Hamburg.

„Sind wir bürgerlich, Schatz?“ Die Chefin antwortet nicht gleich. Vielleicht hätte ich nicht fragen sollen. Früher, als wir wild und leichtsinnig waren, wäre „bürgerlich“ ein Schimpfwort gewesen. Wir wollten Hippies sein, Nonkonformisten. Aber immer anders sein ist auch anstrengend.

Seit unsere Söhne Cordhüte als topmodisches Accessoire tragen, überdenke ich meine Haltung zum Jägerzaun. Wie soll man sonst die Wildschweine von der Scholle halten? Die bürgerlichste Familie in der Nachbarschaft stammt aus Armenien. Er hat mehr von Goethe gelesen als ich von Disney geguckt, dafür peitscht sie drei erschreckend wohlgeratene Kinder durch Großes Latinum und Bratschenkurs. Er ist Kassenwart im Tennisclub, sie Elternvertreterin. Migranten machen halt immer die härtesten Jobs.