Zur 100-Jahr-Feier 2011 soll das Ingenieurs-Meisterwerk wieder aussehen wie bei der Eröffnung. Während der Bauzeit gilt wechselnde Einbahnstraßen-Verkehrsführung.

Bei seiner Eröffnung 1911 galt der Elbtunnel an den Landungsbrücken als technische Sensation, ein Meisterwerk der modernen Ingenieurskunst. Nun steht eine Art Meilenstein in der langjährigen Renovierung des historischen Bauwerks bevor: die komplizierte Sanierung der beiden, rund 400 Meter langen Röhren unter der Elbe. Die Arbeiten dazu sollen nach Information der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) in den nächsten Tagen europaweit ausgeschrieben werden. Ende des Jahres, voraussichtlich im November, soll dann Baustart sein.

Damit der Tunnel aber während der etwa vierjährigen Röhren-Sanierung nicht komplett für Fußgänger und Autofahrer gesperrt werden muss, hat sich die HPA jetzt zu einer Verkehrsführung wie bei der Sierichstraße entschieden: Jeweils eine der beiden Röhre soll demnach für Fußgänger, Fahrradfahrer und Pkw immer geöffnet bleiben - während in der andern Bauarbeiter alte Kacheln und Beton heraushämmern. Für Pkw-Fahrer gilt dann aber voraussichtlich nur eine Einbahnstraßen-Regelung. Das bedeutet: Morgens können Pkw von den Landungsbrücken Richtung Hafen nach Steinwerder im Tunnel fahren. Dann wird gewechselt - und zum Abend rollt der Fahrzeugverkehr von Steinwerder zur Innenstadt. "Wir passen uns damit dem Berufsverkehr an, der diesen Weg gern nutzt", sagt Tunnel-Betriebsleiter Jörg Philipps (46). Rund 1000 Fahrzeuge (Zwei Euro eine Fahrt) passieren den Alten Elbtunnel heute noch täglich, fahren in den großen Fahrstühlen 24 Meter hinunter und rollen dann auf einer Fahrbahn, die eigentlich einmal für Pferdekutschen konzipiert wurde. Gut 4,5 Meter hoch ist daher hier die Decke, damit seinerzeit auch aufgesteckte Pferdepeitschen noch hindurch passten. Dafür ist die Fahrbahn aber nur 1,90 Meter breit, genug für große Kutschen von damals, recht schmal aber für manche breite Luxuskarosse von heute: Immer wieder lässt daher schon einmal jemand unfreiwillig eine Radkappe zurück. Zehn und mehr sind es im Monat, heißt es bei den noch immer uniformierten Tunnel-Wächtern.

Diese historische Konstruktion ist es aber auch, die nun eine Röhren-Sanierung des seit 2003 unter Denkmalschutz stehenden Tunnels notwendig macht. Vor einigen Jahren waren Ausblühungen auf den Kacheln entdeckt worden. Sichtbares Zeichen für Wasser, das offenbar in die Konstruktion dringt. Bei Probeöffnungen haben Fachleute dann die Ursache entdeckt: Die Bleidichtung der alten genieteten und stählernen Tunnelsegmente ist teils korrodiert und lässt offensichtlich mehr Feuchtigkeit eindringen als gewünscht. Gefährdet sei die Konstruktion aber nicht. Tunnelchef Philipps: "Das ist absolut sicher - zumal 1982 noch von außen ein Stahlbetonmantel draufgekommen ist."

Dieser Mantel war seinerzeit notwendig geworden, weil das Elbfahrwasser darüber tiefer gebaggert, die Überdeckung daher geringer wurde und die Gefahr bestanden hätte, dass das Bauwerk auftreibt, wie Philipps sagt. Der alte Tunnel selbst hätte eine solche Betonhilfe zuvor nicht nötig gehabt: Immerhin galt die Tunnelbaustelle auch schon in den vier Jahren Bauzeit bis 1911 als technisch modern und sicher: Im Prinzip wie bei Tunnelbauten heute auch, wurden die Röhren schon im Schildvortriebsverfahren gegraben. Damals war das ein weltweit erst sehr selten praktiziertes und hochmodernes Verfahren.

Unter Überdruck brachten bis zu 4400 Arbeiter die Stahlelemente ein, dichteten sie mit Blei ab und verputzten die Röhren von innen mit einem grobporigen Dränage-Beton, in dem eindringendes Wasser zu einem Pumpensumpf abfließen kann. "Hundertprozent dicht ist ein Tunnel auch heute nicht", so Philipps. Allerdings hatte der Überdruck eine gefährliche Tücke: Ein zu schneller Druckwechsel beim Ausstieg konnte zur gefährlichen und 1911 noch nicht vollständig erforschten Taucherkrankheit führen, bei der im Körper Stickstoffbläschen ausperlen. Vier Arbeiter starben seinerzeit daran - obwohl die Baustelle von Ärzten betreut wurde. Mit Hunden, einem Affen und einem Papagei wurde der Druckausgleich zudem getestet. "Das war für damalige Verhältnisse eigentlich eine vorbildliche Baustelle", sagt Philipps. Doch wie stark damals der Glaube an die technische Machbarkeit, an Ingenieurskunst und Überwindung der Naturkräfte war, lässt sich dank der Sanierung auch bald wieder ablesen im Tunnel: Denn seit 1994 werden auch die beiden Schachtgebäude etappenweise saniert und dabei alte Reliefs wieder rekonstruiert: Sie stellen beispielsweise die Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft dar. Immer kombiniert mit den technischen Neuerungen der damaligen Zeit: Mit einem Zeppelin in der Luft etwa, oder auch einem U-Boot im Wasser.

Auch von außen erhält der Tunnel viel von seinem ursprünglichen Aussehen wieder zurück: Das Gebäude an den Landungsbrücken bekam beispielsweise kürzlich eine neue Kuppel und eine neue Fassade, beides ist noch hinter Bauplanen und einem Gerüst versteckt, die in zwei Monaten abgebaut werden sollen. Insgesamt hat die Sanierung bereits 15 Millionen Euro verschlungen. Wie teuer die Röhren-Sanierung wird, ist indes noch offen: Nur eines ist klar, sagt HPA-Sprecherin Karin Lengenfelder: "Hinterher wird alles wieder aussehen wie bei der Eröffnung 1911."