Stattdessen denken sie über neue Leistungen für die Versicherten nach

Hamburg. Auf gut elf Milliarden Euro an Reserven sitzen die etwa 145 gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland. Davon müssten eigentlich die Beitragszahler, die Versicherten profitieren. Schließlich sind Krankenkassen keine Sparkassen. Doch einige wie die DAK (Nummer drei bundesweit nach der Zahl der Versicherten) haben gerade erst den Zusatzbeitrag von acht Euro im Monat abgeschafft und kämpfen wacker gegen weiter steigende Ausgaben für medizinische Leistungen. Andere wie die in Hamburg beheimatete Techniker Krankenkasse (TK; Nummer zwei nach dem Branchenführer Barmer GEK) sitzen auf unerwarteten Finanzpolstern.

Wie der neue Vorstandschef der TK, der Mediziner Dr. Jens Baas, 45, dem Abendblatt sagte, prüft die Kasse neue Leistungen für ihre acht Millionen Kunden. "Wir haben ja schon zum Jahresbeginn unsere Leistungen deutlich erweitert - Stichworte sind Osteopathie und Naturarzneimittel. Jetzt kommen Zuschüsse zu sportmedizinischen Untersuchungen, wir erweitern die Haushaltshilfe und verbessern die Situation von Lebendorganspendern. Generell glauben wir: Gezielt in Gesundheitsvorsorge und die Gesunderhaltung der Versicherten zu investieren ist sinnvoll und zahlt sich aus."

Von einer Prämie hält Baas nichts. Sie wäre eine Option, die Finanzreserven zu nutzen. Aber von beispielsweise 100 Euro einmaliger Prämie blieben nur 70 beim Versicherten. Außerdem müssten dafür extra Konten eingerichtet und die Finanzämter informiert werden. Diese Bürokratie nutze weder Versicherten noch Versicherung. Wenn die Lage im Gesundheitswesen wieder angespannter und die Finanzlücken größer werden, will Baas lieber die Zusatzbeiträge vermeiden, die bei anderen Kassen zu einem Massenexodus von Mitgliedern geführt haben. Baas sagte: "Die Finanzausstattung des Gesundheitsfonds und der Krankenkassen ist im Moment auch deshalb so positiv, weil der Einheitsbeitragssatz zu hoch festgesetzt worden ist und sich die Wirtschaft besser entwickelt hat als angenommen - aber auch, weil Maßnahmen der Regierung zur Dämpfung des Kostenanstiegs vor allem im Arzneimittelbereich gut gegriffen haben. So wird die Lage aber nicht bleiben. Schon bald wird die Schere zwischen der Entwicklung der Einnahmen und der Ausgaben wieder auseinandergehen, die Anfänge sehen wir ja bereits."

Im nächsten Jahr - wenn im September die Bundestagswahl stattfindet - werde das Ergebnis der Krankenkassen noch ausgeglichen sein. Schon für das Jahr 2014 rechnet Baas aber wieder mit Zusatzbeiträgen bei einigen Krankenkassen. "Wenn die Techniker Krankenkasse dank vorhandener Reserven keinen Zusatzbeitrag erheben muss, nutzt das unseren Mitgliedern", ist sich Baas sicher.

Das gesamte Interview mit dem neuen Vorstandsvorsitzenden der Techniker Krankenkasse auf abendblatt.de