Oberlandesgericht hebt Tätigkeitsverbot auf. Hagenbeck ist ab sofort wieder für den Tierpark verantwortlich. Familienstreit neu entfacht.

Stellingen. Punktsieg für Claus Hagenbeck vor Gericht: Im Streit um die gemeinsame Geschäftsführung des Tierparks hat das Oberlandesgericht in einer Berufungsverhandlung die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom April dieses Jahres wieder aufgehoben. Mit dem Ergebnis, dass Claus Hagenbeck, 70, ab sofort wieder Geschäftsführer des weltbekannten Zoos in Stellingen ist - gemeinsam mit seinem Kontrahenten Joachim Weinlig-Hagenbeck, 55.

Der Familienstreit zwischen dem Seniorchef und seinem angeheirateten Neffen geht in die nächste Runde. Der Ausgang ist völlig offen. Was bleibt, ist die wachsende Verunsicherung der Mitarbeiter.

"Jetzt bin ich wieder Geschäftsführer. Die Entscheidung des Landgerichts wurde aufgehoben. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen", sagte Claus Hagenbeck. "Das ist eine Entscheidung des Gerichts, die ich nicht kommentieren möchte", sagte Joachim Weinlig-Hagenbeck.

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Nach sieben Jahren Ruhestand war Claus Hagenbeck im März überraschend in die Chefetage des Unternehmens zurückgekehrt und hatte das Amt von seinem Schwiegersohn Stephan Hering-Hagenbeck übernommen. "Die Entwicklung der letzten Wochen hat diese Entscheidung notwendig gemacht", ließ er damals knapp verlauten.

Prompt wollte Joachim Weinlig-Hagenbeck per einstweiliger Verfügung verhindern, dass der Senior ins operative Geschäft zurückkehrt. Das Landgericht gab ihm recht und beschloss in einem Eilverfahren ein Tätigkeitsverbot für Claus Hagenbeck. Begründung: Das Verhältnis zwischen den beiden Kontrahenten sei so zerstritten, dass eine konstruktive Zusammenarbeit nicht mehr möglich sei.

Der Vorsitzende Richter Karsten Nevermann berief sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs, wonach ein Zerwürfnis als Grund zur Abberufung eines Geschäftsführers ausreichend sei - egal, von welcher Seite die Streitereien ausgegangen waren. "Es kommt nicht darauf an, wer schuld hat", sagte Nevermann.

Wer aber trägt die Hauptschuld an diesem tiefen Zerwürfnis, das sich wohl weder außergerichtlich noch durch eine Mediation bereinigen lässt? Ein Grund für die heftige Fehde, die für zunehmende Unruhe unter den Tierpark-Angestellten sorgt, ist nach wie vor ein Streit zwischen den beiden Gesellschaftern, der seit fast einem Jahr schwelt. Dabei geht es um zwei Millionen Euro, die die Stadt Hamburg dem Tierpark im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages aus dem Jahr 1996 vorgestreckt hatte und nun zurückfordert.

Beide Seiten hatten damals Grundstücke getauscht, sodass Hagenbeck diese gemäß einem neuen Bebauungsplan gewinnbringend veräußern konnte - und im Gegenzug eine Investitionsverpflichtung von 17 Millionen Euro einging. Und besagte Zahlungsforderung von zwei Millionen Euro. Diese setzen sich zusammen aus einem Wertausgleich für den Flächentausch in Höhe von 274 953,86 Euro an die Finanzbehörde, einer Rückzahlung von 1 203 859,89 Euro für 90 Autostellplätze in dem neuen Parkhaus an die Wirtschaftsbehörde sowie einer Forderung des Bezirksamts Eimsbüttel, das 613 000 Euro für Umweltausgleichsflächen vorgestreckt hatte.

Bestehen diese Forderungen der Stadt zu Recht? "Aus unserer Sicht bestehen diese Forderungen nicht mehr", sagte Joachim Weinlig-Hagenbeck dem Abendblatt im Oktober letztes Jahres.

Die Stadt sah das anders - und Claus Hagenbeck ebenfalls. "Es entspricht nicht der Wahrheit, wenn er sagt, dass die Zahlungsforderungen nicht da sind. Sie sind da", hatte der Senior seinem Gesellschafter widersprochen. Ihm ging und geht es auch um das Ansehen. "Selbstverständlich werden die Hagenbecks sich so verhalten wie in den vergangenen 150 Jahren und als ordentliche hanseatische Kaufleute offene Forderungen bezahlen", stellte Claus Hagenbeck klar.

Passiert ist bisher aber nichts. "Die Stadt ist weiter in klärenden Gesprächen mit der Hagenbeck-Gesellschaft", hatte Frank Krippner, Sprecher der zuständigen Stadtentwicklungsbehörde, im März gesagt. Und heute? "Wir sind weiter in konstruktiven Gesprächen mit Hagenbeck", sagt Krippner knapp fünf Monate später.

Das Problem, das die Tierpark-Mitarbeiter haben, gilt auch für die Stadt: Wer ist unser Ansprechpartner in der Chefetage von Hagenbeck? Und dieses Problem wird erst gelöst sein, wenn das Gericht eine endgültige Entscheidung getroffen hat.

Erst einmal hat das Oberlandesgericht das Tätigkeitsverbot für Claus Hagenbeck nun wieder aufgehoben. "Das schriftliche Urteil liegt noch nicht vor, und das Oberlandesgericht hat außerdem festgestellt, dass das Landgericht der einstweiligen Verfügung im April zu Recht stattgegeben hat", sagt Gerichtssprecher Conrad Müller-Horn. Hintergrund: Die Situation hat sich geändert. Denn im Juli fand eine weitere Gesellschafterversammlung statt - mit Claus und Joachim. Und dort wurde - natürlich - gegen die Stimme von Joachim Weinlig-Hagenbeck, dessen Abberufung beschlossen.

"Die Wirksamkeit der wechselseitigen Abberufungsbeschlüsse wird in einem Hauptverfahren zu klären sein", sagt Müller-Horn, Richter am Oberlandesgericht. Ein Termin dafür steht noch nicht fest, noch läuft die Frist für die Stellungnahmen der beiden Parteien. Der Kampf um die Führung im Zoo geht also weiter.

"Je länger der Konflikt nicht gelöst ist, desto schwieriger wird eine Übereinkunft mit der Stadt", hatte Richter Nevermann gesagt. Die Situation erinnere ihn "an ein Ehepaar, das sich scheiden lässt und sein Haus verkaufen will".

Nun ist ein Partner wieder in das gemeinsame Haus eingezogen.