Die angeschlagene Baumarktkette Praktiker verringert die Verluste. Eine Umstellung auf das Konzept der Hamburger Tochter läuft bereits.

Hamburg. In Lüneburg läuft schon der Abverkauf. Alles muss raus, bevor der dortige Praktiker-Markt als eine der ersten Filialen auf das neue Konzept des Hamburger Schwesterunternehmens Max Bahr umgestellt werden kann. Statt Rabattaktionen soll es mehr Service und ein größeres Sortiment geben. Eine Station namens "Probier-Max" ist geplant, an der Kunden Bohrmaschinen testen können und einen Mitarbeiter namens "Pack-an-Max", der den Heimwerkern hilft, Bretter oder Fliesen in den Wagen zu hieven. Anfang Oktober soll der Umbau abgeschlossen sein.

Mit der Umstellung von insgesamt 120 Praktiker-Märkten auf das erfolgreichere Max-Bahr-Konzept will die Baumarktkette endlich raus aus den roten Zahlen. Noch aber steckt das Unternehmen in der Verlustzone fest. Im zweiten Quartal 2012 stand unterm Strich ein Minus von 20,5 Millionen Euro, wie der Konzern gestern mitteilte. Immerhin bewegt sich das saarländische Unternehmen, das gerade nach Hamburg umzieht, in die richtige Richtung. Im gleichen Quartal des Vorjahres war nämlich noch ein Minus von 307 Millionen Euro angefallen. Zu erklären ist dies vor allem durch den Wegfall von Sondereffekten. Weil der Vorstand auf den zunächst geplanten Stellenkahlschlag verzichtet, konnte er dafür vorgesehene Rückstellungen auflösen. Zudem verbuchte Praktiker eine kleine Steuererstattung, nachdem man vor Jahresfrist noch 58 Millionen Euro zahlen musste. Auch fielen Wertberichtigungen niedriger aus.

Beim Umsatz hat Praktiker den negativen Trend der Vormonate noch nicht umkehren können. Der Konzernumsatz sank zwischen April und Juni um 7,3 Prozent auf 887 Millionen Euro. "Die Entwicklung im zweiten Quartal entspricht dem allgemeinen Branchentrend in Deutschland", sagte Vorstandschef Kay Hafner. "Sie spiegelt eine temporäre Marktschwäche wider, keine spezifische Schwäche unserer Marken." Im Monat April habe die gesamte Branche wegen des schlechten Wetters zweistellig im Minus gelegen.

Die Marke Max Bahr war mit ihren derzeit 78 Filialen einmal mehr der einzige Lichtblick in der Gruppe. Bei leicht rückläufigen Umsätzen erhöhte sie den operativen Gewinn (Ebita) von 9,7 auf 14 Millionen Euro. "Die stabile und gute Ertragsentwicklung zeigt, wie richtig und wichtig die Entscheidung war, die Ausrichtung unseres Geschäftsmodells zu korrigieren und im Inland massiv auf den Ausbau von Max Bahr zu setzen", sagte Hafner. "Max Bahr ist einfach unsere ertragsstärkste Marke." Der Ausbau zur Hauptvertriebslinie schaffe die Voraussetzungen, dass der Konzern ab 2014 wieder Gewinne erwirtschafte.

Das Tagesgeschäft bei Praktiker läuft vor dem Hintergrund eines Tauziehens um die Finanzierung der Sanierung ab. Mehr als 200 Millionen Euro braucht der Konzern, um zu gesunden. Der deutsche Finanzinvestor Clemens Vedder ist bereit, sich mit einer Finanzspritze von 30 bis 100 Millionen Euro zu beteiligen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters hat sich am Abend die österreichische Fondsmanagerin Isabella de Krassny, die für die Großaktionäre Semper Constantia und Maseltov spricht, mit Vedder zusammengetan. Das Angebot würde geprüft, sagte ein Sprecher. Das Geld wäre eine Alternative zu dem Darlehen des US-Investors Anchorage, der Praktiker mit 85 Millionen Euro unter die Arme greifen will, dafür aber 17 Prozent Zinsen und Max Bahr als Pfand verlangt. Praktiker-Finanzvorstand Markus Schürholz hatte im Laufe des Tages betont, dass ihm kein offizielles Angebot Vedders vorliege. Sollte der Vorstand eines erhalten, prüfe er es. Die Verhandlung mit den Amerikanern befänden sich aber schon auf der Zielgeraden.