Carl Claus Hagenbeck greift seinen Nachfolger als Tierpark-Direktor wegen des Millionen-Streits mit der Stadt an: Es gehe um den Ruf der Familie.

Hamburg. Normalerweise liegt Familien der Hamburger Gesellschaft viel daran, internen Zwist vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen. Bei den Hagenbecks ist der Zoff offenbar so groß, dass der Senior der Tierpark-Dynastie, Carl Claus Hagenbeck, jetzt in die Offensive geht. Der 70-Jährige, der sich 2004 aus der aktiven Geschäftsführung zurückgezogen hatte, aber nach wie vor geschäftsführender Gesellschafter der Carl Hagenbeck GmbH ist, wirft seinem Mitgesellschafter - und angeheirateten Neffen Joachim Weinlig-Hagenbeck schwere Fehler vor. Es geht um zwei Millionen Euro, die die Stadt Hamburg der Hagenbeck-Gruppe vorgestreckt hat und nun einfordert. In der prekären Situation habe "Herr J. Weinlig-H." nicht zur Entspannung beigetragen, schreibt Hagenbeck in einem Brief an das Abendblatt. Deshalb werde er von seinem Recht Gebrauch machen und eine interne Sonderprüfung durch einen externen Wirtschaftsprüfer einleiten.

Ende Oktober hatte das Abendblatt erstmals über die offene Rechnung, die sich aus einem städtebaulichen Vertrag aus dem Jahr 1996 ergibt, berichtet. Weinlig-Hagenbeck hatte die Forderungen damals zurückgewiesen. "Es entspricht aber nicht der Wahrheit, wenn er sagt, dass die Zahlungsverpflichtungen nicht da sind. Sie sind da", hält Hagenbeck senior jetzt dagegen. Natürlich müssten die genauen Summen noch überprüft werden. "Aber", so der ehemalige Zoodirektor und promovierte Tierarzt, "selbstverständlich werden die Hagenbecks sich so verhalten wie in den vergangenen 150 Jahren und als ordentliche hanseatische Kaufleute offene Forderungen bezahlen."

Das Zerwürfnis ist so grundsätzlich, dass Hagenbeck seinen Standpunkt "pacta sunt servanda" (Verträge sind einzuhalten) auch dem zuständigen Stadtentwicklungsstaatsrat Michael Sachs (SPD) gestern Morgen per Mail mitteilte - kurz vor einem Treffen zwischen Behörde und Weinlig-Hagenbeck. Letzterer war nicht informiert worden.

+++ Familien-Doppelspitze +++

+++ Tierpark Hagenbeck: Der rote Rodi rutscht so gern +++

Er bemühe sich darum, Schaden vom Tierpark abzuhalten, sagte Weinlig-Hagenbeck gestern dem Abendblatt. Deshalb habe er in der Gesellschafterversammlung auch gegen eine Sonderprüfung gestimmt, "bevor es überhaupt klärende Gespräche mit der Behörde gegeben habe und wir wissen, welche Forderungen die Stadt an uns hat".

Etwa eine Stunde hatte der Tierparkchef in der Stadtentwicklungsbehörde mit Staatsrat Sachs verhandelt, außerdem war auch Kulturstaatsrat Nikolas Hill dabei. "Wir sind auf einem guten Weg", hieß es gestern in der Behörde zu der strittigen Millionenforderung, die aus einem Grundstücksdeal zwischen dem Tierpark und der Stadt resultiert. Beide Seiten würden nun die Vertragsgrundlagen prüfen. "Wir suchen nach einer für beide Seiten akzeptablen Lösung", sagte Behördensprecher Frank Krippner.

Auch Joachim Weinlig-Hagenbeck zeigte sich optimistisch. "Ich habe das Gefühl, dass es ein Ergebnis geben wird, das Hagenbeck keinen Schaden zufügt." Allerdings geht er weiter davon aus, dass die Zahlungsverpflichtungen gar nicht existieren, weil sich diese auf einen alten Vertrag bezögen. Konkret geht es um den zunächst geplanten Bau der Endoklinik auf einem Teilgrundstück des Tierparks, der aber letztlich nicht realisiert wurde.

Zu den laut Weinlig-Hagenbeck angeblich nicht vorhandenen Forderungen hat Carl Claus Hagenbeck eine andere Meinung. "Ich werfe ihm vor, dass er der Stadt so brüsk gesagt hat, wir zahlen nicht. Ich bin verantwortlich und haftbar und stehe mit meinem Namen für Hagenbeck." Besonders ärgere ihn zudem, dass er trotz Nachfragen "keine Antworten" des jetzigen Tierpark-Geschäftsführers Weinlig-Hagenbeck bekommen habe.

Angespannt sind die Familienverhältnisse bei den Hagenbecks schon länger. Eine Doppelspitze, das bedeutet doppelt viel Kompetenz - aber auch: in strittigen Fragen zwei Meinungen zu einem Thema. Schon über mehrere Generationen wird im Tierpark Hagenbeck dieses Modell gelebt (dazu siehe auch Text rechts).

In unterschiedlichen Direktoren-Gespannen und sicherlich nicht immer mit denselben Auffassungen. Bislang fanden Diskurse aber immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Allerdings ist es in der Belegschaft und auch in der Hamburger Gesellschaft kein Geheimnis, dass Carl Claus Hagenbeck und der Mann seiner verstorbenen Nichte Caroline, Joachim Weinlig-Hagenbeck, sich schon lange privat nicht mehr viel zu sagen haben.

Bei seinem Abschied aus dem operativen Geschäft im Jahr 2004 hatte der damalige Seniorchef noch gesagt: "Ich kann loslassen!" Gerade in Bezug darauf, dass sein Schwiegersohn Stephan Hering-Hagenbeck, ein promovierter Biologe, Nachfolger als Geschäftsführer an der Seite von Joachim Weinlig-Hagenbeck wurde. Nun meldet er sich zum ersten Mal seitdem in der Öffentlichkeit zurück. "Ich musste reagieren", sagte Carl Claus Hagenbeck. "Es geht um den guten Ruf des Tierparks und der Familie."