Wilfried M. soll mindestens elf Autos angezündet haben. Die Polizei will ungeklärte Fälle von Brandstiftung auf mögliche Zusammenhänge überprüfen.

Hamburg. Scheiben zerbarsten, Flammen schlugen aus den zerbeulten Wracks. Drei an der Claudiusstraße (Marienthal) geparkte hochwertige Autos - zwei Mercedes und ein BMW - brannten aus. Wilfried M., der mutmaßliche Serienbrandstifter, packte einen leeren Benzinkanister in sein Auto und fuhr davon.

Doch der 55-jährige Arbeitslose, der zuvor mehrmals in der Nähe brennender Autos gesehen worden war, wurde am vergangenen Mittwoch von Zivilfahndern observiert. Bei einer Überprüfung in St. Georg schnappte die Falle zu. Polizisten fanden den leeren Kanister in seinem Auto, dann nahmen sie Wilfried M. fest. Mindestens elf abgefackelte Autos, so die Polizei, sollen auf sein Konto gehen. Die Beamten sind indes zuversichtlich, ihm sogar bis zu 30 Brandanschläge nachweisen zu können. "Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren", sagte Polizeisprecher Holger Vehren. "Es müssen zahlreiche Spuren ausgewertet werden."

Seit Donnerstag sitzt Wilfried M. in Untersuchungshaft. Er streitet die Taten weiterhin ab. Und damit bleiben auch die Motive des mutmaßlichen Serienbrandstifters schleierhaft. Die Polizei geht davon aus, dass der im Leben Gescheiterte aus Hass auf die Gesellschaft zündelte - so wie der 27 Jahre alte Arbeitslose, der im Oktober eingeräumt hatte, in Berlin mehr als 100 Autos in Brand gesetzt zu haben. Als Motiv gab er "Sozialneid" und "Frust" an.

"Bei diesem Tätertypus dominiert häufig das Bedürfnis, Macht auszuüben oder einen Thrill zu erfahren", sagt der Darmstädter Kriminalpsychologe Jens Hoffmann. "Dabei handelt es sich um Menschen, die sich notorisch unterlegen und von der Gesellschaft ausgegrenzt fühlen. Die Rechtfertigung für solche Anschläge beziehen sie aus dem selbstgerechten Gefühl, das 'Schweinesystem' zu bekämpfen. Es sind Taten, die Identität stiften, und gerade wenn sie öffentliche Aufmerksamkeit erregen, den Tätern ein Gefühl von Erhabenheit vermitteln." Dass es Wilfried M. um Macht ging, glaubt auch Hoffmanns Kollege Professor Christian Pfeiffer. "Solche Täter wollen die Puppen tanzen lassen, ihre eigene Ohnmacht durch Macht kompensieren. Und es ist ein berauschendes Machtgefühl, wenn sie erfahren, welche Wirkungen ihre Taten haben und welche öffentliche Aufmerksamkeit sie erregen."

+++ Harte Arbeit zahlt sich aus +++

+++ Auch wer "Schmiere" steht, wird wie ein Täter belangt +++

Nachbarn beschreiben den offenbar psychisch labilen Mann, der in einer vermüllten Luruper Wohnung haust, als unberechenbar, ungepflegt und aggressiv. Dort hortete er neben Brandbeschleunigern und scharfer Munition mehr als 100 Videos, die nun von der Polizei ausgewertet werden. Einige Filme sollen das Thema Brandstiftung verherrlichen. Zudem stellten die Beamten Privataufnahmen sicher - es sei nicht ausgeschlossen, dass Wilfried M. seine Brandanschläge filmisch dokumentiert hat. Auch ein Video über einen Wohnhausbrand am Schreyerring im Mai 1998 wurde beschlagnahmt.

In Ermittlerkreisen wird bereits diskutiert, ob der mehrfach vorbestrafte Mann nicht nur Autos angezündet hat, sondern auch für andere Brandstiftungen in Lurup infrage kommt. 2009 und 2010 verübte der "Feuerteufel von Lurup" etliche Brandanschläge in dem Stadtteil - 60 allein zwischen Januar und April 2009. Polizeisprecher Vehren: "Wir werden alle nicht aufgeklärten Fälle von Brandstiftung prüfen, ob sie im Zusammenhang mit dem Verdächtigen stehen."