Die Werft Blohm + Voss beginnt mit dem Bau von Marineschiffen. Der Verkauf an Abu Dhabi Mar soll “bis Ende Juni“ durch sein. Ein Ortstermin.

Hamburg. In der Kabine der Laserschweißanlage in der Schiffbauhalle drei drückte Reinhard Schütte, Vizepräsident des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung, gestern auf den entscheidenden Knopf. Der Brennkopf der Anlage setzte sich in Bewegung und schnitt mit 2000 Grad Hitze gut 20 Zentimeter lange Seitenrisse der neuen Fregatte F125 aus einer Stahlplatte.

Die Erinnerungsstücke, die gestern die 200 Gäste von Blohm + Voss mit nach Hause nehmen konnten, sind ein Symbol. Hamburgs Traditionswerft baut nach zehn Jahren wieder an neuen Marineschiffen und kommt damit aus der Auftragsflaute.

Das Auftragsvolumen von mehr als 2,9 Milliarden Euro bedeutet für die Werft eine "Grundauslastung für sieben Jahre", sagte Hans Christoph Atzpodien, Chef der Holding ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS), zu der Blohm + Voss zählt.

Für den immer noch krisengeschüttelten deutschen Schiffbau gibt es weitere positive Auswirkungen. Auch der Blohm+Voss-Partner, die Bremer Lürssen Werft, profitiert und die Peene-Werft in Wolgast wird im Stahlbau zuliefern.

Insgesamt werden die vier Fregatten für die Deutsche Marine allein im Schiffbau rund 500 Arbeitsplätze sichern, schätzt das Bundesamt. Die meisten davon sind in Hamburg angesiedelt, wo bis Ende 2018 alle vier Schiffe ausgerüstet und endmontiert werden. "Wir sind stolz auf diesen Tag", sagte Atzpodien.

Allerdings fehlt zur weiteren Absicherung von Blohm + Voss noch die Einigung mit Abu Dabi Mar (ADM) , an die ThyssenKrupp den Großteil seines Schiffbaus in Hamburg sowie die zivilen Aktivitäten in Kiel verkaufen will. "Derzeit fehlt uns nur noch eine Regelung mit den Arabern über die finanziellen Garantien für neue Aufträge. Dann können wir unterschreiben", sagte der TKMS-Chef. Daher sei ein Abschluss bis Ende Juni realistisch.

Mit dem Eignerwechsel würden zudem die Chancen für einen neuen Auftrag für eine Megayacht steigen. Er könne ebenfalls "vielleicht schon bis zur Jahresmitte" hereingeholt werden.

Auch bei einem Marineauftrag aus dem Ausland liege man "gut im Rennen". Gelingt der Abschluss, wäre dies der erste Erfolg im internationalen Geschäft für Blohm + Voss seit elf Jahren, als Südafrika Korvetten aus Hamburg bestellt hatte.

Auch bei der neuen Fregatte sehen Bundesamt und Marine Exportchancen. Dabei geht es zunächst um die mit Atlas Elektronik entwickelte Feuerleittechnik sowie ein neues Radarsystem. Das Schiff, das vor allem auf die künftig zu erwartenden multinationalen Einsätze in Krisengebieten wie am Horn von Afrika zugeschnitten ist, steht zudem für ein neues Konzept.

Dazu gehört die robustere Technologie, die den ununterbrochenen Einsatz des Schiffes ohne Instandhaltung über zwei Jahre statt wie bisher über neun Monate möglich machen soll.

Weil damit auch weniger Wartungsarbeiten an Bord anfallen, kann die Besatzung auf 120 gegenüber 235 Mann bei der Vorgängergeneration F124 gesenkt werden. Gleichzeitig ist bei den neuen Schiffen Platz für 70 Mann Spezialkräfte, es gibt erstmals an Bord vier mehr als 30 Knoten (knapp 60 km/h) schnelle Speedboote, mit denen Piraten gejagt werden können.

Für die neuen Schiffe werden erstmals zwei Besatzungen für jede der vier Fregatten ausgebildet, die sich künftig "in einem festgelegten Rhythmus untereinander ablösen sollen, während das Schiff im Einsatzgebiet bleibt", wie der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Axel Schimpf, sagte. Weil dadurch zeitraubende Fahrten zum Zielgebiet entfallen, werden die Besatzungen künftig nicht mehr so lange von ihren Familien getrennt sein.

Darin sieht Schimpf einen Trumpf, mit dem vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung um Nachwuchs geworben werden kann. "Nur wenn es gelingt, junge Menschen für den Dienst in der Marine zu gewinnen, ist die personelle Einsatzfähigkeit zu gewährleisten", sagte Deutschlands höchster Marine-Offizier.

Dass der lang laufende Auftrag aufgrund fehlender Mittel des Bundes wieder reduziert werden könnte, sieht Bundesamts-Vizepräsident Schütte nicht. "Die Marine braucht die Fregatten." Blohm + Voss würde in jedem Fall eine Kompensationszahlung erhalten. Klar ist: Obwohl Zulieferungen auch aus den USA, Kanada, Frankreich und den Niederlanden kommen, profitieren zu 90 Prozent deutsche Unternehmen von dem Auftrag.

"Der Schiffbau wirkt sich so belebend auf die gesamte deutsche Wirtschaft aus", sagte der Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch. Bei der Hamburger Werft wird nun die Kurzarbeit rasch zurückgefahren. Zuletzt waren noch 100 Mitarbeiter betroffen. Werftmanager Atzpodien setzt auf Aufbruchstimmung: "Wir sehen Licht am Ende des Tunnels."