Mehrere Autofahrer haben das Unternehmen Aktiv Transport bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Es geht um Betrug und Nötigung.

Hamburg. Der Beweis wird gleich mittels eines Fotos mitgeliefert. Da ist er zu sehen, Christina Bergers kleiner Smart. Er steht im Dunkeln auf einem leeren Privatparkplatz vor einem Geschäftshaus am Tibarg in Niendorf. Christina Berger, die ihren wahren Namen wegen des laufenden Verfahrens nicht veröffentlicht sehen möchte, hatte gut zwei Wochen zuvor abends den Wagen dort abgestellt, ohne ein Parkticket zu ziehen. Weil es sich um ein Privatgrundstück - es sieht aus wie ein öffentlicher Parkplatz - handelt, auf dem Parken Geld kostet, soll sie nun 135 Euro an die Firma Aktiv Transport zahlen. Obwohl ihr Auto gar nicht abgeschleppt wurde. Das Unternehmen ist seit geraumer Zeit wegen zu hoher Rechnungen ins Gerede gekommen - und steht nun im Fokus von staatsanwaltlichen Ermittlungen.

Die Kosten seien durch die Beauftragung eines Abschleppunternehmens zustande gekommen, heißt es in dem Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt. Zehn Euro würden für die Halterabfrage bei der Polizei berechnet werden. 125 Euro, und das ärgert Christina Berger, soll sie für die "Vorbereitung zum Abschleppen" zahlen.

Dass es sich um einen Privatparkplatz handelte, hatte sie in der Dunkelheit nicht wahrgenommen. Nachdem die Zahlungsaufforderung in ihrer Post gelandet war, nahm sie den Parkplatz noch mal in Augenschein. Tatsächlich: Schilder weisen darauf hin, dass es sich um einen Privatparkplatz handele und dass "widerrechtlich geparkte Fahrzeuge kostenpflichtig" abgeschleppt würden. Auf dem Ticketautomaten steht, dass das Parken zwischen 6 und 20 Uhr "gebührenpflichtig" sei.

"Ich würde ja eine Strafe für die eineinhalb Stunden akzeptieren, für die ich nicht bezahlt habe", sagt Berger. "Aber für eine Bereitstellung eines Abschleppers derart viel Geld zu zahlen, obwohl mein Auto noch nicht einmal bewegt worden ist, das sehe ich nicht ein."

Sich zu wehren, empfiehlt auch die Verbraucherzentrale Hamburg. Die beschäftigt sich schon seit mehreren Jahren mit der Firma Aktiv Transport. "Das Unternehmen verliert immer wieder vor Gericht, wenn es etwa um das tatsächliche Abschleppen geht", sagt Verbraucherschützerin Julia Rehberg. In den Urteilen der Zivilgerichte werde bemängelt, dass 250 Euro für das Abschleppen zu viel seien. Angemessen seien Summen von bis zu 130 Euro. "Es ist daher doch völlig unlogisch, derart viel Geld zu verlangen, wenn überhaupt nicht abgeschleppt wurde", sagt Julia Rehberg. Bevor man zahle, solle man sich auf jeden Fall dokumentieren lassen, welche Leistungen erbracht worden seien.

Manchmal geht es noch viel einfacher. Rehberg weiß von einem Autofahrer, der auf die Zahlungsaufforderung gar nicht reagierte. Er habe nie wieder etwas von Aktiv Transport gehört. Aber viele Betroffene zahlen - und das reicht offenbar, um Kasse zu machen.

Doch möglicherweise hat Aktiv Transport es mit der Masche übertrieben. Denn der Abschleppfirma steht nicht mehr nur zivilrechtlicher Ärger ins Haus. Mittlerweile ermittelt auch die Staatsanwaltschaft gegen Verantwortliche des Betriebes. "Wir ermitteln wegen Betrugs, Erpressung und Nötigung im Zusammenhang mit der fragwürdigen Abschlepp-Praxis von Autos von Supermarkt-Parkplätzen", bestätigt Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers dem Abendblatt. Es seien mehrere entsprechende Anzeigen eingegangen.

Ebenjenes Unternehmen ist auch eines von mehreren, die im Auftrag der Stadt unterwegs sind. Aktiv Transport schleppt dann Autos ab, die im Unterschied zu den Privatplätzen auf öffentlichem Grund die Verkehrssicherheit gefährden. Diese Aufträge erteilt die Polizei. Dass es ein Ermittlungsverfahren gegen die Firma gibt, wird nicht als störend empfunden. "Das Unternehmen hat den Vertrag über eine öffentliche Ausschreibung erhalten", sagt Ralf Kunz, Sprecher der Innenbehörde. "Und solange es den Vertrag einhält, gibt es nichts auszusetzen."

Das sieht der ADAC anders. "Die Stadt wäre gut beraten zu prüfen, ob sie mit einem seriösen Partner zusammenarbeitet", sagt ADAC-Sprecher Matthias Schmitting. Wenn sich Mitglieder an den Automobilclub wendeten, würde der ADAC immer den Gang zum Anwalt empfehlen. Schmitting: "Gerade bei diesem Unternehmen hat es bislang einfach zu viele Unregelmäßigkeiten gegeben. Christina Berger will jedenfalls nicht zahlen. "Ich sehe das überhaupt nicht ein, für eine Leistung zu zahlen, die nicht erbracht worden ist." Sie wolle nun abwarten, wie Aktiv Transport reagiere. "Und dann nehme ich mir auf jeden Fall einen Anwalt."

Verantwortliche von Aktiv Transport wollten sich gegenüber dem Abendblatt "grundsätzlich" nicht äußern. Das Einzige, was sie über sich wissen lassen, steht auf der eigenen Internetseite: "Für den Fall, dass Sie das vergessen haben: Wir sind die Guten!"