Das 20-Millionen-Euro-Projekt geht an den Start. Tierpark Hagenbeck eröffnete gestern die neue Wohnanlage für Polartiere. Drei Jahre Bauzeit.

Stellingen. Drei Jahre Bauzeit , blank liegende Nerven, haufenweise Probleme, aber nun ist es geschafft: Im Tierpark Hagenbeck eröffnete gestern das neue Eismeer. Der Weg ist frei zu Eisbären, Seebären, Pinguinen und einem Walross, das 20-Millionen-Euro-Projekt geht an den Start. "Endlich" war das am häufigsten gehörte Wort gestern Morgen. "Jetzt muss es den Besuchern nur noch gefallen", sagte Projektleiter Stephan Hering-Hagenbeck.

Das Eismeer ist der Nachfolger des legendären Nordmeer-Panoramas und ein Bau der Superlative. 103 Tiere - vom Taschenkrebs bis zum Eisbären - leben auf einer Fläche von 8000 Quadratmetern. Sie schwimmen in Becken mit insgesamt 5,3 Millionen Liter Salzwasser und lassen sich durch 14 Glas- und Acrylscheiben auch unter Wasser beobachten. "Wir bieten eine einzigartige Kombination von Tieren, die mit allen Sinnen erlebt werden kann", sagte Stephan Hering-Hagenbeck.

Wer das Eismeer besucht, macht sich auf einen 750 Meter langen Weg in die Welt der Polarregionen. Die Reise beginnt bei den Eisbären Victoria und Blizzard. Sie stammt aus Hamburg und hat ihren jüngeren Partner aus Rostock zurzeit noch ganz gut im Griff. "Eisbären sind eigentlich Einzelgänger, dafür harmonieren sie gut", sagt Tierpfleger Dirk Stutzki. Nachwuchs im kommenden Jahr ist nicht ausgeschlossen.

+++ Neue Antje hat schon Starqualitäten +++

+++ Bauverzögerungen +++

Gleich dahinter lebt die neue First Lady von Hagenbeck - Walrossdame Neseyka - mit ihrem Gefolge, zwei Kegelrobben namens Zephir und Szara (Fütterung täglich 15 Uhr). Die Robben hatten zunächst großen Respekt vor ihrer 550 Kilogramm schweren Verwandtschaft. Rechtzeitig zur Eröffnung freundeten sich die drei Tiere jedoch an und ziehen seither ihre Runden durch das bis zu 7,50 Meter tiefe Becken gemeinsam. Bei ihnen findet sich die größte der Glasscheiben, vor der unbedingt eine Pause eingelegt werden sollte - auf einem der angewärmten Sitzsteine vor der Scheibe: Die Sicht ist grandios, und im besten Fall lässt sich beobachten, wie Neseyka am Grund des Beckens nach Nahrung sucht. Es folgen die Südamerikanischen Seebären, die Leben in den Neubau bringen (Fütterung täglich 11 Uhr). Männchen Gringo und sein fünfköpfiger Harem flitzen durch zwei Becken, die durch einen Tunnel mit einer Sichtscheibe im Boden und einer über den Köpfen der Besucher miteinander verbunden sind.

Stolze Besitzer einer Wellenanlage - regelbar in 40 Stufen von sanftem Seegang bis zu Sturmstärke - sind die Seevögel. Prachteiderenten, Papageitaucher, Küstenseeschwalben und Co. leben in einer zehn Meter hohen Voliere. "Besonders die Papageitaucher finden die Wellen toll und stürzen sich hinein", sagt Tierpfleger Dave Nelde. Nur ein Vogel mag das Rauschen nicht: die bislang einzige Trottellumme. Sie ist leicht zu erkennen: schwarzer Kopf und Rücken, weiße Brust und bei Wellengang der einzige Tauchvogel, der (beleidigt) draußen steht.

Fehlen noch die Pinguine. Zu sehen sind 33 Humboldtpinguine, die nach drei Jahren im Ausweichquartier jetzt ein Leben im Luxus führen dürfen. Sie haben eine Wiese mit Nisthöhlen, einen Steinstrand, Felsen zum Klettern und ein tiefes Becken, in das sich die Tiere zunächst gar nicht hineintrauten, weil es ihnen so unheimlich war. Eine Ecke weiter öffnet sich die Tür in das Reich der antarktischen Pinguine.

Dank eines neuen Gehegekonzepts sind vier Königs- und 19 Eselspinguine bei einer konstanten Temperatur von sieben Grad nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören und zu riechen. Die Idee stammt von Projektleiter Hering-Hagenbeck, der die Tiere in Aktion zeigen will. Die Pinguine leben auf einer schmalen, dafür 35 Meter langen Anlage. Ihr Wohnzimmer ist eine Plattform, von der aus sie aus 1,50 Meter Höhe ins Wasser springen und 30 Meter schwimmen müssen, um an ihr Futter zu gelangen. Zurück müssen sie laufen. Ihr Weg führt über eine Eisrutsche, die die großen Könige vorsichtig hinabwatscheln, während die Eselspinguine mutiger sind und hinuntersurfen.

Andrea und Christian Rausch aus Schleswig gehörten mit ihren Kindern Johanna, 6, und Lutz, 3, zu den ersten Besuchern. "Wir sind begeistert", sagte sie, "die Tiere kamen alle ganz nah an die Scheiben."

Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) hatte ein Grußwort gesandt: "Auch künftig wird die Stadt an der Seite Hagenbecks stehen", hieß es darin. Die Stadt gab für den Eismeerbau 7,5 Millionen Euro. Tierparkchef Joachim Weinlig-Hagenbeck aber hob beschwichtigend die Hände: "Jetzt atmen wir erst mal durch. Keine neuen Großprojekte in den nächsten zwei Jahren."

Öffnungszeiten und Eintritt: Der Tierpark Hagenbeck in Stellingen (Haupteingang: Lokstedter Grenzstraße 2, Nebeneingang: Gazellenkamp) ist täglich geöffnet von 9 bis 19 Uhr. Der Eintritt kostet für Erwachsene 20 Euro, Kinder (4-16 Jahre) 15 Euro, eine Familienkarte (2 Erw.+ 2 Ki.) 60 Euro, weitere Infos im Internet unter www.hagenbeck.de