Bergedorf. Rasante Premiere dank „gediegenem Inhalt“ und viel Selbstbewusstsein: Die ersten 25 Jahre lassen die Zahl der Leser rasant steigen.

Mit einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein feiert unsere Zeitung ihr erstes Jubiläum: „Die umsichtige Leitung und der gediegene Inhalt wurden bald anerkannt“, heißt es 1908 in der großen Rückschau auf der Titelseite – und weiter: „Auch die Behörden benutzen die Bergedorfer Zeitung zur Veröffentlichung ihrer Anzeigen.“

Gefeiert wurden seinerzeit die ersten 25 Jahre seit der Neugründung des Blattes durch Carl Eduard „Ed.“ Wagner am 15. September 1883 als andauernde Erfolgsgeschichte: „Die Zeitungsbände zeigen bis heute einen stetigen Aufstieg der Bergedorfer Zeitung. Der Leserkreis vergrößerte sich mit jedem Vierteljahr.“ Das hatte Folgen: Seit dem 1. Juli 1894 erscheint die Bergedorfer Zeitung durchgängig bis heute „täglich außer montags“ – nachdem sie bis dahin in drei Ausgaben pro Woche zu haben war.

Auflage der Bergedorfer Zeitung wächst stetig – bis auf 13.000 Exemplare

Wie hoch die Auflage der Jubiläumsnummer war, wird nicht verraten. Ohnehin finden sich über die Jahre nur wenige Angaben dazu. So meldet unsere Zeitung im Dezember 1898 einen Anstieg der Abonnentenzahl auf 3230 gegenüber 3003 im Jahr 1897. Und Jahrzehnte später berichten wir in der Rückschau auf den Ersten Weltkrieg sogar, dass 1914 bis 1918 wegen der zahlreichen Feldpostzustellungen an die Soldaten ein „Höchststand von rund 13.000 Exemplaren in der Auflage“ gezählt wurde, was „bis dahin und auch in der Folgezeit“ nie wieder erreicht worden sei – zumindest bis 1933.

Gründer und Verleger der modernen Bergedorfer Zeitung: Carl Eduard „Ed.“ Wagner (1842-1909) 
Gründer und Verleger der modernen Bergedorfer Zeitung: Carl Eduard „Ed.“ Wagner (1842-1909)  © Bergedorf-Museum | Bergedorf-Museum

Für das Geheimnis unseres Erfolgs blickt die Jubiläumsausgabe von 1908 zurück auf den Start der „Bergedorfer Buchdruckerei von Ed. Wagner“: In der ersten Probenummer 25 Jahre zuvor hatte der Gründer geschrieben, dass er „von vielen Seiten aufgefordert worden“ sei, „hier eine eigene Zeitung herauszugeben“, nachdem der direkte Vorläufer nur drei Tage zuvor pleitegegangen sei. „Diese Mitteilung beruhte auf Wahrheit“, stellen wir 1908 klar und blicken auf die verschiedenen Vorläufer: „Bergedorf war zu diesem Zeitpunkt schon seit fast 60 Jahren an eine Zeitung gewöhnt, und der Wunsch nach einer schnellen Berichterstattung war groß.“

Junge Bergedorfer Zeitung ist „ein Lokalblatt ersten Ranges“

Welchen Service die Bergedorfer Zeitung ihren Lesern damals rund um den vorletzten Jahrhundertwechsel schon bot, beschreiben die vierteljährlich in unserem Blatt erscheinenden „Abonnements-Einladungen“. Demnach handelte es sich bei der bz 1898 um „ein Lokalblatt ersten Ranges“, das „bestrebt sei, „in erster Reihe die lokalen Interessen nicht allein der Stadt Bergedorf und des hamburgischen Landgebiets zu vertreten, sondern auch des südlichen Teils des Kreises Stormarn und des südwestlichen Teils des Kreises Herzogtum Lauenburg.“

Das Verlagshaus der Bergedorfer Zeitung am Bergedorfer Markt um 1910, Sitz der Bergedorfer Buchdruckerei von Ed. Wagner.
Das Verlagshaus der Bergedorfer Zeitung am Bergedorfer Markt um 1910, Sitz der Bergedorfer Buchdruckerei von Ed. Wagner. © Kultur- & Geschichtskontor | Kultur- & Geschichtskontor

Drei Jahre später, Ende September 1901, wird „der Landmann, der Gemüsebauer und Arbeiter“ in unserer Werbung als neuer Abonnent umworben, der im nun beginnenden Herbst ja wieder mehr Zeit habe, „sich nicht nur um lokale Angelegenheiten zu kümmern, sondern sich auch über alle wichtigen Vorkommnisse im Reich und die großen Weltereignisse zu orientieren“. Hier „bringt die Bergedorfer Zeitung in gedrängter und doch übersichtlicher Kürze alles, was jeden Staatsbürger interessieren muss“. Die „engen Beziehungen zu Wolff’s Telegrafen-Büro“ in Hamburg versetzten unser Blatt in die Lage, die „Leser schnellstens und ausführlich über alle Ereignisse im In- und Ausland in Kenntnis zu setzen“.

Neue Maschinen machen es möglich: Bergedorfer Zeitung erscheint ab 1894 täglich

Seit im Sommer 1894 neue Maschinen für das Drucken und Falzen angeschafft worden waren, konnte die bis mittags geschriebene und nachmittags gedruckte Zeitung bereits am Abend in Bergedorf und Umgebung ausgeliefert werden – oder für die entfernter wohnenenden Abonnenten zumindest in die Post gegeben werden. Wo unsere Zeitung überall gelesen wurde, steht als gut lesbare Ergänzung im Titelkopf: „Tageblatt für Bergedorf-Sande, für die Vierlande und Marschlande, für Geesthacht, Reinbek, Friedrichsruh, Schwarzenbek, Steinbek, Schiffbek und die umliegenden Ortschaften der Kreise Stormarn und Lauenburg“.

Hier war 1883/84 kurzfristig das Büro unserer Zeitung: der Anfang der Großen Straße (heute Sachsentor) gegenüber von St. Petri und Pauli (neben den Bäumen außerhalb des Bildes): Rechts vorn steht das Hotel Stadt Lübeck, das Anfang der 1930er-Jahre für den Bau der Vierlandenstraße abgerissen wurde. Dahinter liegt das Hotel Stadt Hamburg, heute Sitz vom Blockhouse. Unsere Zeitung war vermutlich im dritten Gebäude untergebracht.
Hier war 1883/84 kurzfristig das Büro unserer Zeitung: der Anfang der Großen Straße (heute Sachsentor) gegenüber von St. Petri und Pauli (neben den Bäumen außerhalb des Bildes): Rechts vorn steht das Hotel Stadt Lübeck, das Anfang der 1930er-Jahre für den Bau der Vierlandenstraße abgerissen wurde. Dahinter liegt das Hotel Stadt Hamburg, heute Sitz vom Blockhouse. Unsere Zeitung war vermutlich im dritten Gebäude untergebracht. © BGZ | Kultur- & Geschichtskontor

Der Sitz der Bergedorfer Zeitung war zunächst am Kuhberg, dem heutigen Wiebekingweg gleich neben dem 2022 abgerissenen ehemaligen Karstadt-Haus. Dort hatte Carl Eduard „Ed.“ Wagner schon 1874 als Filialleiter der Bergedorfer Zeitung angefangen, deren Verleger Friedrich Bleidorn da samt Druckerei gerade nach Wandsbek umgezogenen war. Als Bleidorns Sohn den väterlichen Betrieb neun Jahre später in die Pleite führte und Wagner übernahm, richtete der die Redaktion samt Geschäftsstelle und Druckerei zunächst „an der Großen Straße Nummer 3 gegenüber der Kirche St. Petri und Pauli“ ein, also etwa dort. wo heute die Filiale der Haspa ihren Sitz hat.

Diverse Beilagen lassen die Umfänge der täglichen Ausgaben anwachsen

„Der Leserkreis vergrößerte sich mit jedem Vierteljahr, sodass die Räume bald zu klein wurden“, heißt es in unserer Ausgabe zum 25-jährigen Jubiläum. „Im Herbst 1884 wurde das Geschäft nach dem Markt 7 verlegt.“ Dort sollte der Sitz unserer Zeitung für 83 Jahre bleiben – bis 1967 eine riesige, 110 Tonnen schwere neue Druckmaschine den Umzug in den Neubau im Gewerbegebiet an den Curslacker Neuen Deich erforderlich machte.

Blick auf den Bergedorfer Markt kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert: Von den Bäumen halb verdeckt ist der Schriftzug „Bergedorfer Buchdruckerei“ zu erkennen. Es ist der Sitz des Verlags unserer Zeitung bis 1967.
Blick auf den Bergedorfer Markt kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert: Von den Bäumen halb verdeckt ist der Schriftzug „Bergedorfer Buchdruckerei“ zu erkennen. Es ist der Sitz des Verlags unserer Zeitung bis 1967. © Bergedorf-Museum | Bergedorf-Museum

Vom Erfolg der ersten 25 Jahre der Bergedorfer Zeitung im Verlag von „Ed.“ Wagner zeugen auch die vielen regelmäßigen Beilagen. So gab es einmal pro Woche das „Illustrierte Sonntagsblatt“ mit dem obligatorischen Fortsetzungsroman und bunten Meldungen aus aller Welt. Zudem die landwirtschaftliche Beilage „Feld und Garten“, Tipps für die Finanzen im „Wirtschaftsfreund“ und Humoristisches in der Beilage „Seifenblasen“. Zusammen ließen sie die Seitenzahl der Bergedorfer Zeitung von gewöhnlich vier bis acht gern auch mal auf Ausgaben mit zwölf Seiten steigen.

bz-Gründer Carl Eduard „Ed.“ Wagner stirbt kurz nach dem 25-jährigen Jubiläum

Gründer Carl Eduard Wagner hatte sich bereits 1908 aus gesundheitlichen Gründen aus dem aktiven Einsatz für die Bergedorfer Zeitung zurückziehen müssen. Er starb knapp ein Jahr später, am 20. August 1909, während eines Kur-Aufenthaltes. Die Bergedorfer Buchdruckerei samt Zeitung übertrug er an seinen Sohn Richard Wagner und seine Tochter Martha zusammen mit deren Ehemann Wilhelm Bauer, der die Redaktion der Bergedorfer Zeitung leitete.

Das Verlagshaus der Bergedorfer Zeitung am Bergedorfer Markt um 1950: Gleich neben dem Hütehaus Willhoeft (Eckhaus hinten) schließt sich unser damaliger Altbau an, daneben der 1907/08 errichtete Neubau.
Das Verlagshaus der Bergedorfer Zeitung am Bergedorfer Markt um 1950: Gleich neben dem Hütehaus Willhoeft (Eckhaus hinten) schließt sich unser damaliger Altbau an, daneben der 1907/08 errichtete Neubau. © Bergedorf-Museum | Bergedorf-Museum

Trotz aller Erfolge war auch in den ersten 25 Jahren der Bergedorfer Zeitung nicht alles ein Volltreffer, was der Verleger und sein kleines Team versuchten. Unter anderem ging im Herbst 1900 der Umstieg auf ein neues Schriftbild schief: Am 23. Oktober erschien die Bergedorfer Zeitung „dank unserer neuesten Technik“ mit deutlich besser gedruckter und damit gestochen scharf lesbarer Schrift. Wagner nutzte das, um die Schrift zu verkleinern und „unseren Lesern so in jeder Ausgabe 300 Zeilen mehr Lesestoff“ zu bieten. Doch das kam gar nicht gut an: Am 2. November schon erschien alles wieder in gewohnter Größe – die Leser hatten „in großer Zahl“ protestiert.

Ein kleiner Rückschlag für unser Blatt, der aber seiner Beliebtheit bei den Bergedorfern keinen Abbruch tat. Konkurrenz hatte hier nie eine Chance: „Im Laufe der letzten Jahrzehnte ist wiederholt, aber vergeblich der Versuch gemacht worden, eine zweite Zeitung in Bergedorf ins Leben zu rufen“, heißt es in unserer Jubiläumsausgabe von 1908. „So ließ M.Th. Stoltenberg von Januar 1894 an die Bergedorfer Nachrichten erscheinen. Die Zeitung, die vorher als Weihnachtsanzeiger erschienen war, ging bereits nach zwei Jahren wieder ein. Auch die Versuche einiger auswärtiger Zeitungsverleger, Nebenausgaben ihrer Zeitungen in Bergedorf einzuführen, hatten keinen Erfolg.“