Bergedorf. Mit der Kapitulation löst sich Deutschlands Monarchie auf. Die Menschen wollen Frieden und Demokratie. Doch die hat bewaffnete Feinde.

Es sind kaum mehr als acht Wochen am Ende des Jahres 1918, die Deutschland als Ganzes und auch jeden einzelnen seiner Bürger in einer Revolution aufwachen lassen: Am 11. November geht der Erste Weltkrieg quasi mit einer bedingungslosen Kapitulation verloren. Und das, obwohl die Propaganda des Kaiserreichs den „Großen Krieg“ bis dahin noch als siegreich dargestellt hatte. Mit der für das Volk völlig überraschenden Niederlage setzt sich der Kaiser dann auch noch selbst nach Holland ab und überlässt sein Land nach 30-jähriger Regentschaft einer tief zerstrittenen SPD.

Die Monarchie wird quasi über Nacht von einer Republik abgelöst, die weder selbst weiß, wie denn nun ihre Demokratie genau funktionieren soll noch wie das völlig zerstörte und politisch auf den Kopf gestellte Gemeinwesen Deutschlands wieder auf die Beine kommen kann. Im Rückblick am 1918er-Silvestertag fasst die Bergedorfer Zeitung die Gefühlslage der Bürger so zusammen: „Von stolzester Höhe wurde das deutsche Volk in den Abgrund gestürzt. Alles was wir an Wünschen Hoffnungen und Erwartungen nicht nur in vier Kriegsjahren, sondern auch in den vierzig Friedensjahren zuvor aufgespeichert hatten, wurde uns geraubt. Wir sind materiell und seelisch ein unsagbar armes Volk geworden.“

Am 9. November 1918 meldet unsere Zeitung die Abdankung von Kaiser Wilhelm II., der seit dem sogenannten „Drei-Kaiser-Jahr“ 1888 als dritter Monarch des 1871 gegründeten Deutschen Reiches auf dem Thron saß.
Am 9. November 1918 meldet unsere Zeitung die Abdankung von Kaiser Wilhelm II., der seit dem sogenannten „Drei-Kaiser-Jahr“ 1888 als dritter Monarch des 1871 gegründeten Deutschen Reiches auf dem Thron saß. © BGZ | Ulf-Peter Busse

Reichskanzler Max von Baden setzt eigenmächtig den Kaiser ab

Tatsächlich hatten sich Anfang November 1918 die Ereignisse überschlagen. Während im Westen noch der Krieg gegen Frankreich, England und seit April 1917 auch die USA tobte, wuchsen sich in Deutschland die Arbeiter- und Matrosenaufstände, die das sofortige Ende der Kampfhandlungen forderten, zu einer Systemkrise aus. Am 9. November und damit schon zwei Tage vor dem Waffenstillstand setzte Reichskanzler Max von Baden in Berlin eigenmächtig den an der Front weilenden Kaiser ab und übergab sein Amt an Friedrich Ebert, den Vorsitzenden der SPD, die zwar intern in zwei Blöcke gespalten aber insgesamt die stärkste Fraktion im Reichstag war.

Szene aus dem Film „Im Westen nichts Neues“ von 1930: Frustrierte Soldaten auf dem Schlachtfeld. Darsteller: Lew Ayres, Louis Wolheim
Szene aus dem Film „Im Westen nichts Neues“ von 1930: Frustrierte Soldaten auf dem Schlachtfeld. Darsteller: Lew Ayres, Louis Wolheim © Picture Alliance/United Archives | IFTN

Ebert übertrug tags darauf alle politische Macht dem sechsköpfigen Rat der Volksbeauftragten, einer reinen SPD-Regierung unter seiner Leitung. Denn es brauchte eine kleine ,schlagkräftige Truppe, die neben diversen sozialpolitischen Projekten für diesen sehr spontanen Übergang von der Monarchie zur Republik zunächst vor allem ein Ziel hatte: Sie musste es schaffen, überhaupt an der Macht zu bleiben.

Die junge SPD-Regierung hat bewaffnete Gegenspieler

Schließlich war es nichts weniger als eine Revolution, die im November 1918 ebenso rasant wie irgendwie auch zufällig vom verlorenen Krieg ausgelöst wurde. So gab es neben Ebert und seinem Rat der Volksbeauftragten, der ein modernes demokratisches Staatswesen bei grundsätzlicher Beibehaltung der wirtschaftlichen und sozialen Strukturen schaffen wollte, auch bewaffnete linke wie rechte Gegenspieler.

Auf dem Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin hält Friedrich Ebert am 9. November 1918 eine Ansprache. An diesem Tag wurde Kaiser Wilhelm II. abgesetzt und der SPD-Vorsitzende wurde Reichskanzler sowie später der erste Reichspräsident (1919-1925) der Weimarer Republik. Friedrich Ebert wurde am 4. Februar 1871 in Heidelberg geboren und ist am 28. Februar 1925 in Berlin gestorben
Auf dem Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin hält Friedrich Ebert am 9. November 1918 eine Ansprache. An diesem Tag wurde Kaiser Wilhelm II. abgesetzt und der SPD-Vorsitzende wurde Reichskanzler sowie später der erste Reichspräsident (1919-1925) der Weimarer Republik. Friedrich Ebert wurde am 4. Februar 1871 in Heidelberg geboren und ist am 28. Februar 1925 in Berlin gestorben © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / dpa

Da waren einerseits die Überreste des alten Systems in Form rechts-konservativer Kreise vor allem in Armee und Verwaltung. Andererseits gab es die „echten“ Revolutionäre von links: Den Spartakusbund um Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg ebenso wie eine breite Strömung innerhalb der Sozialdemokratie selbst. Diese sogenannte Unabhängige SPD, kurz USPD, lehnte eine parlamentarische Demokratie ab, weil sie auf der Idee basiert, dass alle Bürger das Parlament wählen und so indirekt die Regierung bestimmen. Die linken Kräfte wollten nur den Arbeitern und Soldaten, nicht aber den Kapitalisten oder Adligen eine Stimme einräumen.

Linke Kräfte wollen ein System wie in Russland einführen

Der Gegenentwurf trägt den Namen Räterepublik und steht in der Tradition des Sozialismus, der die Verstaatlichung der Fabriken und die Abschaffung des Adels sowie seine Enteignung vorsieht. Die Macht geht dann in Form einer direkten Demokratie von den Arbeiterräten in den Fabriken und sonstigen Wirtschaftsbetrieben aus, die ihre Mitglieder in die Stadt- und Landesparlamente sowie auch in den Reichstag entsenden. Vorbild sind die sozialistischen Verhältnisse in Russland, wie sie dort von Lenin in der Oktoberrevolution 1917 durch einen Bürgerkrieg geschaffen wurden.

Genau das wollte Friedrich Ebert verhindern – und auch große Teile der kriegsmüden deutschen Bevölkerung hielten nichts von weiteren Umstürzen. Garanten dieser Linie wurden die Arbeiter- und Soldatenräte, die landesweit seit Anfang November 1918 in zahlreichen deutschen Städten die Kontrolle über die örtliche Politik und Verwaltung übernahmen. Der Hamburger Rat war auch für Bergedorf zuständig. Ihre Kernaufgabe: Aufstände verhindern, egal von welcher Seite sie angezettelt werden.

Erste Schießereien auch in Bergedorf – Ausgangssperre verhängt

In unserer Zeitung findet sich dazu schon am 9. November ein Aufruf von Bürgermeister Dr. Paul Walli: „In diesen bedeutungsvollen Tagen gilt es, Besonnenheit zu bewahren. Der Beauftragte des Hamburger Arbeiter- und Soldatenrats hat mir zugesagt, dass er alles tun werde, um die Ordnung in der Stadt aufrecht zu erhalten und Plünderungen zu vermeiden. Die Organe der Behörden unterstützen ihn in diesem Bestreben. Die Bevölkerung tut gut daran, sich den Anordnungen zu fügen. Ausschreitungen können außerordentlich weittragende Folgen nach sich ziehen.“

Bergedorfer Straßenszene von 1918.
Bergedorfer Straßenszene von 1918. © Kultur- & Geschichtskontor | Kultur- & Geschichtskontor

Um Plünderungen zu verhindern, verkündet der Rat in derselben Zeitungsausgabe sogar eine Ausgangssperre von 20 Uhr abends bis 5.30 Uhr. Ausnahmen gibt es nur für Personen mit amtlich ausgestelltem Passierschein. „Ein Kommando von 30 Mann, das in Bergedorf den Sicherheitsdienst versieht, ist im Gasthaus ,Portici’ untergebracht worden“, ergänzt unsere Zeitung in einem Artikel zu diesem Thema – und berichtet auch über eine Schießerei im heutigen Lohbrügge, in die der Sicherheitsdienst bereits verwickelt gewesen sei.

Große Angst vor einem Hungerwinter direkt nach dem Ende des Weltkrieges

Wie angespannt die Ernährungslage in Bergdorf ist, berichtet unsere Zeitung bereits am 31. Oktober ausführlich. Demnach bahnt sich für 1918 wieder ein Hungerwinter an, wie schon seit 1915 immer wieder Katastrophen in einzelnen Regionen Deutschlands aufgetreten sind: „Die Wintereindeckung mit Kartoffeln ist noch nicht überall in der erwünschten Weise fortgeschritten, da die Ernte vielfach hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist“, berichten wir über das neben dem Getreide wichtigste Lebensmittel. Zudem werden Höchstpreise für Gemüse und Obst durch die für Bergedorf zuständige Landherrenschaft erlassen.

Am 6. November 1918 berichtet unsere Zeitung über die Friedensverhandlungen zur Beendigung des Ersten Weltkriegs, die eigentlich schon länger laufen. Zur Unterzeichnung des Waffenstillstandes kommt es am 11. November, die quasi bedingungslose Kapitulation und Anerkennung der Alleinschuld Deutschlands an diesem Krieg erfolgt erst am 28. Juni 1919 im „Versailler Vertrag“.
Am 6. November 1918 berichtet unsere Zeitung über die Friedensverhandlungen zur Beendigung des Ersten Weltkriegs, die eigentlich schon länger laufen. Zur Unterzeichnung des Waffenstillstandes kommt es am 11. November, die quasi bedingungslose Kapitulation und Anerkennung der Alleinschuld Deutschlands an diesem Krieg erfolgt erst am 28. Juni 1919 im „Versailler Vertrag“. © Ulf-Peter Busse | Ulf-Peter Busse

Ein ganz anderes Drama sind die vielen heimkehrenden Soldaten, die teils bleibende Verletzungen haben, aber trotzdem für ihre Familien sorgen müssen. Die riesige Wohnungsnot bei gleichzeitig fehlender staatlicher Fürsorge lässt zahlreiche Areale zu Siedlungsflächen werden. In Bergedorf bauen die Kriegsheimkehrer so unter anderem Siedlung Bojewiese und große Teile Nettelnburgs. Sie sollen „kostenfrei vornehmlich an minderbemittelte kinderreiche Kriegsteilnehmer“ vergeben werden, berichtet unsere Zeitung, „um gesunde Wohnstätten zu erbauen“.

Bergedorfs Bürgermeister Paul Walli wird verdächtigt, Lebensmittel zu horten

Dennoch ist der Neid groß, auch auf den Bürgermeister selbst, wie Bergedorfs Magistrat zusammen mit dem Arbeiter- und Soldatenrat am 18. November 1918 in einer Anzeige schildert: „Dr. Walli und seine Familie werden in letzter Zeit besonders häufig durch Verdächtigungen aller Art belästigt: Es wird insbesondere behauptet, dass er bei einzelnen Geschäftsleuten oder zuhause große Vorräte an Lebensmitteln aufgestapelt habe. Diese Gerüchte sind gänzlich unbegründet und wir halten uns für verpflichtet, ihnen entschieden entgegenzutreten, da sie zur Beunruhigung der Bevölkerung beitragen. Der Arbeiter- und Soldatenrat fordert, dass ihm in Zukunft die Namen und Adressen der Verbreiter solcher unwahren Gerüchte gemeldet werden.“

Der Bergedorfer Viehmarkt am Brink 1918.
Der Bergedorfer Viehmarkt am Brink 1918. © Kultur- & Geschichtskontor | Kultur- & Geschichtskontor

Die Lage bleibt trotz aller Anspannungen in diesen Wochen weitestgehend ruhig und die Revolution auch in Berlin unblutig. Doch das ändert sich kurz nach Weihnachten. Am 28. Dezember bricht die linke USPD mit den gemäßigten Kräften der Sozialdemokratie um Kanzler Friedrich Ebert und verlässt den Rat der Volksbeauftragten. Sie hatte sich kurz vor dem Fest beim Reichskongress der Arbeiter- und Soldatenräte nicht mit ihrer Forderung durchsetzen können, das Rätesystem zur Grundlage der neuen Verfassung zu machen. Vielmehr stimmte die überwältigende Mehrheit der Delegierten für die freie und gleiche Wahl einer Nationalversammlung am 19. Januar 1919.

In Berlin gründet sich die KPD und bereitet blutige Straßenkämpfe vor

Während die vakanten Sitze im Rat der Volksbeauftragten sofort von SPD-Leuten übernommen werden, schließt sich die USPD noch vor dem Jahreswechsel mit dem Spartakusbund zur Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) zusammen. So folgt gleich im Januar ein blutiger Straßenkampf in Berlin, mit dem die Ebert-Regierung abgesetzt und doch noch ein Rätesystem installiert werden soll.

Wahlplakat des Spartakusbundes von 1918/19, das die Zerschlagung des Reichstages zugunsten einer Räterepublik symbolisiert. Die kommunistische Partei schloss sich zum Jahreswechsel 1918/19 mir der linken USPD zur KPD zusammen.
Wahlplakat des Spartakusbundes von 1918/19, das die Zerschlagung des Reichstages zugunsten einer Räterepublik symbolisiert. Die kommunistische Partei schloss sich zum Jahreswechsel 1918/19 mir der linken USPD zur KPD zusammen. © Universitätsbibliothek der LMU München, Nachlass Karl Jakob Hirsch | Universitätsbibliothek der LMU München, Nachlass Karl Jakob Hirsch

Hunderttausende sind gleich beim ersten Protest samt Generalstreik am 5. Januar dabei, was die KPD-Führer Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg dazu verleitet, zum bewaffneten Sturz der Regierung aufzurufen. Die revolutionären Arbeiter besetzen bis zum 12. Januar Teile der Berliner Innenstadt sowie das Zeitungsviertel. Doch die Januaraufstände verfangen nicht bei der Bevölkerung, die keinen Bürgerkrieg will. Zudem sind die Proteste zu spontan und schlecht organisiert, um zum gewaltsamen Sturz der Regierung zu führen. Sie fordern Hunderte Tote, als von Ebert angeforderte rechte Freikorps sie am 12. Januar schließlich niederschlagen.

Rechte Freikorps ermorden Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg

Mitglieder dieser Freikorps sind es auch, die am 15. Januar dann Liebknecht und Luxemburg umbringen. Diese Morde und die Tatsache, dass Reichskanzler Ebert zu seinem Schutz einen Pakt mit den Militärs eingegangen war, führten dazu, dass die KPD niemals die 1919 entstehende Weimarer Republik akzeptierte.

Auch für den Bergedorfer Historiker Bernhard Nette, langjähriger Lehrer an der Gesamtschule GSB, ist der Pakt mit Teilen des alten Systems der zentrale Geburtsfehler dieses ersten Versuchs einer Demokratie auf deutschem Boden. In seinem frisch erschienen Buch „1918/19: Eine deutsche Revolution und ihre Folgen“, lässt er Zeitzeugen wie den späteren Hamburger Bürgermeister Herbert Weichmann und seine Frau Elsbeth zu Wort kommen, ebenso wie Kurt Sieveking (CDU), den Kommunisten Harry Naujoks und den Berufsoffizier Hans Gebauer. Quellen sind Interviews aus dem Jahr 1978.

Hätte eine deutsche Räterepublik die Welt friedlicher gemacht?

Das Fazit von Bernhard Nette: Die nur halbe Revolution von 1918/19 hat direkte Folgen, die neben dem Zweiten Weltkrieg in alle aktuellen Konflikte hineinwirken – einschließlich des russischen Angriffskriegs in der Ukraine: „Hätte die Novemberrevolution in Deutschland über die alten Herrschaftseliten tatsächlich gesiegt und wären diese entmachtet und vertrieben worden, dann, ja nur dann, hätte die europäische Geschichte auch in Osteuropa einen friedlicheren und zivilisierteren Verlauf genommen.“

Historiker Bernhard Nette (hier mit einem von ihm verfassten Roman) lässt in seinem neuen Buch zur Deutschen Revolution von 1918/19 posthum Zeitzeugen zu Wort kommen.
Historiker Bernhard Nette (hier mit einem von ihm verfassten Roman) lässt in seinem neuen Buch zur Deutschen Revolution von 1918/19 posthum Zeitzeugen zu Wort kommen. © BGZ | Ulf-Peter Busse

Ob es so gekommen wäre, muss offen bleiben, gelten die Wochen um den Jahreswechsel 1918/19 unter Historikern doch als Projektionsraum für diverse Theorien. Der großen Mehrheit der damals Betroffenen, auch in Bergedorf, scheint Frieden und Ordnung nach dem „Großen Krieg“ allerdings weit wichtiger gewesen zu sein, als ein totaler Umsturz wie im russischen Bürgerkrieg von 1917.

Die Mehrheit der Bergedorfer will Frieden und Sicherheit, keinen Sozialismus

So bringt unsere Zeitung in der Silvesterausgabe 1918 unter der Überschrift „Was Spartakus will“ dessen Vorsitzenden Karl Liebknecht in enge Beziehung zu Russland: „Mit dem Augenblick, wo der Spartakusbund zur Macht gelange, werde der Ring der Völker sich schließen und man könne schon heute den russischen Arbeiter mit Enthusiasmus erfüllen, wenn man ihm sage, dass er mit dem deutschen Genossen zusammen am Rhein gegen das angelsächsische Kapital kämpfen werde.“

Dass davon zumindest die Redaktion der Bergedorfer Zeitung wenig hielt, macht ihr Ausblick auf das Jahr 1919 deutlich: „Ruhe, Friede, Ordnung und Sicherheit sind die Grundpfeiler jedes geordneten Staatswesens. Das Volk, repräsentiert durch seine in freier Wahl bestellten Vertreter, soll des Volkes und Reiches Geschick bestimmen.“

Die Stimmung in Bergedorf beschreibt ein Bericht in der Ausgabe vom 2. Januar 1919: „Auch die Einwohnerschaft von Bergedorf und Lohbrügge war zu gestern Nachmittag auf die Straße gerufen, um durch eine Massenversammlung ihr Einverständnis zu bekunden für die jetzige Regierung der deutschen Republik. Die Kundgebung nahm, wie man es von der hiesigen Einwohnerschaft ja jeher gewohnt ist, einen ruhigen Verlauf. Wohl über 3000 Bewohner hatten sich nachmittags gegen 14 Uhr am Mohnhof und am Brink eingefunden.“

Nachdem die Musikkapelle der Glasmacher den Sozialistenmarsch gespielt und der Arbeiter-Sängerchor aufgetreten war, gab es eine Ansprache: „Vom Balkon des Bolmerschen Hauses am Brink sprach Herr Brauer aus Hamburg mit weithin schallender Stimme: Es gelte, der jetzigen provisorischen Regierung Vertrauen entgegenzubringen und sich nicht beeinflussen zu lassen durch Gegenströmungen von rechts oder links, die den Bestand der neuen deutschen Republik zu gefährden trachteten. ,Für baldigen Abschluss des Friedens, für Brot und Freiheit’ laute die Devise. Mit einem Hoch auf das demokratische Deutschland, in das die Menge begeistert einstimmte, schloss die Ansprache.“