Für die Hamburger Klassifikationsgesellschaft Germanischer Lloyd (GL) wird das Geschäft mit Energieprojekten immer wichtiger.

Hamburg. Die Zeichen stehen auf Wachstum: "Wir rechnen für 2011 mit Umsatzzuwächsen von 15 Prozent bei der Windenergie und sechs bis acht Prozent bei Öl und Gas", sagte der neue Vorstandsvorsitzende des Germanischen Lloyds (GL), Erik van der Noordaa, in Hamburg.

Dagegen erwartet der 50 Jahre alte Schiffbau- und Maschinenbau-Ingenieur aus den Niederlanden nur ein stabiles Geschäft bei der technischen Betreuung von Schiffen. Van der Noordaa steht seit Dezember an der Spitze des Unternehmens, das der Hamburger Investor Günter Herz 2006 gekauft hat. Als eine der großen Klassifikationsgesellschaften weltweit betreuen die Hamburger eine Flotte von derzeit 7300 Schiffen.

Vor allem nach der Übernahme der britischen Noble Denton im April 2009 konzentrieren sich die Ingenieure des GL verstärkt auf Projekte in der Öl- und Gasförderung. Dabei liegen Schwerpunkte bei Bauabnahmen, technischen Kontrollen sowie der Steuerung von Transporten von Förderplattformen zu ihren Standorten auf See. "In der Öl- und Gasbranche", so GL-Sprecher Olaf Mager, "erzielen wir etwa 40 Prozent unseres Umsatzes." Er lag 2009 bei 685 Millionen Euro.

Auch bei der Windenergie haben die Hamburger zugekauft. Seit August 2009 arbeiten sie mit der Crew des größten britischen Beratungsunternehmens Garrad Hassan zusammen. GL-Spezialisten prüfen die Ergiebigkeit von Standorten für Windräder und haben Software für die Steuerung der Windräder entwickelt. Der Umsatzanteil der Windenergie liegt bei gut zehn Prozent.

Fast 50 Prozent der Erlöse kommen weiter aus der Betreuung von Frachtern und Schiffsneubauten. Auch hier spielen aber erneuerbare Energien eine Rolle. "So sind wir an Planung und Bau von 16 Windpark-Errichter-Schiffen beteiligt", sagte van der Noordaa. Allerdings werde man in Europa nicht mehr als 30 dieser Schiffe brauchen.

Marktführer sind die Hamburger bei Containerfrachtern. 50 Prozent der heute eingesetzten Flotte sind nach ihren Vorgaben gebaut. Für die bisher größten angekündigten Neubauten, Riesen mit 18 000 Stellplätzen für Standardcontainer (TEU) der dänischen Reederei Maersk, gilt dies jedoch nicht. "Wir gehen aber davon aus, dass andere Reedereien nicht so schnell mit Schiffen gleicher Größe nachziehen."

Für die Kontrolle der nach dem Atomunfall in Japan ausgelaufenen Schiffe setzt der GL-Chef jetzt auf die EU. "Wir erwarten eine Regelung aus Brüssel." Bisher sei aber nicht klar, wie eine mögliche Strahlung geprüft werden solle. Daher könne er sich durchaus vorstellen, dass europäische Häfen Schiffe aus Japan zurückweisen würden. "Auch Hamburg würde sich sicher nicht über ein solches Schiff freuen." Die ersten Frachter, die nach den Unfällen in Japan ausgelaufen sind, sollen Nordeuropa Mitte April erreichen.

Den neuen Mann an der Spitze hatte der GL aus dem Management der niederländischen Werftengruppe Damen abgeworben. Zu ihr zählen 35 Firmen mit 6000 Mitarbeitern. Van der Noordaa ist Single, spricht fünf Sprachen und ist Segler. Von seiner Wohnung in der HafenCity kann er zu Fuß zur GL-Zentrale gehen. "Ich werde aber bald tun, was alle Holländer tun", scherzt er. "Ich kaufe mir ein Fahrrad."