Bürgermeister hat Elbphilharmonie zu seinem Projekt gemacht. Mit ungewissem Ausgang

Gestern Mittag hat sich eine kleine Sensation ereignet: Die Stadt Hamburg und der Baukonzern Hochtief haben eine gemeinsame Erklärung verbreitet. Das klingt zunächst banal, tatsächlich hatte es das aber seit Jahren nicht mehr gegeben. Stattdessen lieferten sich die Kontrahenten beim Bau der Elbphilharmonie eine filmreife Fehde, die die Öffentlichkeit zwar interessiert, aber zum Schluss mit zunehmender Abscheu verfolgte. Daher weckt das gemeinsame Schreiben, in dem endlich nicht mehr schlecht übereinander, sondern gemeinsam in eine Richtung gesprochen wird, die Hoffnung, dass die Vernunft doch die Oberhand gewonnen hat.

Ob diese Vereinbarung aber auch dazu führt, dass nun alles gut wird auf Hamburgs berühmtester Baustelle, bleibt abzuwarten. Entscheidend dafür sind drei Fragen: Wird der von Hochtief zugesagte Baufortschritt Realität? Geschieht das ohne den bislang obligatorischen Streit? Und vor allem: Wie viel wird das die Stadt kosten?

Sollte es nicht vorangehen oder sollten die Parteien gar in den Stellungskrieg der Vergangenheit zurückfallen, wird sich Bürgermeister Olaf Scholz die Frage gefallen lassen müssen, warum er im Juli 2012 nicht die Notbremse gezogen und Hochtief rausgeworfen hat. Die Pläne, das Konzerthaus allein zu Ende zu bauen, lagen ja vor. Scholz und Kultursenatorin Barbara Kisseler haben von Anfang an die Konfrontation mit Hochtief gesucht, zunächst ohne Erfolg. Dass der Konzern die Baustelle im Herbst 2011 praktisch stilllegte, war auch eine Folge dieser harten Linie. Doch Scholz, zu dessen Kernüberzeugungen zählt, einen einmal eingeschlagenen Kurs auch zu halten, ließ sich nicht beirren und pokerte immer höher.

Laut Amtseid ist er verpflichtet, zum Wohle der Stadt zu handeln. Im Fall der Elbphilharmonie bedeutet das, das Gebäude fertigzustellen, und zwar für so wenig Steuergeld wie möglich. Ob er das mit der ultimativen Ansage an Hochtief, am 5. Juli werde sich die Stadt so oder so entscheiden, erreicht hat, ist zumindest offen.

Durchgesetzt hat er sich mit diesem Kurs jedenfalls nur teilweise. Dass Hochtief fest zugesagt hat, das Gebäude in drei Jahren fertigzustellen, ist sicher ein Erfolg für Scholz und Kisseler. Dass die Baufirma und die Architekten nun endlich gemeinsam planen, ist auch sinnvoll, aber eine Forderung von Hochtief. Und dass ein Schiedsgericht sich nur mit den bisherigen Streitpunkten befasst, liegt voll auf Hochtief-Linie. Eine Lösung für künftige Streitpunkte oder gar eine Kostenobergrenze gibt es nicht.

Eine sichere Folge hat die Vereinbarung: Von nun an ist die Elbphilharmonie das Projekt von Olaf Scholz. Er war es, der diese Entscheidung nicht nur herbeigeführt, sondern mit einem politischen Paukenschlag erzwungen hat. Sollte das Gebäude jetzt geräuschlos und zu einem akzeptablen Preis fertiggestellt werden, wäre das auch sein Verdienst. Jede Form von Streit oder Scheitern aber wird ab sofort auf das zurückgeführt, was der Bürgermeister im Juli 2012 vereinbart hat - oder eben nicht vereinbart hat.

Es bleibt zwar richtig, dass die Kardinalfehler bei diesem Jahrhundertprojekt zu Beginn gemacht wurden: der Baubeginn trotz nicht abgeschlossener Planung sowie Verträge, die nicht wasserdicht waren. Das fällt in die Regierungszeit von Ole von Beust, der dafür auch "die politische Verantwortung" übernommen hat. Doch was künftig kommt, muss Scholz verantworten. Mit der neuen Vereinbarung mit Hochtief hat er dieses schwere Erbe endgültig angetreten.