Die Stadtteilinitiativen wollen am 12. September eine “deutliche Antwort auf die Ereignisse“ geben. Der Bezirk wägt noch ab.

Von Balkonen werden für gewöhnlich positive Dinge verkündet - die Gründung einer Republik etwa, die Ausreisemöglichkeit aus dem Ostblock gen Westen oder die Erringung einer Fußball-Meisterschaft. Was gestern in der Bürgerschaft von der Zuschauer-Empore in Richtung Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) "verkündet" wurde, dürfte ihm dagegen unruhige Stunden bescheren. "Herr Ahlhaus, im September gibt es noch ein Schanzenfest, stellen Sie sich schon mal drauf ein", brüllte ein junger Mann. Weil er keine Ruhe gab, verwies Bürgerschaftspräsident Berndt Röder (CDU) den Störer des Saales.

Der Mann ging schließlich freiwillig, doch die Debatte über die schweren Krawalle nach dem Schanzenfest am 4. Juli wurde ganz unfreiwillig zu einem Ausblick auf den 12. September. Dann, so stand es mittlerweile auf der Internetseite der Roten Flora, solle ein weiteres Schanzenfest stattfinden. Stadtteilinitiativen hätten entschieden, so "eine deutliche Antwort auf die Ereignisse" zu geben. Gemeint war der massive Einsatz der Polizei, die am 4. Juli mit 1800 Beamten auf die rund 1000 Randalierer reagiert hatte. Dabei war es nach dem friedlichen Stadtteilfest zu den bislang schwersten Krawallen nach einer derartigen Veranstaltung gekommen. Wie Ahlhaus in der Bürgerschaft sagte, seien dabei nicht nur 72, sondern mehr als 80 Polizisten verletzt worden. 86 mutmaßliche Gewalttäter wurden festgenommen. Auch eine unbekannte Zahl an Gewalttätern und Passanten kam zu Schaden.

Innenbehörde und Polizei reagierten gestern nach außen gelassen auf die als Provokation gemeinte Ankündigung der Rotfloristen. "Wir haben den Termin zur Kenntnis genommen. Aber es ist heute noch viel zu früh für irgendwelche Prognosen", sagte Marco Haase, Sprecher der Innenbehörde. Auch Polizeisprecher Ralf Meyer vermochte noch nicht zu sagen, wie die Sicherheitslage zu beurteilen ist: "Das ist noch zu weit hin." Intern geht man bei der Polizei allerdings davon aus, dass es wie in den Jahren zuvor zu Ausschreitungen kommen werde, wenn das Fest denn genehmigt werde. Die Ankündigung für den 12. September kam für den zuständigen Bezirk Altona unerwartet. "Das Fest im Juli war das Schanzenfest für dieses Jahr", sagte Andreas Grutzeck (CDU), Vorsitzender der Bezirksversammlung. Ob Altona noch ein Fest dulden werde, ließ er offen. "Das werden wir in Ruhe beraten." Die Entscheidung dürfte dagegen ausfallen. Aus dem Bezirk ist zu hören, dass man sich derartige Krawalle in der Schanze nicht noch einmal erlauben könne.

s Innensenator Ahlhaus ließ in der Bürgerschaft durchblicken, dass er erneut so hart durchgreifen lassen würde. "Die Strategie war richtig", von "erfolgreich" könne man angesichts der vielen Verletzten aber nicht sprechen. Andreas Dressel (SPD) warf die Frage auf, ob der Innensenator "den Bezug zur Realität verloren" habe, wenn er trotz der Eskalation der Gewalt den Polizeieinsatz lobe. Scharfe Kritik kam auch von der Linkspartei (Norbert Hackbusch: "Die Polizei ist aufgetreten wie eine Besatzungsarmee in feindlichem Gelände") und auch vom CDU-Koalitionspartner GAL: Viele Schanzen-Bewohner und Besucher des Festes, die unverschuldet in die Krawalle hineingezogen wurden, hätten eine "Ohnmacht gegenüber der Staatsgewalt" gespürt, sagte die Bürgerschaftsabgeordnete Antje Möller. Dabei müsse es doch das Ziel der Polizei sein, die Bürger zu schützen und Straftaten zu verhindern. Beides sei nicht gelungen.

Einig waren sich alle Fraktionen - auch Ahlhaus -, dass das eigentliche Schanzenfest friedlich war.