In seiner „Sprechstunde“ beantwortet Ernährungs-Doc Matthias Riedl Fragen zu gesundem Essen – und räumt mit einigen Mythen auf.

  • Dr. Matthias Riedl beantwortet in seiner Sprechstunde Fragen der Hörerinnen und Hörer
  • Diesmal setzt er sich unter anderem mit Proteinpulver und Kokosöl auseinander
  • Leckeres und gesundes Rezept für Möhrensuppe

Hamburg. Frauen nehmen das Thema Ernährung wichtiger als Männer. Sie sind es auch, die sich intensiver mit gesunden Nahrungsmitteln beschäftigen. Und sie machen den größeren Teil der Zuhörerschaft des Podcasts „Dr. Matthias Riedl. So geht gesunde Ernährung“ aus. Im Schnitt sind die Hörerinnen und Hörer zwischen Mitte 40 und 60, also in dem Alter, in dem der Körper manchmal schon Mucken macht.

Viele von ihnen nutzen gern den kurzen Draht zu Dr. Matthias Riedl, dem Ernährungs-Doc, um ihre Fragen loszuwerden. Und die folgenden Themen treiben sie um, wie die vielen Fragen zeigen, die sie an die Redaktion geschickt haben.

Ernährungs-Doc Matthias Riedl: So ungesund ist Zucker im Essen

Ein Dauerthema, das viele beschäftigt, ist der Zuckerkonsum. Beispielsweise die Frage, wie man ein Salatdressing oder eine Tomatensoße zubereiten soll, wenn Zucker doch so verpönt ist. Wie kann man beides mit neutraler Süße zubereiten? Denn auch Honig hat einen Eigengeschmack und passt nicht zu jedem Gericht. Und oftmals reicht beim Kochen eine Prise Zucker nicht aus. Also was kann man tun?

„Honig kann nach neuer Studienlage bis zu 40 Gramm auch noch positive Effekte auf den Blutzucker haben. Hört sich komisch an, ist aber so“, sagt Dr. Riedl. „Ich würde aber keine Angst haben, auch mal Zucker einzusetzen, weil wir pro Tag ein Zuckerkonto haben. 25 Gramm (das sagt die Weltgesundheitsorganisation) bis zu 50 Gramm am Tag“, sagt der Ernährungsmediziner, Internist und Diabetologe.

Dr. Riedl: Man muss die Menge des Zuckers im Blick behalten

Zucker: Es komme immer darauf an, den Zuckerkonsum im Blick zu behalten. „Es muss nicht alles total ohne Zucker sein. Wenn wir im Tagesverlauf noch richtig liegen, ist alles gut. Dann kommt da eben mal Zucker rein.“ Er arbeite beim Salatdressing auch gern mit Senf, um Geschmack reinzubringen. Dieser sei ein Naturheilmittel.

Proteinpulver: Es gibt reichlich Anbieter von Proteinpulver, denn diese sind schwer im Trend – auch bei vielen Jugendlichen. Der Ernährungsmediziner sieht das kritisch: Wer nämlich die Zutatenliste betrachte, erkenne darin die vielen Süßungsmittel. „Das kann tatsächlich Blähungen und Bauchschmerzen verursachen, und wir haben in Fertigprodukten ohnehin schon zu viel davon.“ Ein weiterer bedenklicher Inhaltsstoff sei Aroma. „Aromen sind schlecht getestet und 100 Prozent Chemie. Die sind billig, aber das Produkt schmeckt nach irgendwas.“

Ernährungs-Doc spricht bei Proteinpulvern von einem Chemiebaukasten

Dann seien zudem oft noch Konservierungsstoffe enthalten und Säuerungsmittel. „Das ist ein kleiner Chemiebaukasten mit Resten von der Milch. Das ist Chemie mit dem Anschein eines Lebensmittels. Ich würde es nicht kaufen. Ich bin entsetzt, mit welch skrupellosen Wegen die Industrie an unsere Jugend herangeht.“ Auch wenn Stevia enthalten sei, sei das nicht immer das reine Naturprodukt. „Bisher steht es noch relativ gut da, aber es ist zum Teil synthetisch oder semisynthetisch hergestellt.“

Wer den Süßgeschmack hoch dosiere, stumpfe ab, warnt der Ärztliche Leiter des Medicums Hamburg, des Facharztzentrums für Diabetologie und angrenzende Fachgebiete: „Wir müssen, was Süße angeht, abrüsten. Wer bei einer handelsüblichen Billigschokolade nicht ein Kratzen im Hals kriegt vor lauter Süße, der muss sich darüber Gedanken machen, dass er wahrscheinlich schon abgestumpft ist.“

Manche Proteinpulver seien auch noch mit Mineralölen belastet. „Wir betreuen ja auch Olympia-Athleten bei uns im Medicum Hamburg, und denen raten wir auch nicht zu diesen Industriepulvern, sondern zu selbst gemachten Proteinshakes, garantiert frei von Mineralölen.“

Wie gesund sind Kokosöl und Kokosmilch?

Kokosöl oder Kokosmilch: „Für Kokosöl gibt es keinen Nachweis, dass es beim Abnehmen hilft oder besonders gut für die Gesundheit ist. Man verwendet es eher aus geschmacklichen Gründen“, sagt Dr. Riedl. Kokosmilch werde aus Kokosfleisch hergestellt und helfe, den Blutdruck zu regulieren, und die darin enthaltene Laurinsäure könne Entzündungen mildern, etwa Infektionen im Mundbereich.

Wie gesund oder ungesund ist Fruchtzucker? Und wie steht es um den Genuss von Trockenobst wie Datteln? Der Fruchtzuckerkonsum in unserer Gesellschaft sei eklatant angestiegen, sagt Riedl. Das liege daran, dass der preiswerte Fruchtzucker von der Nahrungsmittelindustrie in Fertigprodukte gemischt werde. „Den Menschen kriegt man mit Süße immer geködert“, sagt der Ernährungsmediziner.

Die Adipositaswelle hängt laut Riedl mit dem Fruchtzucker zusammen

Damit sei auch die Adipositaswelle gekommen. „Die Verbindung zwischen der hohen Fruchtzuckeraufnahme und dem Übergewicht wird überhaupt nicht mehr bestritten. Der Fruchtzucker geht direkt in die Leber und verursacht dort dann Leberverfettung.“

Die Fettleber stehe auch im Zentrum von weiteren Zivilisationskrankheiten. „Möglicherweise ist das einer der großen Treiber und auch einer der Verursacher von Typ2-Diabetes.“ Wer dagegen Obst esse, könne gar nicht so schnell zu viel davon zu sich nehmen. Wer kein Übergewicht hat und sich sonst mit Zucker zurückhält, für den seien Obst und auch Trockenobst nicht so das Problem. „Datteln beispielsweise bestehen zum großen Prozentsatz aus Fruchtzucker, aber es ist mir dann lieber als Saft und Fertigprodukte.“

Was hat es mit Apfelessig und Kombucha auf sich?

Welche Wirkung hat Apfelessig mit Wasser morgens? „Dem Essig wird eine antibakterielle Wirkung nachgesagt – und auch eine Wirkung auf Cholesterin und Diabeteswerte. Wir neigen in der Gesellschaft dazu, manche Dinge zu glorifizieren.“ Vom Apfelessig sollte man nicht zu viel erwarten, rät Dr. Riedl. Wer ihn überdosiert, könne sogar eine Schleimhautreizung bekommen. „Da fallen mir gesündere Substanzen ein, mit denen ich die Blutzuckerwerte und das Gewicht positiv beeinflussen kann.“

Wie gesund ist Kombucha und gilt das als Zuckergetränk? Dem fermentierten Getränk werden eine antibakterielle und antioxidative Wirkung nachgesagt. „Das ist im Prinzip gut. Bloß als Diabetiker würde ich da auf den Zuckergehalt achten.“

Ernährungs-Doc: Was tun, wenn Kinder gesundes Essen verweigern?

„Wer seinen Kindern keine Fertigprodukte und wenig Wurstwaren gibt, ist schon mal auf der guten Seite“, sagt Riedl. Eltern sollten einfach immer wieder gesundes Essen anbieten, das aber nicht groß diskutieren, „weil dann werden sie richtig trotzig“. Man müsse damit ganz früh anfangen, „denn in der Pubertät ist, ich will nicht sagen der Zug abgefahren, aber da wird es immer schwieriger.“ Man solle nicht aufhören, etwa in den Kartoffelstampf Gemüse unterzumischen. „Es hilft nichts. Das Elternsein ist eine ganz lästige Sache, das dankt einem am Ende auch keiner. Ich sage als Vater, da muss man durch.“

Dr. Riedl- Diesen Einfluss hat gesundes Essen auf Gelenke

Auch beim Restaurantbesuch sei es gut, wenn die Kinder das Gleiche essen wie die Eltern, sagt Riedl. „Sie wollen ja erwachsen sein und sie sollen sich gesund ernähren.“ Die Kindergerichte auf den Speisekarten seien meist ein Grauen.

Ein Rezept vom Ernährungs-Doc für eine gesunde Suppe

Möhrensuppe mit Kokosmilch

(für 2 Personen: 25 Min. Zubereitung, Nährwert pro Portion: ca. 430 kcal | 9 g EW | 26 g F | 36 g KH

Zutaten: 1 Zwiebel, 4 kleine mehligkochende Kartoffeln (ca. 250 g), 1 Stück Ingwer (5 cm lang), 700 ml Gemüsebrühe, 1 EL Rapsöl, 500 g TK-Möhren, 200 g Kokosmilch (aus der Dose), 3 TL Currypulver, 1 Msp. gemahlene Kurkuma, 1 TL Cayennepfeffer

Möhren-Kartoffelsuppe mit Kokosmilch aus „Dr. Matthias Riedl: Unser Essen – Killer und Heiler – Warum wir etwas gegen die Katastrophe auf unseren Tellern tun müssen“, Gräfe und Unzer, 22 Euro.
Möhren-Kartoffelsuppe mit Kokosmilch aus „Dr. Matthias Riedl: Unser Essen – Killer und Heiler – Warum wir etwas gegen die Katastrophe auf unseren Tellern tun müssen“, Gräfe und Unzer, 22 Euro. © Foto: Maria Grossmann, Monika Schuerle Foodstyling: Lukas Grossmann | Gräfe und Unzer Verlag 

Zubereitung: 1. Die Zwiebel schälen und in Würfel schneiden. Die Kartoffeln schälen und in kleine Würfel schneiden. Den Ingwer schälen und in Scheiben schneiden. Die Brühe zum Kochen bringen.

2. Das Öl in einem Topf erhitzen und die Zwiebel darin andünsten. Dann Kartoffelwürfel, tiefgekühlte Möhren und Ingwer dazugeben und kurz mit andünsten. Mit der heißen Brühe aufgießen und alles zugedeckt bei kleiner Hitze 15–20 Min. garen, bis die Kartoffeln weich sind.

3. Die Suppe vom Herd nehmen, Kokosmilch, Currypulver, Kurkuma und Cayennepfeffer dazugeben und alles im Topf mit dem Pürierstab fein pürieren. Zum Servieren die Suppe mit Salz und Pfeffer abschmecken und auf tiefe Teller verteilen.

(aus: „Dr. Matthias Riedl: Unser Essen – Killer und Heiler – Warum wir etwas gegen die Katastrophe auf unseren Tellern tun müssen“, Gräfe und Unzer, 22 Euro.)

„Dr. Matthias Riedl: Unser Essen – Killer und Heiler – Warum wir etwas gegen die Katastrophe auf unseren Tellern tun müssen“, Gräfe und Unzer, 22 Euro.
„Dr. Matthias Riedl: Unser Essen – Killer und Heiler – Warum wir etwas gegen die Katastrophe auf unseren Tellern tun müssen“, Gräfe und Unzer, 22 Euro. © Gräfe und Unzer Verlag | Gräfe und Unzer