Hamburgs Gastwirte verärgert über Hin und Her beim Rauchverbot. Nach der Entscheidung prüft Dehoga Ansprüche auf Schadenersatz.

Hamburg. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, dass künftig auch in Restaurants mit abgeschlossenen Raucherräumen wieder Zigaretten genossen werden dürfen, verbreitete sich gestern wie ein Lauffeuer unter den Hamburger Gastronomen. Denn viele hatten schon vor Jahren fünfstellige Beträge in spezielle Raucherräume investiert und mussten dann mit Inkrafttreten des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes am 1. Januar 2010 auch dort das Rauchen wieder verbieten.

Einer von ihnen war Firat Sülün, Geschäftsführer des Bistros CaBaRe am Heußweg (Eimsbüttel). Er hatte die Glaswände des Raucherraums wieder ausgebaut, nachdem dort nicht mehr geraucht werden durfte. Durch die zahlreichen Bauarbeiten habe er viele Gäste verloren und Umsatz eingebüßt. Die neue Regelung, die durch das Gerichtsurteil möglich wird, löst bei Sülün nur ein Kopfschütteln aus. "Dieses ewige Hin und Her, das ist doch unmöglich. Wo bleibt die Rechtssicherheit?"

Der Gastronom denkt über eine Schadenersatzklage gegen die Stadt nach. Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Hamburg prüft, ob für Gastronomen, die schon vor Inkrafttreten des Gesetzes in Raucherräume investiert hatten, Schadenersatzansprüche bestehen.

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Ganz anders sieht das Alexander Tschebull, Inhaber des gleichnamigen Restaurants im Levantehaus an der Mönckebergstraße. Seit er seine Raucherlounge als normalen Gastraum nutzt, hat er sogar Gäste dazugewonnen: "Das ist mittlerweile eine der beliebtesten Ecken in unserem Restaurant", sagt Alexander Tschebull. Auf eine Nutzung als Raucherlounge will er nicht wieder umstellen: "Bei uns bleibt es nikotinfrei!"

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts kam unterdessen für den Dehoga nicht überraschend. "Bereits im Zuge der Novellierung hatte der Dehoga Hamburg in der Anhörung in der Bürgerschaft mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass eine deutliche Verschärfung gegenüber den Kriterien, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 30. Juli 2008 aufgestellt hatte, sicher nicht zu einer sachgerechten und verfassungskonformen Regelung führen kann", sagt Hauptgeschäftsführer Gregor Maihöfer. Noch deutlicher wird FDP-Gesundheitsexperte Wieland Schinnenburg: "Ich bin sehr froh, dass das Bundesverfassungsgericht diesen schwarz-grünen Unsinn beendet hat. Selten hat das Gericht einem Gesetzgeber solche Kritik ins Stammbuch geschrieben." CDU und GAL hätten gewusst, dass es für die vorgenommene Differenzierung zwischen Schank- und Speisewirtschaften keinen Grund gibt. Zum Hintergrund: Am 1. Januar 2008 war das Gesetz in der Hansestadt in Kraft getreten. Seit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2008, wonach einige Ausnahmen in dem Gesetz verfassungswidrig waren, wurde das Rauchen in Kneipen und Restaurants jedoch wieder erlaubt, wenn diese einige Bedingungen erfüllten. Bis Ende 2009 - so die Vorgabe des Gerichts - musste das Gesetz reformiert werden. Im Dezember 2009 hatten sich CDU und GAL auf einen Kompromiss beim Nichtraucherschutzgesetz geeinigt. Die neue Regelung gilt seit Januar 2010 und beinhaltet, dass eben auch in Restaurants mit abgeschlossenem Raucherraum kein Zigarettenqualm mehr erlaubt ist.

Das wollte Gastronomin Bärbel Uliczka, die den Autohof Altenwerder mit dem Trucker Treff betreibt, nicht hinnehmen und klagte vor dem Verwaltungsgericht Hamburg. Schließlich musste sich jetzt das Bundesverfassungsgericht mit der Klage beschäftigen und hat beschlossen, dass Restaurantbetreiber die gleiche Möglichkeit zur Einrichtung von Raucherräumen haben müssen wie Schankwirtschaften. "Ich hatte Umsatzeinbußen von bis zu 40 Prozent. Die Entscheidung ist für mich und meine rauchenden Gäste ein Geschenk", sagte Uliczka.

Ob sich die Restaurantbesitzer in der Hansestadt dauerhaft auf Lockerungen beim Rauchverbot einstellen können, ist völlig offen. "Wir werden die Entscheidung aus Karlsruhe jetzt sorgfältig auswerten. Dann wird es einen Vorschlag zur verfassungskonformen Korrektur geben", sagt der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Martin Schäfer. Der FDP-Gesundheitsexperte Schinnenburg hat einen konkreten Vorschlag für die Novellierung des Gesetzes parat: "In Speise- und Schankgaststätten sollte das Rauchen erlaubt sein, wenn Personen unter 18 Jahren der Zutritt verboten ist und am Eingang ein deutlicher Hinweis erfolgt, dass in der Gaststätte geraucht wird."