Expertenrat bei der Telefonaktion zum Thema Darmkrebs. Mit richtiger Ernährung und viel Bewegung vorbeugen. Genussgifte vermeiden.

Harburg. Etwa vier Millionen Menschen in Deutschland haben Verwandte ersten Grades mit Darmkrebs. Sie sind daher gefährdet, im Schnitt zehn Jahre früher zu erkranken, also bereit im Alter zwischen 40 und 50. Das betrifft Frauen und Männer gleichermaßen. Auch deshalb ist das Thema Vorsorge so wichtig. Darmtumore wachsen langsam und machen sich gewöhnlich erst spät bemerkbar. Und Beschwerden treten meist erst dann auf, wenn der Krebs sich bereits stark ausgebreitet hat. Dabei ist keine Krebsart leichter zu besiegen. Je eher Darmkrebs diagnostiziert wird, desto größer ist die Heilungschance.

Dass der Bedarf an Informationen zur zweithäufigsten Krebserkrankung groß ist, hat unsere Telefonaktion zum Thema am Dienstag in Kooperation mit der Asklepios-Klinik Harburg gezeigt. Dabei gaben Experten aus dem Hamburger Süden zwei Stunden lang ausführlich Auskunft zu allen Fragen der Abendblatt-Leser.

Geantwortet haben Prof. Dr. Friedrich Kallinowski, Chefarzt der Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie in der Asklepios-Klinik Harburg, Prof. Dr. Stefan Ulrich Christl, Chefarzt Innere Medizin II der AKH, die niedergelassenen Internisten Dr. Klaus Reuter und Dr. Michael Böse, Dr. Susanne Tiede Onkologin an der Asklepios-Klinik Harburg sowie Renate Rosenberg von der Selbsthilfegruppe Ilco. Nachfolgend dokumentieren wir die wichtigsten Fragen und Antworten.

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Wie viele Krebserkrankungen entstehen wegen falscher Ernährung und zu wenig Bewegung?

Etwa ein Drittel aller Krebserkrankung wären bei richtiger Ernährung und ausreichender Bewegung vermeidbar.

Was bedeutet in diesem Zusammenhang richtige Ernährung?

Eine abwechslungsreiche Ernährung mit Vitaminen und Ballaststoffen kann Darmkrebs vorbeugen. Jeder erwachsene Mensch sollte am Tag mindestens 400 Gramm Gemüse, Obst, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte zu sich nehmen.

Welches Gemüse ist besonders zu empfehlen?

Knoblauch, Sojabohnen, Karotten, Kohl und Broccoli sind gesund.

Welche Nahrung sollte möglichst gemieden werden?

Genussgifte wie Alkohol und Nikotin, aber auch Chips und gesalzene Erdnüsse sind zu vermeiden. Ebenso wie allzu viel rotes Fleisch und tierisches Fett in Kombination. Mehr als 70 Gramm pro Tag sollten es nicht sein. Auf die Woche gesehen, wäre es also empfehlenswert, nicht mehr als ein Pfund Fleisch und Wurst zu sich zu nehmen. Grundsätzlich sollte Übergewicht gar nicht erst entstehen. Oder aber möglichst bald abgebaut werden.

Sollte während einer Krebstherapie Gewicht abgebaut werden?

Auch wenn Übergewicht prinzipiell krebsfördernd ist, sollte während einer laufenden Therapie versucht werden, das Gewicht eher zu halten. Normalgewicht wirkt generell vorbeugend. Und ist nach einer abgeschlossenen Behandlung unbedingt empfehlenswert.

Welche körperliche Anstrengung kann die Krebsentstehung verhindern?

Prinzipiell jede in jedem Alter. Dabei gilt: mehr ist mehr. Eine echte Schwelle gibt es nicht. Aber 30 Minuten rasches Gehen oder Treppensteigen statt Aufzug fahren sollten es schon sein.

Welcher Sport eignet sich am besten, um Darmkrebs vorzubeugen?

Sich pro Woche drei bis vier Stunden aktiv körperlich zu betätigen, ist generell empfehlenswert, unabhängig von einer konkreten Sportart. Ein Ausdauertraining ist dabei immer besser als kurze, starke Belastungen. Besonders effektiv sind sicher Radfahren, Schwimmen, Joggen, Nordic Walking, Wandern oder auch lange Spaziergänge.

Bei mir ist kürzlich Darmkrebs festgestellt worden. Muss ich jetzt meinen gewohnten Sport aufgeben?

Sport hilft nicht nur vor, auch während und nach einer Erkrankung. Der Patient wird sich rasch wohler fühlen und kann die Krankheit so besser überstehen. Die Belastungsgrenzen sollte man dann in jedem Fall vertrauensvoll mit seinem Hausarzt oder dem speziellen Krebstherapeuten besprechen.

Ist eine Darmspiegelung schmerzhaft?

Da heute oft beschwerdelindernde Spritzen oder auch Kurznarkosen eingesetzt werden, können die meisten Patienten problemlos und ohne Komplikationen untersucht werden.

Ab wann steht mir eine Vorsorge-Darmspiegelung zu?

Zur Vorsorge ohne Darmbeschwerden ab dem 56. Lebensjahr. Bei bekannten Darmkrebs- oder anderen Krebserkrankungen in der Familie auch schon deutlich früher.

Muss man vor einer Spiegelung noch immer literweise abscheulich schmeckende Abführlösung trinken und Diät halten?

Neue Abführmittel sind deutlich patientenfreundlicher und auch wohlschmeckender geworden. Zum Beispiel gibt es ein Zwei-Liter Präparat, bei dem ein Liter am Vorabend und ein Liter am Untersuchungstag getrunken wird, zusätzlich mit Wasser, schmackhaftem Apelsaft oder Tee.

Wie viel Darm muss bei einer Krebsoperation entfernt werden?

Entfernt werden muss der tumortragende Darmabschnitt mit einem Sicherheitsabstand. Beim Dickdarm ist in fast allen Fällen ausreichend Platz für die notwendige Behandlung. Im Enddarm kann in bestimmten Stadien eine Vorbehandlung mit Strahlen- und Chemotherapie sinnvoll sein. Bei tief sitzenden Tumoren kann so die Anlage eines künstlichen Darmausgangs oft vermieden werden. Unter günstigen Umständen ist auch nur ein schützender Darmausgang nötig, der später wieder verschlossen werden kann.