Erst wenige Tage vor der Piratenattacke übernahm Dierk Eggers das Kommando auf dem von Piraten gekaperten Containerfrachter “Taipan“.

Neustadt. Diesen Mann scheint nichts aus der Ruhe zu bringen. Sein Schiff, der Containerfrachter "Taipan", wurde rund 500 Seemeilen vor der somalischen Küste von Piraten angegriffen, ihm flogen die Kugeln um die Ohren, möglicherweise verfehlte ihn eine Panzerfaust knapp. Sechs Stunden verschanzte er sich vor den Piraten mit seiner Crew in einem Schutzraum, bis ihn niederländische Soldaten befreiten. Doch Todesangst habe er nicht verspürt, erzählt Kapitän Dierk Eggers gestern dem Vorsitzenden Richter. "Ich habe nur befürchtet, dass sie uns entführen, nicht, dass sie uns erschießen würden. Das Ganze hatte nur positive Folgen, weil ich erfahren durfte, dass ich in solchen Situationen ruhig bleiben kann", sagt er - und vergleicht die Zwangslage mit der Besteigung des Himalaja, wo ein Mann erkennen könne, zu welchen Taten er wirklich fähig ist.

Es ist das zweite Mal, dass er in der Sache aussagt. Nach seiner ersten Vernehmung befragten ihn gestern das Landgericht und die Verteidigung nach weiteren Details des Überfalls auf die "Taipan". Und wie schon am 22. Dezember sorgt Eggers Auftritt zuweilen für Heiterkeit im Gerichtssaal.

Das liegt weniger daran, dass er den Piratenprozess nicht ernst nimmt, sondern vielmehr an seiner lakonischen Vortragsweise, daran, wie er mit stoischer Ruhe von den dramatischen Stunden an Bord erzählt. Als ihn der Vorsitzende fragt, wie lange der Beschuss durch die Piraten gedauert habe, antwortet der 69-Jährige trocken. "Solange wie ein weich gekochtes Ei - fünf Minuten."

Nur wenige Tage vor dem Piratenangriff hatte Eggers das Ruder übernommen - weil der polnische Kapitän den Frachter nicht durch das gefährliche Gewässer lenken wollte. "Ich wusste also, was mich erwartet." Mit der Crew habe er Fluchtmanöver geübt, Stacheldraht über die Bordwand ausgerollt und besonders akribisch auf eine intakte Kommunikation geachtet. Die Sorge war berechtigt: Am Ostersonntag hatte Eggers über Funk erfahren, dass der dänische Kapitän eines Containerfrachters einen Piratenangriff im letzten Moment abwehren konnte.

Die "Taipan" jedoch hatte weniger Glück: Am 5. April, gegen 11 Uhr, näherten sich zwei Schlauchboote mit schwerbewaffneten Piraten, die prompt die Brücke mit Schnellfeuerwaffen unter Beschuss nahmen. Eggers harrte dort mit zwei Offizieren aus. Erst als die Piraten eine Panzerfaust abgefeuert hätten, seien sie zur Crew in den Maschinenkontrollraum geflüchtet. Von dort aus habe er den Strom auf dem Schiff abgedreht. "Wir konnten ja nicht zulassen, dass die Piraten den Kurs des Schiffes änderten", sagt Eggers.

Nach einem Schusswechsel mit den Seeräubern befreiten Soldaten der niederländischen Fregatte "Tromp" die Crew. An Deck ein Bild der Verwüstung. "Überall befanden sich Einschusslöcher. Mich hat gewundert, dass die 'Taipan' noch seefähig war", sagt Eggers.

Danach setzte der Frachter Kurs auf Dubai. "Haben Sie sich darauf entspannt, sind Sie verreist?", fragt der Richter. Eggers: "Nö, Erholung finde ich nur auf einem Schiff."