Vattenfall will die Kühltürme des Kohlekraftwerks bauen und die Klagen zurückziehen. Hamburg senkt im Gegenzug die Grenzwerte ab.

Hamburg. Der Energiekonzern Vattenfall und die Stadt Hamburg werden ihren fast zwei Jahre andauernden gerichtlichen Streit um den Betrieb des Kohlekraftwerks Moorburg am 17. September vor dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht (OVG) mit einem Vergleich beilegen.

Im Zuge dieser Einigung wird Vattenfall dann auch die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland vor der Weltbank zurückziehen. Beide Verfahren sind zurzeit wegen außergerichtlicher Verhandlungen ausgesetzt. Nun haben diese Gespräche zu einem Ergebnis geführt - einem Kompromiss, wie das Abendblatt erfuhr.

Es geht noch immer um die wasserrechtliche Genehmigung für das Kohlekraftwerk Moorburg und die darin enthaltenen Grenzwerte und Umweltauflagen. In der ursprünglichen wasserrechtlichen Genehmigung machte die Umweltbehörde (BSU) die Entnahme von Kühlwasser aus der Elbe vom ökologischen Zustand des Flusses abhängig. Dabei hätte Vattenfall die Leistung des Kraftwerks drosseln müssen, wenn der Sauerstoffgehalt der Elbe gering ist und die Wassertemperatur steigt. Für Vattenfall hätte das einen eingeschränkten Betrieb des Kraftwerks an geschätzt 250 Tagen pro Jahr bedeutet. Nun wird Vattenfall den Betrieb nur noch an wenigen Tagen im Jahr drosseln, an den anderen zu warmen Tagen einen Hybridkühlturm einsetzen, den Vattenfall für etwa 200 Millionen Euro bauen wird.

Zum Vergleich: Ohne Kühlturm entnimmt der Energiekonzern 64 Kubikmeter Wasser pro Sekunde aus der Elbe, mit Kühlturm nur noch einen Kubikmeter pro Sekunde. Kann das Kühlwasser ohne Kühlturm den Kühlkreislauf nur einmal durchlaufen, bevor es erhitzt wieder in die Elbe gepumpt wird, kann das einmal angesaugte Wasser mit Kühlturm den Kreislauf etwa fünfmal durchlaufen. Dies bringt für die Elbe ebenfalls eine deutliche Entlastung. Darum werde es in der neuen wasserrechtlichen Genehmigung auch deutlich angepasste Grenzwerte geben, heißt es aus verhandlungsnahen Kreisen.

Öffentlich bestätigen will Vattenfall bisher nur, dass sich der schwedische Konzern und die Bundesrepublik über den Weg geeinigt haben, wie sie das Verfahren vor dem internationalen Schiedsgericht der Weltbank in Washington beilegen werden. "Wir freuen uns darüber, dass wir uns hier verständigt haben", sagte Unternehmenssprecher Ivo Banek dem Abendblatt. Es sei auch aus schwedischer Sicht immer besser, sich "im Gespräch zu einigen, als sich vor Gericht zu treffen". Zum anstehenden Vergleich vor dem OVG heißt es aus der BSU nur: "Es haben Vergleichsgespräche stattgefunden, und wir sind auf einem guten Weg."

Schon jetzt steht aber der öffentliche Erörterungstermin für den Bau des Hybridkühlturms fest - am 20. September können Einwender in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt ihre Bedenken vorbringen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der zurzeit selbst noch eine Klage gegen das Kraftwerk Moorburg am OVG laufen hat, sagte zum bevorstehenden Vergleich. "Es war mehr als überfällig, dass Vattenfall seine aggressive Politik aufgibt und insbesondere die Klage vor der Weltbank gegen die Bundesrepublik Deutschland zurücknimmt", sagte BUND-Chef Manfred Braasch. Nun müssten aber auch erkennbare Vorteile für den Klima- und Gewässerschutz sichtbar werden - dabei habe sich das Unternehmen bislang nicht bewegt. Braasch hat "weiterhin starke Zweifel, dass mit Vattenfall der notwendige Umbau der Energieversorgung in Hamburg machbar ist".

Der Hamburger Naturschutzbund (Nabu) hat seine Kritik am geplanten Kohlekraftwerk in Moorburg erneuert. Der Nabu warnte die Umweltbehörde davor, die "Betriebsauflagen aufzuweichen und damit den Schutz der Elbe aufs Spiel" zu setzen. "Klimapolitisch bleibt das Kohlekraftwerk Moorburg eine Fehlinvestition", sagte der Nabu-Vorsitzende Alexander Porschke. "Es bleibt die Verantwortung der Umweltbehörde, wenigstens die Belastung der Elbe zu begrenzen. Eine Aufweichung der Auflagen darf es nicht geben."