Hagenbeck-Kolumne feiert Jubiläum: Der Adlerrochen im Tropen-Aquarium ist trotz Donald-Duck-Nase zu äußerst eleganten Manövern fähig.

Hamburg. Er kam, sah - und wollte nicht. Wollte einfach nicht rausschwimmen aus dem kleinen Eingewöhnungsbecken in die (fast) unendliche Weite des großen Hai-Atolls, sodass am Ende nur sanfter Druck half. Wie unlängst der verirrte Pinguin Happy Feet, der von Wissenschaftlern in Neuseeland aufgepäppelt wurde und bei seiner Auswilderung regelrecht von Bord des Schiffes geschubst werden musste, musste auch Max handfest zum Umzug aufgefordert werden. So bezog er sein neues Zuhause aus einem Kescher heraus - und begeistert seitdem die Besucher in Hagenbecks Tropen-Aquarium mit seinen Unterwasser-Flugeinlagen.

Dr. Guido Westhoff kommt aus dem Schwärmen gar nicht wieder heraus. "Max ist ein Unterwasserflieger in Perfektion, das sieht einfach ganz, ganz großartig aus", sagt der Biologe und Leiter des Tropen-Aquariums, wenn man ihn auf den Adlerrochen anspricht. Insgesamt drei der eleganten Tiere sind in Stellingen zu sehen: Max kam im Januar dieses Jahres nach Hamburg, die beiden Damen folgten im April. Alle stammen aus dem Burgers' Zoo im niederländischen Arnheim. "Das ist einer von sechs Zoos weltweit, die Gefleckte Adlerrochen nachzüchten", erzählt Westhoff. "Als die damit anfingen, haben wir uns gleich auf die Liste setzen lassen, um Nachwuchstiere zu bekommen."

+++ 100 Tiere in zwei Büchern +++

Kein Wunder, dass diese begehrt sind: Adlerrochen gehören zu den beeindruckendsten Tieren der Meere. Die Rochen bewegen sich mit einem langsamen Schlag ihrer Brustflügel fort und erinnern damit an das elegante Flugbild großer Vögel. Taucher können Aetobatus narinari, so sein wissenschaftlicher Name, in allen tropischen und fast allen subtropischen Meeren beobachten. Allerdings sind sich die Forscher noch nicht ganz sicher, ob es sich überall wirklich um die gleiche Art handelt, da die Populationen in den weit entfernten Gebieten sich genetisch nicht sonderlich ähnlich sind.

Optisch besticht der Gefleckte Adlerrochen, das verrät bereits sein deutscher Name, unter anderem durch seine hell gepunktete Oberseite. "Die gefleckte Zeichnung, die unter Wasser hellblau erscheint, ist besonders intensiv am hinteren Rand, und alle Tiere tragen ein individuelles Muster. Dadurch kann man sie gut unterscheiden", verrät Guido Westhoff. Aber auch die blendend weiße Unterseite, eine Flügelspannweite von bis zu 2,50 Metern, ein langer, peitschenartiger Schwanz und die lustige Donald-Duck-Nase machen den Rochen zu einem echten Hingucker.

Die hervorstehende Schnauze mit der konkaven Oberseite ist keine Laune der Natur, damit Zeichentrickfilme eine geeignete Vorlage finden. Sondern ein ausgeklügeltes Organ. "Beim Fressen machen die Rochen, wie alle Knorpelfische, ihre Nase richtig breit; sie falten sie ein wenig auseinander", sagt Guido Westhoff. Der Sinn: In ihr befinden sich Elektrorezeptoren, mit denen die Tiere Beute aufspüren und sich orientieren können. Und das ist während des Fressens besonders wichtig, denn dann sehen Rochen und Haie für einen kurzen Moment nichts mehr.

Doch zum Fressen kam Max anfänglich gar nicht: Dem erst sechs Monate alten Adlerrochen jagten die 22 Goldmakrelen im Hai-Atoll immer das Futter ab. "Ein rüpelhafter Haufen, die haben Max anfänglich auch in die Flossen gebissen", erinnert sich Westhoff. Als die Makrelen ihr Interesse an dem Neuankömmling verloren, heftete sich ein junger Schwarzspitzenhai Max an die Flossen. Doch dem entkam der Rochen durch wendiges Hakenschlagen. Sicherheitshalber zogen die Tierpfleger ein Netz über das große Becken - Adlerrochen sind dafür bekannt, gerne einmal aus dem Wasser zu springen.

Seitdem ist Ruhe eingekehrt. Und Max hat an Selbstbewusstsein gewonnen: Nicht nur, dass er entspannt seine Bahnen im oberen Teil des Beckens zieht und sich zweimal täglich Sardinen, Tintenfisch, Seelachs und Garnelen schmecken lässt (von den Tierpflegern gefüttert, nicht von Max erjagt). Er ist auch so neugierig geworden, dass er den Tauchern "die Ohren anknabbern" würde, wie Westhoff sagt, wenn diese nicht aufpassten.

Und auch, wenn er seine anfänglichen 59 Zentimeter Spannweite und drei Kilogramm Gewicht bereits "gut ausgebaut" habe, ist an eines bei Max und den etwas kleineren Weibchen noch nicht zu denken: Sex. "Dafür sind sie noch zu jung", sagt Westhoff. Schade eigentlich, sind Gefleckte Adlerrochen doch wie die meisten Rochen lebendgebärend - in einer ganz speziellen Form: Sie produzieren ganze Eier mit Dotter, die sie jedoch nicht ablegen. Die Jungtiere entwickeln sich im Mutterleib und werden von der Mutter über ein Plazenta-ähnliches Organ mit Nährstoffen versorgt. Nach zehn bis zwölf Monaten Tragzeit kommen die jungen Rochen zur Welt, mit dem Schwanz voran.

Bis dahin ist es bei Hagenbeck noch weit. Solange muss es der andere Max mit dem Rochennachwuchs richten - Max Janse, der Kurator von Burgers' Zoo, nach dem der Hamburger Unterwasserflieger benannt ist.

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