Forscher konnten erstmals bei einem Patienten ein Melanom zerstören, indem sie Teile bekämpften, die das Wachstum des Tumors steuern.

Köln/Hamburg. Der schwarze Hautkrebs zählt mit zu den zehn häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland. Zurzeit erkranken pro Jahr etwa 14 000 Menschen neu an einem malignen Melanom, wie Mediziner diesen Tumor nennen. Die übliche Behandlung bei dieser Erkrankung ist die operative Entfernung des Tumors, eventuell in Kombination mit einer Chemotherapie. Jetzt haben Kölner Wissenschaftler bei einem Patienten mit einem Melanom, dem mit dieser Behandlung nicht mehr geholfen werden konnte, eine neue Immuntherapie eingesetzt - mit einem vielversprechenden Ergebnis.

Mit der Therapie gingen Prof. Hinrich Abken vom Zentrum für Molekulare Medizin in Köln (ZMMK) und seine Kollegen völlig neue Wege. Denn in Experimenten mit Mäusen hatten sie entdeckt, dass das Wachstum eines Melanoms nur von einigen wenigen Tumorzellen abhängt, den sogenannten Masterzellen. "Diese Zellen sind sozusagen die Chefs der Melanomzellen. Wenn sie nicht mehr vorhanden sind, hören die anderen Krebszellen auf zu wachsen. Diese Masterzellen haben wir vor einem Jahr nachgewiesen", sagt Professor Abken. In dem Tumor machen die Masterzellen lediglich zwei Prozent seiner Zellen aus.

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"Bisher war die Medizin davon ausgegangen, dass für eine erfolgreiche Behandlung 99,99 Prozent der Krebszellen chirurgisch oder medikamentös entfernt werden müssen", erklärt der Mediziner. Nach Abkens neuem Ansatz müssen aber nur bestimmte Krebszellen vernichtet werden, um die Tumore dauerhaft auszulöschen. "Mithilfe der neuen Strategie können wir bestimmte Proteine auf der Oberfläche der Masterzellen erkennen und diese dann gezielt vernichten", sagte der Forscher, der im Zentrum für Molekulare Medizin Köln (ZMMK) und der Klinik I für Innere Medizin in der Universitätsklinik Köln arbeitet.

Um die Masterzellen in dem Tumor aufzuspüren und dann zu vernichten, wird ein Antikörper eingesetzt, der sich gezielt gegen diese Proteine auf der Oberfläche der Krebszellen richtet. "Diese Anti-CD20-Antikörper werden bereits bei Lymphomen und bei Leukämien eingesetzt", sagt Hinrich Abken. Bei diesen Tumorformen tragen allerdings alle Krebszellen diese Merkmale auf ihrer Oberfläche.

Ihre neuen Erkenntnisse haben die Wissenschaftler jetzt erstmals bei einem 74 Jahre alten Patienten angewandt, bei dem das Melanom bereits so stark in der Haut und in Lymphknoten gestreut hatte, dass eine herkömmliche Therapie mit chirurgischen Eingriffen und Chemotherapie ohne Erfolg blieb. Sechs Monate lang wurde er ambulant mit dem Anti-CD20-Antikörper behandelt, der die Masterzellen des Melanoms zerstörte. Der Patient hatte das Melanom an verschiedenen Stellen, die gut zugänglich waren. Der Antikörper wurde ihm in wöchentlichen Abständen rund um den Tumor gespritzt. "Der Tumor wuchs nicht weiter, wurde dann immer kleiner und ist jetzt nicht mehr nachweisbar. Der gesamte Tumor ist verschwunden, obwohl 98 Prozent der Krebszellen nicht durch den Antikörper zerstört wurden", berichtet Hinrich Abken.

Jetzt werde man den Patienten weiter beobachten. "Wenn das Konzept aufgeht, müsste er geheilt sein. Tauchen erneut Masterzellen auf, ist eine erneute Behandlung nötig", sagt Abken. Diese sei aber gut verträglich und habe keine größeren Nebenwirkungen.

Im nächsten Schritt müssten jetzt klinische Studien an großen dermatologischen Zentren folgen. Dabei werde sich herausstellen, ob die Therapie für eine große Zahl von Patienten Erfolg versprechend sei. In einem Jahr könnte eine solche Studie bereits abgeschlossen sein, meint Abken, weil der Antikörper ja bereits zur Behandlung von Lymphomen und Leukämien zugelassen sei. Abken betrachtet diese neue Immuntherapie bei Hautkrebs als erste Bestätigung für ein vollkommen neues Verständnis in der Krebstherapie. "Wir werden künftig für die Therapieplanung berücksichtigen müssen, welche Tumorzellen wir zerstören müssen", sagt der Wissenschaftler.

Prof. Christian Sander, Chefarzt der Hautklinik in der Asklepios-Klinik St. Georg, hält die neue Immuntherapie der Kölner Wissenschaftler für einen interessanten Ansatz, den man weiter verfolgen sollte. "Ob diese Therapie bei vielen Patienten eingesetzt werden kann, ist aber noch die große Frage, weil die Melanomzellen individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sind", sagt Sander. Außerdem müsse in weiteren Studien geklärt werden, ob die Wirkung, die bei dem Patienten erzielt wurde, wirklich Bestand habe.