Die Baumarktkette ändert ihre Zukunftspläne. Der Sanierer Fox macht Platz für einen neuen Chef. Der Investor bringt 85 Millionen Euro ein.

Hamburg. Sein Abgang kommt früher als erwartet. Nach nur acht Monaten an der Spitze der Praktiker AG verlässt der Sanierungsprofi Thomas Fox überraschend den Vorstandssessel . Der ehemalige Chefsanierer von Karstadt hatte mit seinem Kollegen Josef Schultheis für die Baumarktkette offenbar zu ambitionierte Pläne - und konnte sich damit am Ende nicht beim Aufsichtsrat durchsetzen. Stattdessen setzt das Unternehmen auf eine deutlich günstigere Restrukturierung, die die Hamburger Konzerntochter Max Bahr und ihre traditionsreiche Marke bundesweit stärken soll. Den Chefposten übernimmt der Aufsichtsrat und Handelskenner Kay Hafner.

Ursprünglich hatte Fox für die Sanierung des Baumarktkonzerns 300 Millionen Euro veranschlagt. Mit dem Geld sollten die rund 234 Praktiker-Märkte in Deutschland umgebaut und als Discounterkette mit niedrigen Preisen fortgeführt werden. Doch gegen dieses Konzept stemmte sich seit Wochen der Großaktionär - die österreichische Privatbank Semper Constantia und das zypriotische Anlagehaus Maseltov, die gemeinsam 15 Prozent am Aktienkapital von Praktiker halten. Die Fondsmanagerin Isabella de Krassny soll sich dafür eingesetzt haben, dass statt des Billiganbieters Praktiker die hochpreisigere und gewinnbringende Hamburger Marke Max Bahr als zentrale Vertriebsschiene ausgebaut werden solle. Und die Frau setzte sich ganzoffensichtlich durch.

+++ Neuer Chef soll Praktiker aus der Krise holen +++

+++ Umzug der Praktiker-Zentrale nach Hamburg geht voran +++

Nach dem neuen Plan soll eine größere Anzahl Praktiker-Märkte auf Max Bahr umgestellt werden, die sich dann nach dem bewährten Prinzip an eine qualitäts- und serviceorientierte Kundschaft wenden soll. Gleichzeitig werden die verbleibenden Praktiker-Märkte weiter als preisaggressive Discounter im Markt positioniert. Wie viele Märkte konkret umgerüstet werden, steht nach Angaben von Praktiker-Sprecher Harald Günter noch nicht fest. Max Bahr betreibt derzeit 78 Filialen. Die Hauptaktionäre wollen den Umsatzanteil der Max-Bahr-Kette von jetzt 33 auf mehr als 55 Prozent steigern.

Für die nun beschlossene Sanierung werden rund 120 Millionen Euro veranschlagt - und damit deutlich weniger als im Ursprungsplan. Der Hauptanteil kommt mit 85 Millionen Euro von einem Investor, dessen Namen der Konzern aus dem saarländischen Kirkel gestern offiziell noch nicht nennen wollte. Bei dem Finanzier soll es sich nach Informationen der "Lebensmittelzeitung" um die New Yorker Finanzgruppe Anchorage Capital Group handeln. Weiteres frisches Geld erhalte das Unternehmen durch einen Kredit und eine Kapitalerhöhung auf Basis des bestehenden genehmigten Kapitals.

"Das neu justierte Geschäftsmodell stärkt das Erfolgsrezept von Max Bahr und schärft die Positionierung von Praktiker als Preis- und Kostenführer unter den deutschen Baumärkten", sagte Kersten von Schenck, Vorsitzender des Aufsichtsrats bei Praktiker. Es werde von dem Investor voll mitgetragen. Die Börse reagierte positiv. Nach dem deutlichen Kursverfall im vergangenen Jahr konnte die Aktie gestern gegen den allgemeinen Börsentrend zulegen und zwischenzeitlich ein Siebenwochenhoch von 1,93 Euro erklimmen.

+++ "Max Bahr light" funktioniert nicht +++

Auch die Mitarbeiter sehen die Pläne positiv. Insbesondere in Hamburg, wo einst die Wiege von Max Bahr stand. "Für Max Bahr ist die neue Strategie eine positive Riesenherausforderung", sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Max Bahr, Ulli Kruse, dem Abendblatt. "Wir freuen uns, dass das Konzept von Max Bahr ausgeweitet wird. Wichtiger aber ist, dass der ganze Konzern mit dem neuen Investor eine Perspektive bekommt. Entscheidend wird auch sein, dass die Praktiker-Mitarbeiter für das veränderte Konzept gewonnen werden und dass es dann gemeinsam umgesetzt wird."

Noch ist das neue Modell kein Selbstgänger. So zweifelt die Analystin Marie-Therese Gruebner vom Bankhaus Hauck & Aufhäuser, ob die Max-Bahr-Kette nach der Umwandlung angesichts der Überkapazitäten im Baumarktsektor weiterhin so profitabel bleibt wie bisher. Die Umwandlung großer Praktiker-Läden in Max Bahr sei zudem keine einfache Aufgabe, meint der Commerzbank-Analyst Jürgen Elfers. Hierfür müssten die Mitarbeiter intensiv geschult werden. Positiv bewerten die Analysten jedoch, dass die Sanierung deutlich günstiger ausfalle.

Für den Standort Hamburg ändere sich nichts. "Der geplante Umzug der Konzernzentrale von Kirkel nach Hamburg wird nicht tangiert", sagt Sprecher Günter. In das elfstöckige Gebäude in Hammerbrook sollen bis Ende September 400 bis 500 Beschäftigte einziehen. Die Max-Bahr-Zentrale an der Wandsbeker Zollstraße bleibe vorerst noch erhalten. Für die neue Zentrale würden derzeit noch gut 100 Mitarbeiter gesucht. In den 13 Hamburger Filialen arbeiten wiederum rund 580 Kräfte.

Das Team Thomas Fox und Josef Schultheis schied gestern unterdessen vereinbarungsgemäß aus dem Vorstand aus, stehe dem Konzern aber weiter beratend zur Verfügung, hieß es. Fox sei nie an der langfristigen operativen Führung der Baumarktgeschäfte interessiert gewesen, sondern sah seine Aufgabe in der Sanierung. Auch der neue Praktiker-Chef dürfte nach Brancheneinschätzung nur eine Übergangsbesetzung sein, bis ein endgültiger Vorstand für den Konzern gefunden wird.