Die Folgen der Schlaglochmisere und was Bürger dagegen tun könnten: Das Abendblatt gibt die Antworten auf sechs wichtige Fragen.

Harburg. Peinlich für die Stadt. Gefährlich und teuer für den Autofahrer: Tiefe Schlaglöcher auf Harburgs Straßen und in der Region. Kraterlandschaften schütteln die Autos durch - und die Risse werden immer gewaltiger. Die Folgen der Schlaglochmisere und was Bürger dagegen tun könnten: Das Abendblatt gibt die Antworten auf sechs wichtige Fragen.

Nehmen unsere Autos auf den Hoppelpisten Schaden? Was kostet das den Autofahrer?

Wegen der tiefen Löcher und Risse würden Vorderachsen, Hinterachsen und Stoßdämpfer Schaden nehmen, sagt der Kfz-Mechanikermeister Heiko Engel vom Bosch Car Service in Wilhelmsburg. Kunden würden verstärkt mit derartigen Schäden in seine Werkstatt kommen. In der Regel kosteten die Reparaturen zwischen 500 und 1000 Euro. Das ist die Rechnung dafür, dass die Straßen verkommen. Im Grunde, sagt Heiko Engel, bräuchten wir auf diesen Straßen allradgetriebene Fahrzeuge - die hätten ausgeprägtere Achsen. Autos also für den Wald oder die Prärie.

Teilweise laufen die Reparaturen - aber wie lange werden die Straßen halten?

Im Winter wurde nur sogenannter Kaltasphalt in die Löcher gefüllt. Eine Notreparatur, um die gröbsten Gefahrenstellen zu entschärfen. Die Haltbarkeitsdauer liegt nach Auskunft eines Straßenbauunternehmens aus dem Landkreis Harburg, das nicht genannt werden will, aber nur bei drei bis sechs Monaten. Der Bund der Steuerzahler spricht von zwei bis drei Wochen - also Flickschusterei.

Mittlerweile sei es wärmer, und die kaputten Straßen würden durchweg "eine vernünftige Asphaltdecke" erhalten, sagt ein Bauunternehmer aus Harburg, der namentlich nicht genannt werden will. "Das kann Jahre halten", sagt er. Nach Auskunft eines anderen Straßenbauers aber würden die Gemeinden, Städte, das Land und der Bund unterschiedlich reparieren lassen: Teilweise nachhaltig und teurer, teilweise aber nur mit Reparaturasphalt mit geringer Haltbarkeitsdauer.

Hamburg hat ein Zehn-Millionen-Sofortprogramm aufgelegt: Sieben Millionen Euro werden in die Reparatur von bedeutenden Hauptverkehrsstraßen investiert. Drei Millionen Euro erhalten die Bezirke für die Sanierung von Bezirksstraßen. In Harburg ist noch nicht entschieden, welche Straßen zum Zug kommen. Sicher ist: Das Geld reicht bei weitem nicht. Viele Straßen dürften ihr desolates Erscheinungsbild beibehalten.

Was droht einem Bürger, wenn er aus Protest die Kfz-Steuer "einfriert"?

Entgegen der Auffassung nicht weniger Menschen ist die Kfz-Steuer eine allgemeine Abgabe - und nicht zweckgebunden für die Unterhaltung der Verkehrswege. "Wer die Steuerzahlung verweigert macht sich strafbar, in jedem Fall droht zunächst die Parkkralle. Das sollte man sich gut überlegen, wenn man auf sein Auto angewiesen ist", sagt Marcel Schweitzer vom Bund der Steuerzahler Hamburg.

Gerichtsprozesse wegen Straßenschäden verlieren Autofahrer nahezu immer. Auf 1000 Fälle komme vielleicht einer, der reguliert wird, sagt ADAC-Sprecher Maximilian Maurer.

Wie können Bürger sich gegen desolater werdende Straßen wehren?

Druck in der Öffentlichkeit erzeugen, Gemeinden, Städte und Regierungen in Zugzwang bringen. In Bulgarien haben sogar Menschen vor dem Parlament in Sofia demonstriert. Sie forderten Kontrollen der für die Straßenreparaturen zugeteilten Gelder.

Der Bund der Steuerzahler wirft der Freien und Hansestadt vor, seit mehr als 25 Jahren das Straßennetz "offenbar ideologiegesteuert" verkommen lassen zu haben. Instandhaltungsmaßnahmen seien von notdürftigen Ausbesserungen ersetzt worden, um die Kosten gering zu halten. Das sei "rausgeworfenes Geld", das dem Gebot einer wirtschaftlichen Haushaltsführung widerspreche. Wegen der "sich verschärfenden Lage auf den Hamburger Straßen" fordert der Bund der Steuerzahler, dass Hamburg seinen Anteil an der Kfz-Steuer zumindest in diesem und im nächsten Jahr komplett in die Straßensanierung steckt. Die Rede ist von 162 Millionen Euro im Jahr. Weiter fordert der Steuerzahlerbund, moderne Techniken und Materialien aus der Nano-Technologie im Straßenbau zu testen. Die Kosten im Straßenbau könnten so um bis zu 30 Prozent gesenkt werden. Bürger könnten solche Forderungen unterstützen und Politiker in Rechtfertigungsnot bringen.

Sind Programme wie "Aufbau West" oder ein "Solidaritätszuschlag II" denkbar?

Einen zweiten Solidaritätszuschlag für die Infrastruktur in den alten Bundesländern hält Michael Grosse-Brömer, CDU-Bundestagsabgeordnete des Landkreises Harburg, für nicht realisierbar: "Es gibt auch in Westdeutschland Regionen, die strukturell schwach und stark verschuldet sind. Der Landkreis Harburg zählt aus meiner Sicht jedoch nicht dazu."

Können Kommunen finanzielle Hilfe vom Bund erwarten?

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Grosse-Brömer sagt: "Für die Verkehrsinfrastruktur sind - entsprechend dem föderalistischen Staatsaufbau - die Gebietskörperschaften in unterschiedlichem Maße verantwortlich: der Bund für die Bundesstraßen und die Bundesautobahnen. Der Bund hat deshalb extra Mittel im Haushalt umgeschichtet, um vorhandene Winterschäden an Bundesstraßen zu beseitigen.

Landstraßen fallen in die Kompetenz der Länder, Kreisstraßen in die der Kreise und Gemeindestraßen in die der Kommunen. Daraus ergibt sich auch eine Finanzierungsverantwortung der jeweiligen Verwaltungsebenen. Deshalb dürfen Kommunen zur Erledigung ihrer Aufgaben sowohl aus haushaltsrechtlichen als auch aus verfassungsrechtlichen Gründen keine finanziellen Mittel vom Bund erhalten."