Kündigung nach Ultimatum ist vom Tisch. Hamburgs Jahrhundertbauwerk soll bis Mitte 2015 fertiggestellt werden

Hamburg. Die Stadt Hamburg und der Baukonzern Hochtief werden die Elbphilharmonie gemeinsam zuEnde bauen. Als neuer Fertigstellungstermin für das Jahrhundertbauwerk wurde Mitte 2015 vereinbart. Das ist nach Abendblatt-Informationen das Ergebnis zäher Verhandlungen. Gestern lief das Ultimatum des Senats ab. Die einvernehmliche Lösung soll heute von beiden Parteien verkündet werden.

Die Gespräche fanden auf oberster Ebene statt. Auf der einen Seite Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos), auf der anderen Marcelino Fernández Verdes, im Hochtief-Vorstand zuständig für Risikomanagement. Der spanische Chief Operating Officer (COO) war am Dienstag für die Verhandlungen nach Hamburg gekommen. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), der sich in Wien aufhielt, wurde ständig über den Stand der Gespräche informiert.

"Die Vernunft hat sich durchgesetzt", sagte ein Insider dem Abendblatt. Ein anderer sagte: "Beide Parteien haben sich mächtig bewegt."

Das dringendste Problem ist der Weiterbau am Dach des Großen Konzertsaals. Hier ruhen die Arbeiten seit acht Monaten, weil es unterschiedliche Auffassungen über die Sicherheit des Tragwerks gibt. Hochtief soll in den gestrigen Gesprächen die zügige Fertigstellung des Saaldachs zugesagt haben, ohne sich auf einen genauen Termin festzulegen. Der Konzern hält es für erforderlich, die Stahl-Beton-Konstruktion aus statischen Gründen zu "ertüchtigen". Die Stadt verwies dagegen immer auf Prüfstatiker, welche die Sicherheit der Konstruktion bestätigt hätten.

Bereits seit Februar sind zehn Ingenieure von Hochtief ausschließlich mit der komplexen Planung dieser Ertüchtigungsmaßnahmen beschäftigt. Nun wird der Konzern außerdem ein Messverfahren einrichten, um mögliche Veränderungen im Bauwerk wie Verformungen, die während des Absenkens des Saaldachs auftreten könnten, zudokumentieren.

Ein weiterer strittiger Punkt war bisher die Planung der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA), also der gesamten Haustechnik mit Lüftung, Heizung, Elektrik und Brandschutz. Ein enorm komplexer Bereich bei einem Konzerthaus, das vom Hotel in der Elbphilharmonie und den 45 Luxuswohnungen schallentkoppelt werden muss. Nach Auffassung der Stadt schuldet Hochtief hier noch mehr als 60 Prozent der Ausführungsplanung, zu der der Konzern vertraglich verpflichtet ist. Da diese aber auf die Entwurfsplanung der Schweizer Generalplaner und Architekten Herzog & de Meuron aufsetzt, die Hochtief oft für mangelhaft hält, hat der Konzern stets argumentiert, nicht weiter planen zu können. Diese sogenannte Schnittstellenproblematik ist einer der Grundfehler bei der Vertragskonstruktion der Elbphilharmonie.

Im Raum stand die Teilkündigung von Hochtief durch die Stadt für diesen Bereich. Dann hätte die städtische Realisierungsgesellschaft ReGe diese Aufgaben zusammen mit den Architekten selbst übernommen. Nach Abendblatt-Informationen hat man sich aber nun darauf verständigt, dass Hochtief die Planung intensivieren und dabei enger mit den Generalplanern zusammenarbeiten soll. Im Gespräch ist, dass Hochtief dafür eine Planungszeit von zwölf Monaten zugestanden werden soll.

Bis gestern war auch die Kündigung des Gesamtvertrags mit Hochtief nicht ausgeschlossen. Dann hätte die Stadt das Konzerthaus ohne einen Generalunternehmer fertigstellen müssen, was mit erheblichen Risiken und einem hohen Personalaufwand verbunden gewesen wäre. Und die strittigen Forderungen von Hochtief nach Mehrvergütungen wegen Leistungsänderungen (mindestens 54 Millionen Euro) wären auch bei einer Kündigung des Generalunternehmers geblieben. Diese sollen nun Gegenstand eines Schiedsgerichtsverfahrens werden. Bisher kostet das Bauwerk den Steuerzahler 323 Millionen Euro. Mehrkosten von 100 Millionen Euro gelten als möglich.