Hamburg. Das Albertinen Krankenhaus in Schnelsen setzt auf Mitarbeiter aus Portugal – und wirbt diese an. Welche Probleme es dabei gibt.

Was tun, wenn man dringend neue Pflegekräfte sucht, der Arbeitsmarkt in Deutschland aber nicht genug Bewerber hergibt? Der Blick ins Ausland kann helfen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil war vor einigen Wochen in Brasilien, um neue Pflegekräfte anzuwerben. Alberto Da Silva Correia, Pflegedirektor im Albertinen Krankenhaus und Albertinen Haus in Hamburg-Schnelsen, hat mit ausländischen Pflegekräften bereits eigene praktische Erfahrungen.

Die Rekrutierung von Pflegekräften aus dem Ausland sei angesichts des großen Mangels an Fachkräften eine wichtige Säule geworden, erzählt der gelernte Intensivkrankenpfleger im Podcast „Hamburger Klinikhelden“.

Krankenhaus Hamburg: Klinik rekrutiert Pflegekräfte aus dem Ausland

„Wir rekrutieren aus Portugal und Mexiko. Ich habe gerade 13 neue Kolleginnen und Kollegen aus Portugal hier begrüßt, die ich letztes Jahr für die Arbeit im Albertinen Krankenhaus gewinnen konnte. Sie haben in Portugal Pflege studiert, einen Sprachkursus gemacht und jetzt bei uns begonnen“, sagt Correia, der im Alter von sieben Jahren mit seinen Eltern aus Portugal nach Hamburg kam.

Die Integration ausländischer Kolleginnen und Kollegen sei gar nicht so einfach, weil die Bandbreite der Länder, aus denen diese kommen, sehr groß sei, sagt der 57-Jährige. Indien, Brasilien, Mexiko, Portugal, Ukraine, Indonesien, Philippinen – Pflege sei mittlerweile ein bunter Strauß von vielen Kulturen.

Das Albertinen hat sich seinen Angaben zufolge bei der Gewinnung ausländischer Pflegekräfte bislang auf Europa fokussiert, fange aber jetzt an, auch Pflegekräfte aus Brasilien und Mexiko in den Blick zu nehmen.

Albertinen Krankenhaus: Der Pflegedirektor war selbst zum Anwerben in Portugal

Correia, der seit 26 Jahren im Albertinen arbeitet, ist auch selbst schon zum Rekrutieren in die Heimat seiner Eltern gereist. Dabei hilft ihm seine Muttersprache. „Das nimmt den Menschen ein bisschen die Sorge. Sie finden in mir jemanden, der sie versteht, der ihre Sprache spricht. Das macht die Integration einfacher – auch als Vorgesetzter.“

Das Albertinen arbeitet zudem mit einem Unternehmen zusammen, das in Portugal auch an den Universitäten präsent ist und dort Vorträge über die Pflege in Deutschland hält. In Portugal werde mehr ausgebildet als der Arbeitsmarkt brauche, sagt Correia.

Pflegekraft: Bewerber sollen vorher Wünsche und Ängste nennen

„Ich bekomme eine Liste von zehn, zwölf Kandidatinnen und Kandidaten. Dann nehme ich Kontakt auf und spreche mit ihnen per Videocall darüber, was sie bei uns erwartet, aber ich höre auch zu, welche Erwartungen sie an uns haben. Wir sprechen über ihre Wünsche und auch Ängste“, erklärt Correia.

„Wichtig ist für mich zu wissen, in welchen Fachbereichen sie gerne arbeiten möchten. Und wenn wir uns einig werden, dann stellen wir sie ein. Die Bewerberinnen und Bewerber absolvieren in Portugal einen Sprachkursus, und es dauert meist rund neun Monate, bis sie B2-Niveau haben.“

Pflege: Für EU-Staatsangehörige ist die Anerkennung der Abschlüsse einfacher

In vielen Ländern sei Pflege eine universitäre Ausbildung. „Die so Ausgebildeten haben andere Kompetenzen. Sie dürfen in ihren Ländern häufig mehr ärztliche Aufgaben übernehmen. Deswegen tun sie sich manchmal schwer, weil Pflege in Deutschland noch sehr viel grundpflegerische Tätigkeiten beinhaltet.“

Wie man Pflegekräfte aus dem Ausland gewinnt

Für EU-Staatsangehörige sei die Anerkennung ihrer Abschlüsse in Deutschland deutlich einfacher als für andere Zuwanderer. Sie benötigten einen Sprachkursus auf B2-Niveau, das Examen der Pflege werde anerkannt. Bei Bewerberinnen und Bewerber etwa aus Brasilien werde zunächst geschaut, ob ihr Berufsabschluss in Deutschland anerkannt wird oder sie gegebenenfalls Ausbildungsinhalte nachholen müssen.

Pflegekräfte aus dem Ausland – Politik muss Bedingungen verbessern

Das verlängere den Prozess bis zu einem Jahr. Ein weiterer Nachteil für diese Kolleginnen und Kollegen sei, dass sie die deutsche Prüfung zur Anerkennung als Pflegekraft nur einmal wiederholen dürfen. „Fallen sie zweimal durch diese Anerkennungsprüfung, ist ihre Karriere in Deutschland beendet, bevor sie überhaupt begonnen hat“, sagt Correia. „Hier muss die Politik nachbessern.“

Wenn man diesen Menschen Hoffnung auf eine Pflegekarriere mache, müssten dafür auch die entsprechenden Ausgangsbedingungen geschaffen werden, findet Correia. „Natürlich müssen wir eine hohe Fachlichkeit der Pflegenden auch aus Drittländern sicherstellen, aber wir sollten umgekehrt wirklich alles dafür tun, dass ihnen das Onboarding, also die Eingliederung, gut gelingt.“

Integration ausländischer Pflegekräfte sei je nach Herkunft unterschiedlich schwierig

Das Ankommen in der deutschen Kultur sei je nach Herkunft unterschiedlich einfach, meint der gebürtige Portugiese. „Wir haben aber ganz überwiegend sehr gute Erfahrungen mit der Integration ausländischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemacht.“ Das Albertinen unterstütze auch bei der Wohnungssuche und stelle bis zu einem Jahr übergangsweise Wohnraum zur Verfügung.

Viele der aus dem Ausland rekrutierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bauten sich hier ein Leben auf, blieben hier und arbeiteten auch Vollzeit im Beruf, sagt der Pflegedirektor. Viele deutsche Kolleginnen und Kollegen dagegen wählten lieber Teilzeit. „Die Teilzeitquote und die veränderte Work-Life-Balance sind schon ein spannendes Thema.“

Krankenhaus Hamburg: Pflegedirektor des Albertinen wirbt für seinen Beruf

Correia liebt seinen Beruf: „Die Pflege ist total attraktiv. Der Beruf hat so viele Facetten, eröffnet so viele Möglichkeiten zur Weiterentwicklung. Leider berichten viele Pflegende, aber auch die Medien zu häufig nur über das, was nicht gut läuft, und zu wenig über das, was gut läuft und was unsere zutiefst sinnstiftende Tätigkeit ausmacht“, sagt er.

„Wir wollen die bestehenden Herausforderungen nicht negieren, aber nur gemeinsam bekommen wir sie gelöst.“