Kultursenatorin lobt neuen Hochtief-Vorstand Marcelino Fernández Verdes. Seit gerade einmal 80 Tagen ist Verdes im Vorstand von Hochtief.

Hamburg. Manche sprechen von einem Zufall, andere von einem Glücksfall. Gemeint ist Marcelino Fernández Verdes. Dass sich der Senat und der Baukonzern Hochtief kurz vor Ablauf des zweiten Ultimatums zum gemeinsamen Weiterbau der Elbphilharmonie entschlossen haben, hat sehr viel mit dem 56-jährigen Spanier zu tun. "Seine Art zu verhandeln hat ganz entscheidend zu einer Einigung beigetragen", heißt es in der Kulturbehörde. Die zuständige Senatorin Barbara Kisseler (parteilos) sprach gestern von einer "neuen Art der Verhandlungskultur, die wir vorher in dieser Art nicht gespürt haben". Und die sich "nicht durch das Ausstellen von Schecks manifestiert", aber dann keine Lösungen erbringe.

Seit gerade einmal 80 Tagen ist Verdes im Vorstand von Hochtief. Zuvor war er Manager bei der zweitgrößten spanischen Baufirma Dragados - bis diese von der spanischen Nummer eins, ACS mit dem Real-Madrid-Präsidenten Florentino Perez an der Spitze, übernommen worden ist. Verdes wurde ACS-Manager.

Nach einem erbitterten Abwehrkampf hat ACS im Sommer 2011 die Mehrheit bei Hochtief übernommen. Fluchtartig verließen nach der feindlichen Übernahme durch die Spanier viele Vorstände den Essener Konzern. Im April wurde Verdes in den Vorstand berufen.

+++ Scholz pokert hoch +++

+++ Erst wird gebaut, dann gestritten: Schiedsgericht soll bis 2016 urteilen +++

+++ Was Politiker zur Einigung zwischen Senat und Hochtief sagen +++

+++ Stadt und Hochtief bestätigen weitere Zusammenarbeit +++

Zufall? Die Bestellung von Verdes, hieß es schnell, habe nichts mit seiner spanischen Herkunft zu tun. Allerdings räumte Hochtief-Aufsichtsrat Manfred Wennemer auch ein: "Verdes kann für eine bessere Kooperation zwischen ACS und Hochtief sorgen, und sicherlich hat er auch gute Kontakte zu ACS-Chef Florentino Perez."

Eigentlich sollte sich Verdes vor allem um das Amerika-Geschäft von Hochtief kümmern. Dass er nun den "Streitfall Elbphilharmonie" lösen konnte, ist wiederum kein Zufall, sondern hat mit seiner Position zu tun: Verdes ist im Hochtief-Vorstand als COO (Chief Operating Officer) zuständig für Risikomanagement.

Und er ist ein ausgewiesener Baufachmann. Seit mehr als 30 Jahren ist der Bauingenieur aus Madrid weltweit tätig, sowohl im Hoch- als auch im Tiefbau. Er weiß, wovon er spricht. "Und er denkt", so sagen langjährige Mitarbeiter, "immer nur lösungsorientiert." Sein Credo lautet: "Wenn du nicht arbeitest, kannst du auch kein Geld verdienen."

Der acht Monate lange Stillstand auf der Baustelle der Elbphilharmonie kann Verdes nicht gefallen haben. Anfang der Woche kam er zu Gesprächen mit Kisseler nach Hamburg. Die Konversation verlief auf Englisch, man verstand sich gut. "Verdes ist ein freundlicher und offener Mensch, sehr einnehmend", sagen Gesprächspartner.

Weiterer Vorteil: Verdes und David Koch, verantwortlicher Projektpartner Elbphilharmonie der Architekten Herzog & de Meuron, kennen sich seit mehr als zehn Jahren. Koch hat einige Jahre in Spanien gearbeitet und sagt: "Ich bin froh, dass jetzt eine Einigung zustande gekommen ist." Die angestrebte gemeinsame Planung ermögliche einen konfliktfreien und qualitativ hochwertigen Weiterbau der Elbphilharmonie. "Marcelino Fernández Verdes und David Koch kennen und schätzen sich", sagt Hochtief-Sprecher Bernd Pütter. "Sie haben Vertrauen zueinander. Das hat bei den Gesprächen sicherlich eine große Rolle gespielt und sich positiv auf die Verhandlungen ausgewirkt."

Die Zusammenarbeit müsse vor Ort auf der Baustelle funktionieren, sagt Pütter. Schon oft haben in der Vergangenheit die Architekten als Generalplaner und die Mitarbeiter von Hochtief einen gemeinsamen Neuanfang ausgerufen - und sich nach kurzer Zeit gegenseitig mit Vorwürfen überhäuft. Und auch diesmal wurden erst einmal "Eckpunkte einer Neuordnung" vereinbart, die dann vielleicht in eine neue Vertragskonstruktion mündet.

Eine gemeinsame Arbeitsgemeinschaft? Eine Art Kooperation? Eine neue Planungsgesellschaft? All das blieb offen und muss jetzt "im Detail besprochen werden", wie ein Insider bemerkt. Kritiker bemängeln, dass es völlig unklar ist, was Senatorin Kisseler mit "Planung aus einer Hand" meint. Sie sprechen von einer reinen Absichtserklärung, andere von einem ersten Schritt in die richtige Richtung.

Wie kann der aussehen? "Bisher war es so", sagt ein Kenner, "dass die Architekten zum Beispiel wunderschöne Einbauleuchten ausgesucht haben, die aber nicht zur vorhandenen Deckenhöhe passten. Was nun? Neue Leuchten - das wäre die funktionale Lösung. Oder Anpassung der Deckenhöhe - das wäre die ästhetische Lösung." Die war jedoch stets mit erheblichem Mehraufwand verbunden. Nun werden hoffentlich Leuchten und Deckenhöhe bereits bei der Planung festgelegt. Schließlich bleiben Hochtief und den Architekten genau zwölf Monate, um die Planungen - gemeinsam - abzuschließen.

Zumindest dieser Termin wurde verbindlich festgelegt.