und Wärmeproduktion zu machen.

Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen berichtet, dass 40 Landwirte die gelb blühende Pflanze auf insgesamt gut 40 Hektar zu Versuchszwecken anbauen. "Aufgrund ihrer großen Biomasseproduktion gilt die Pflanze als potenzieller Energielieferant", so die Kammer. Die mehrjährige Pflanze aus der Familie der Korbblütler wird bis zu drei Meter hoch. Ursprünglich stammt die Silphie aus Nordamerika, kam über die ehemalige Sowjetunion und DDR in diese Breiten.

Sie lässt sich der Landwirtschaftskammer zufolge in Europa problemlos anbauen. Bemerkenswert sei ihre besondere Anpassung an trockene Standorte. "Der Biomasseertrag von 13 bis 20 Tonnen pro Hektar ab dem zweiten Jahr kann sich sehen lassen", so das Zwischenfazit der Kammer nach den ersten Testläufen beim Anbau. Julia Becker von der Projektbetreuung Energiepflanzen der Landwirtschaftskammer sagt zwar, eine Wunderpflanze sei die Silphie nicht: "Doch auf jeden Fall ist sie eine Alternative zum Mais." Auch und vor allem um die Monokultur Mais zu verkleinern.

In diesem Jahr übertraf die große Nachfrage der niedersächsischen Landwirte nach Silphie-Jungpflanzen die Möglichkeit der Lieferanten. Und auch für die kommende Saison liegen bereits zahlreiche Anfragen vor. Bereits auf 22 Hektar wird die Pflanze in Niedersachsen stetig angebaut.

Das Ziel, Alternativen zum Maisanbau zu schaffen, verfolgt auch der Bioenergiepark Dahlenburg, der eine Biogasanlage mit zwei Megawatt Leistung betreibt. "Wir produzieren aber nicht nur Strom, sondern versorgen zusätzlich die Schulgebäude und das Freibad im Dorn in Dahlenburg mit Wärme", so Prokurist Christian Haglage.

Im Frühjahr hat der Maschinenring Lüneburg für den Bioenergiepark Silphie-Stecklinge für den Bioenergiepark in den Boden gebracht. "Die optimale Pflanzzeit ist Ende Mai bis Anfang Juni. Einen erntewürdigen Bestand wird es erst ab dem zweiten Jahr geben", heißt es aus der Landwirtschaftskammer. Die Pflanze lasse sich leicht und problemlos häckseln. Bei einem geringen Anteil der Silphie am Energiepflanzenbau sollte sie aus arbeitswirtschaftlichen Gründen gemeinsam mit dem Mais geerntet und in Silos eingelagert werden, rät die Kammer.

Christian Schulz, Leiter des Maschinenrings Lüneburg, sagt, mit Pflanzmaschinen für Gemüse seien 80 000 vorgezogene Silphie-Pflanzen auf zwei jeweils ein Hektar große Äcker rund um Dahlenburg für den Bioenergiepark gesetzt worden. Er lobt den Versuch, die "Durchwachsene Silphie" als Energiepflanze zu etablieren. "Sie benötigt nur wenig Wasser", nennt er einen Vorteil. Als stellvertretender Vorsitzender der Jägerschaft Lüneburg sieht er aber deutlich mehr Effekte, die der Silphie-Anbau mitbringt, die sich positiv vor allem auf die Ökologie auswirken. "Da sie sich 15 Jahre lang entwickeln kann, muss der Boden nicht jedes Jahr neu bearbeitet werden. Außerdem wird kein Pflanzenschutz eingesetzt." Das führe dazu, dass sich Lebensräume für Lebewesen auf den Anbauflächen in Ruhe bilden können.

"Wir wollen fortschrittlich sein, deshalb testen wir die neue Pflanze", sagt Haglage. Denn dem Mix bei der Biomasse gehöre die Zukunft, ist er überzeugt. "Wir möchten den Maisanbau reduzieren und dafür benötigen wir Alternativen." Um der Vermaisung der Landschaft entgegenzuwirken, werden daher in Dahlenburg andere Möglichkeiten wie etwa die Silphie ausprobiert. "Wir verarbeiten nur nachwachsende Rohstoffe in unserer Anlage", erklärt Haglage.

Und in die soll auch künftig Silphie hinein und Biogas mit produzieren. "Die Methanausbeute in der Biogasanlage erwies sich in ersten Versuchen als mit den Erträgen von Mais vergleichbar, langjährige Versuchsergebnisse liegen noch nicht vor", berichtet die Landwirtschaftskammer von Versuchen in Thüringen.

Da die Kultur aus Nordamerika stammt, ist sie an die hiesigen Klimabedingungen angepasst. Sie stellt keine besonderen Ansprüche an den Boden und entwickelt sich am besten auf humosen Standorten. Staunässe im Boden ist für den Anbau ungeeignet.

Die "Durchwachsene Silphie" besitze allerdings schlechte Keimeigenschaften, so die Landwirtschaftskammer. Nach der Saat kann das Auflaufen bis zu drei Monate dauern. Bei der freien Aussaat auf der Fläche führt dies zu erheblichen Problemen. "Man arbeitet zurzeit an Verfahren der Saatgutbehandlung, um eine erfolgreiche Saat zu gewährleisten. Dies kann noch drei bis vier Jahre dauern."

Im Juli beginnt die Silphie zu blühen. Die leuchtend gelben etwa sechs bis acht Zentimeter breiten Blütenköpfchen stehen einzeln. Die Samenreife setzt im September ein. Sowohl Blüte als auch Reife erstrecken sich über einen relativ langen Zeitraum. "Ökologische Vorteile sind in der ganzjährigen Bodenbedeckung und der damit verbundenen Verminderung der Erosionsgefahr sowie in der Bereicherung der Artenvielfalt zu sehen. Zudem wird die Pflanze von zahlreichen Insekten besucht und könnte auch als Bienenweidepflanze in Betracht kommen", so Julia Becker.

Auch ein Biobauer im Wendland baue die Silphie an, sagt sie. "Er hat Bienenkörbe in das Versuchsfeld gestellt. Das erste Glas Honig ist daraus schon entstanden." Imker haben zudem andere Versuchsfelder mit ihren Bienen bevölkert. "Ob das erfolgreich war, wissen wir noch nicht. Es fehlen noch Rückmeldungen", so Becker.

Die Landwirtschaftskammer empfiehlt den Anbau auf kleineren Restflächen, Gewässerrandstreifen und Flächen mit geringer Bodengüte. "Der Anbau in Dorf- beziehungsweise Straßennähe kann dazu beitragen, die Akzeptanz für den Energiepflanzenanbau zu fördern", so die Kammer. Anders als es der ausufernde Maisanbau bei den Menschen inzwischen bewirkt.