Vor Gericht hat das umstrittene Unternehmen Aktiv Transport kaum eine Chance. Wer sich nicht auskennt, scheut aber juristische Schritte.

Hamburg. Er wusste, dass er zu Recht abgeschleppt worden war. Kein Ticket bezahlt und trotzdem am Fitnesscenter im Bahrenpark (Bahrenfeld) geparkt. Genervt ging Christian M. die 1,6 Kilometer zum Hogenfeldweg hoch, um beim Abschleppunternehmen Aktiv Transport seinen Smart wieder herauszulösen. Er wusste, dass es teuer werden würde. "Aber die wollten 250 Euro haben. Das wollte ich einfach nicht akzeptieren."

Der Arzt aus Alsterdorf machte das, was in diesem Fall viele Autofahrer scheuen. Er ging zu einem Anwalt. "Ich hatte anfangs darüber nachgedacht, ob ich dem schlechten Geld für das Abschleppunternehmen noch das gute Geld für einen Anwalt hinterherwerfe", sagt Christian K. Derartige Zweifel kennt auch Heike Bellmann, Justiziarin des ADAC. Sie hat nach eigenen Angaben bereits mehrere Hundert Fälle gegen das umstrittene Abschleppunternehmen Aktiv Transport bearbeitet. Fast immer haben ihre Klienten Geld zurückerhalten. "Aber jemand, der nicht rechtsschutzversichert ist oder sich nicht mit der aktuellen Rechtsprechung auskennt, scheut sehr häufig den Gang vor Gericht und zahlt lieber."

Dabei ist die Rechtslage in Hamburg eindeutig. So hat das Amtsgericht Altona bereits am 24. August 2007 entschieden, dass ein Abschleppvorgang nur 120 Euro kosten darf (Aktenzeichen: 318c C 22/07). Hinzu kommen dann zehn Euro für das Verwahren des Wagens. Das war es dann aber auch schon. Alles, was darüber hinaus gezahlt wurde, muss zurückgezahlt worden. Diese Ansicht hat auch das Landgericht Hamburg am 22. Februar 2008 bestätigt (Az.: 320 S 100/07). "Das ist damit Hamburger Rechtsprechung", sagt Anwältin Bellmann.

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Der große Ärger über die Abschlepp-Abzocke

Christian K. hat es zunächst ohne Rechtsbeistand versucht. Die 250 Euro musste er noch vor Ort zahlen, sonst hätte er seinen Wagen nicht wiederbekommen. Doch als seine Rückforderung keine Beachtung bei der Gegenseite fand, schaltete er einen Profi ein. Und prompt kam Antwort. Aktiv Transport habe ein Gutachten vorgelegt, worin es erklärte, warum die hohen Abschleppkosten gerechtfertigt seien.

Eine Finte. Den zuständigen Amtsrichter in Altona habe dies nicht interessiert. "Der hat Aktiv Transport noch nahegelegt, mir die 120 Euro zurückzuzahlen. Die hätten dann jede Menge Kosten gespart", sagt Christian K. Doch darauf habe das Abschleppunternehmen nicht reagiert. Zwei Wochen nach dem Urteil habe die Firma dann schließlich das geforderte Geld zurückgezahlt. "Und nicht nur das, sondern auch Gerichtskosten, meine Anwaltskosten und Verzugszinsen."

Diese Erfahrung hat die Rechtsanwältin Heike Bellmann auch gemacht. "Es dauert zwei bis drei Wochen, bis die zurückzahlen. Aktiv Transport reagiert nur, wenn man sich wehrt." Sie empfiehlt bei derart hohen Forderungen ausdrücklich unter Vorbehalt zu zahlen. "Am besten nimmt man einen Zeugen mit zum Verwahrplatz und schreibt den Vorbehalt auf die Quittung."

Anschließend sollte der Autofahrer in einem Schreiben darlegen, dass er das Parkverbot nicht wahrgenommen habe, und angeben, dass die geforderte Summe zu hoch sei. Man würde darüber hinaus Kosten von 120 Euro für das Abschleppen sowie zehn Euro für das Verwahren akzeptieren, das zu viel gezahlte Geld zurückfordern und Klage androhen. Christian K.: "Wenn der Fall so klar ist wie bei mir, muss das Unternehmen auch die Anwaltskosten übernehmen."

Unterdessen läuft auch ein Strafverfahren gegen Verantwortliche von Aktiv Transport. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts des Betrugs, der Erpressung und Nötigung. Mehrere Autofahrer hatten das Unternehmen nach vergleichbaren Fällen angezeigt. Aktiv Transport ließ gegenüber dem Abendblatt wissen, dass es sich generell nicht gegenüber der Presse äußern wolle.