Als erster Versicherer beschließt Hanseatische Krankenkasse (HEK) Erstattung der zehn Euro. Auch TK fordert ein Ende der Abgabe.

Hamburg. Als erste gesetzliche Krankenkasse schafft die Hanseatische Krankenkasse (HEK) für ihre 400.000 Versicherten die Praxisgebühr von zehn Euro im Quartal bei Zahnarztbesuchen de facto ab. Der HEK-Verwaltungsrat beschloss, den Patienten das Geld im Rahmen eines Bonusprogramms rückwirkend zum 1. Januar zu erstatten.

"Wir gehen voran und machen deutlich, dass wir die Forderungvon Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) und der Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) unterstützen", sagteder HEK-Verwaltungsratschef Horst Wittrin. Allerdings muss das Bundesversicherungsamt noch zustimmen. Die Praxisgebühr war 2004 zur Finanzierung der klammen Kassen eingeführt worden und sollte die Zahl der Arztbesuche (im Schnitt pro Versichertem etwa 17 im Jahr) senken helfen. Sie habe jedoch keinerlei Steuerungsfunktion und verursache unnötige Bürokratiekosten, erklärte Wittrin. "Wer Zahnschmerzen hat, soll zusätzlich nicht auch noch finanziell belastet werden."

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Als erster Kassenchef forderte zudem der neue Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse (acht Millionen Versicherte) die generelle Abschaffung der Praxisgebühr. TK-Chef Jens Baas sagte im Abendblatt-Interview: "Das würde die Versicherten und Patienten unmittelbar entlasten. Es war eine politische Entscheidung, die Praxisgebühr einzuführen, und ihre Abschaffung wäre ebenso eine politische Entscheidung. Allerdings muss die Politik in wenigen Jahren, wenn die Finanzsituation des Gesundheitsfonds und der Krankenkassen nicht mehr so erfreulich ist wie heute, die Antwort darauf geben, wie die dann fehlenden zwei Milliarden Euro, die die Praxisgebühr bringt, gegenfinanziert werden sollen."

Baas warnte, dass schon 2014 einige finanzschwache Kassen wieder Zusatzbeiträge erheben werden: "Für 2013 rechnen wir für die gesetzliche Krankenversicherung insgesamt noch mit einem ausgeglichenen Ergebnis, 2014 wird das System voraussichtlich wieder rote Zahlen schreiben." Die derzeitigen Milliardenüberschüsse der Kassen rührten auch daher, dass die Bundesregierung den Einheitsbeitrag von 15,5 Prozent vom Bruttoeinkommen zu hoch angesetzt habe, so Baas. Außerdem habe sich die Wirtschaft besser entwickelt, die Sparmaßnahmen bei den Arzneimitteln hätten gegriffen.

+++ Zehn Euro und sehr viel Bürokratie +++

+++ Kassen wollen Überschüsse behalten +++

Dennoch weigert sich der TK-Chef, Prämien an die Versicherten auszuzahlen. Dazu will Gesundheitsminister Bahr die finanzstarken Kassen zwingen. Baas sagte: "Die Höhe einer Prämie und was davon beim Mitglied ankommt, wird häufig überschätzt - zumal der Empfänger sie noch versteuern muss. Von 100 Euro bleiben dann vielleicht 70 Euro übrig. Außerdem müssen wir den ausgezahlten Betrag an die Finanzämter unserer Kunden melden, und wenn das Mitglied dann vergisst, die Prämie in seiner Steuererklärung anzugeben, droht ihm Ärger." Die TK will stattdessen mit den Finanzreserven das Angebot für ihre Versicherten verbessern.