Zum 100. Geburtstag des Alten Elbtunnels sollen einen Tag lang wieder Kutschen durch die Röhren fahren. Donnerstag war Generalprobe.

St. Pauli. Wahrscheinlich hätten sich die Hafenarbeiter, auf dem Weg zur Arbeit durch den Alten Elbtunnel, vor 100 Jahren über dieses Szenario schlapp gelacht: Ein Dutzend Journalisten, fünf Helfer vom Reiterhof und etliche Passanten mit Fotoapparaten beobachten gebannt, wie ein Pferdegespann in den Tunnelaufzug gelenkt wird, hinunterfährt und anschließend durch die Tunnelröhre von St. Pauli aus nach Steinwerder rollt. Die Hafenarbeiter von früher hätten sich gewundert, was daran so besonders sein soll. Denn der Alte Elbtunnel wurde 1907 eigens so gebaut, dass eine Pferdekutsche mit aufgeständerter Peitsche in den Aufzug, der in den Tunnel hinabfährt, passt. Die Pferdefuhrwerke transportierten lange Zeit schwere Lasten von der einen auf die andere Elbseite.

Ob Kutscher und Pferde immer noch ohne Weiteres in den Fahrstuhl steigen und durch die engen Röhren fahren können, sollte gestern getestet werden. Zum ersten Mal nach Jahrzehnten fuhr eine Kutsche durch die 426,50 Meter lange Tunnelröhre. Der Grund für die Zeitreise: Am 7. September 1911 wurde der Alte Elbtunnel eingeweiht. Zum 100. Geburtstag, den die zuständige Hamburg Port Authority zwischen dem 7. und 11. September feiert, sollen Tunnel-Kuschfahrten angeboten werden.

Andreas Haas vom Eichenhof in Duvenstedt ist ein erfahrener Kutscher. Seit 27 Jahren schon ist er Gespannwagenfahrer. Und doch hatte der Alte Elbtunnel für ihn so ein paar Tücken: Als er die Stuten Freya und Anna in den Aufzug lenkt, bleibt das 8,30 Meter lange Gespann an der Bordsteinkante zum 2,20 Meter breiten Aufzug hängen. Gut, dass die Stuten - 23 und 15 Jahre alt - erfahrene Kutschpferde sind. "Sie sind gelassen wie ein 70 Jahre alter Mensch", sagt Haas. Zwar sträuben sich die Pferde zunächst noch, den Fahrstuhl zu betreten, aber gutes Zureden hilft. Die Mädchen Lara und Joanne vom Eichenhof begleiten die Stuten, gehen neben ihnen her und beruhigen sie mit Streicheleinheiten, Stimme sowie mit Möhren und Peletts.

Freya und Anna machen ihre Sache sehr gut. Sie sind entspannt. Das erkennt der Pferdefreund an den aufgerichteten Ohren der Tiere. Kutscher Haas: "Sie sind aufmerksam und neugierig, aber nicht besonders nervös." Schließlich seien die Pferde an Unruhe, Verkehr und viele Menschen gewöhnt: "Wir fahren häufig auf sechsspurigen Straßen, wenn wir als Hochzeitskutsche am Michel unterwegs sind", sagt Haas. Vor dem Traktor auf dem Hof zu Hause in Duvenstedt, sagt der 46-Jährige, hätten die Vierbeiner mehr Angst.

"So, Mäuse! Kommt!" Ein bisschen Antreiben und schon gehen die Pferde los. Die Braune und der Fuchs sind keine reinrassigen Kaltblüter, haben aber Kaltblut. "Diese Pferde sind gut für die Kutsche geeignet, weil sie eine breite Brust zum Ziehen haben", so Haas.

Während das Lenken in den Aufzug für den Kutscher schwierig ist und er beim nächsten Mal einen größeren Bogen schlagen muss, ist der Gang durch den Tunnel überhaupt kein Problem. Mit einer Fahrbahnbreite von 1,92 Metern bleibt dem Gespann mit 1,65 Metern Spurbreite ausreichend Platz. Wenn sich professionelle Kutscher finden, plant die Hamburg Port Authority kostenpflichtige Kutschfahrten durch den Tunnel am Sonnabend, 10. September. Außerdem bleibt der Tunnel vom 7. bis 11. September für den Autoverkehr geschlossen. Auf der Steinwerder Seite wird es in dieser Zeit eine Ausstellung zur Historie des Alten Elbtunnels geben, außerdem Kunst und Kultur sowie ein Kinderprogramm.