Im Überseequartier, dem Zentrum des Vorzeige-Stadtteils HafenCity, läuft die Vermietung sehr schleppend. Kritik gibt es von der SPD.

HafenCity. Das Überseequartier soll einmal das Herz der HafenCity werden. Seit Herbst 2010 ist der erste Abschnitt fertig gebaut - doch jetzt im Frühjahr herrscht dort immer noch vielfach Leerstand.

Wer von der Innenstadt zum neuen "Boulevard" des Areals spaziert, blickt in etliche leere Schaufenster. Und trotz des großen Wohnungsmangels in der Stadt sind dort auch viele Wohnungen unvermietet. Einem HafenCity-Informationsblatt zufolge waren im Sommer 2010 bereits rund 300 Wohnungen bezugsfertig, insgesamt wurden im Überseequartier bisher 360 gebaut. Laut aktuellen Maklerangeboten im Internet sind aber immer noch rund 270 davon nicht vermietet.

Harsche Kritik an diesem von einem deutsch-niederländischen Investorenkonsortium in einem Stück geplanten Quartier kommt jetzt von der SPD. "Als Zentrum ist das eigentlich gescheitert", sagt der Stadtentwicklungsexperte und SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Andy Grote. Schattig und zugig sei der Straßenzug geworden und die Lage der Wohnungen oft nicht sehr attraktiv, sagt Grote. "Kaum verwunderlich, wenn die Nachfrage dann bei teuren Mieten so gering ist."

Auch der Mieterverein zu Hamburg übt ätzende Kritik. "Im Überseequartier ist völlig am Bedarf in Hamburg vorbeigebaut worden", sagt Vizevorstand Siegmund Chychla. Für Normalverdiener seien die Wohnungen zu teuer. "Und so viele Schöne und Edle, die dort hinziehen sollen, gibt es dann wohl doch nicht", so Chychla. Tatsächlich liegt das Mietniveau in den großen Übersee-Wohngebäuden mit so klangvollen Namen wie Arabica, Sumatra oder Pacamara deutlich über dem Hamburger Durchschnitt.

Nach Zahlen des Immobilien-Unternehmens Jones Long LaSalle wird in Hamburg bei Neuvermietung derzeit eine Durchschnittskaltmiete von 10,45 Euro pro Quadratmeter bezahlt, in den besonders begehrten Gründerzeitquartieren wie Ottensen oder Eimsbüttel auch gut zwölf Euro. Im eng bebauten Überseequartier werden indes Quadratmetermieten zwischen etwa 14 bis knapp 20 Euro verlangt. Eine 120 Quadratmeter große Dreizimmerwohnung in den begehrten, weil sonnigen oberen Stockwerken kann da schon einmal 2300 Euro kalt kosten.

Der Investor zeigt sich dennoch zuversichtlich, dafür noch solvente Mieter zu finden: Im "gehobenen Preissegment" würden Mieter erwarten, dass das Umfeld einen gewissen Fertigstellungsgrad erreicht habe, sagt Nikolaus Bieber, Geschäftsführer der Frankfurter Grundstücksentwicklungsgesellschaft Groß & Partner. "Nun, da dies weitgehend erkennbar ist, läuft die Vermietung außerordentlich gut", so Bieber. Die städtische HafenCity GmbH weist die Kritik am Überseequartier ebenfalls zurück: Unternehmenssprecherin Susanne Bühler: "Die Vermietung kann gar nicht auf einen Schlag erfolgen, sondern erfordert ein halbes oder ein Dreivierteljahr." Das sei keineswegs ungewöhnlich oder ein Zeichen von Misserfolg. Bald werde es eine gastronomische Nutzung im Alten Hafenamt und einen öffentlichen Markt um das historische Gebäude herum geben. "Pfingsten eröffnen wir östlich des Überseequartiers weitere Promenaden - der Zulauf wird sich dann verstärken", zeigt sich Bühler optimistisch.

Doch SPD-Stadtentwicklungspolitiker Andy Grote ist von diesen Argumenten nicht überzeugt. Grundfehler des Überseequartiers sei gewesen, dass die Stadt die Entwicklung dieses zentralen Herzstücks der HafenCity einem Investor überlassen habe - was nun zu diesem "retortenhaften Eindruck" geführt habe. Grote: "Besser wäre eine stückweise Vergabe der Grundstücke gewesen - doch rückgängig kann man jetzt wohl nichts mehr machen."