Lutz Mohaupt, Nachfolger von Berndt Röder, der wegen der “Glatteis-Affäre“ zurücktrat, gab dem Abendblatt das erste Interview.

Hamburg. Hamburger Abendblatt: Herr Mohaupt, was ist aus Ihrer Sicht die wichtigste Aufgabe des Präsidenten der Hamburgischen Bürgerschaft?

Lutz Mohaupt: Der Versuch, ein Anwalt der gemeinsamen Verantwortung aller zu sein. Das ist das Allerwichtigste. Das sagt nichts gegen den politischen Kampf, ohne den es keine Demokratie gäbe. Aber irgendwo muss auch eine Instanz sein, die das Gemeinsame und das Übergreifende, die gemeinsame Verantwortung artikuliert und repräsentiert. Sonst haben die Menschen das Gefühl, dass es nur ein Gegeneinander ist, und das ist nicht gedeihlich. Der Präsident sollte sich darum bemühen, und das will ich tun, ein solcher Anwalt der gemeinsamen Verantwortung sein.

Abendblatt: Das Amt des Bürgerschaftspräsidenten ist in den vergangenen Wochen beschädigt worden. Was muss man Ihrer Meinung nach tun, um den Ruf des Amtes wieder herzustellen?

Mohaupt: Ob das Amt Schaden genommen hat, kann ich nicht beurteilen. Dazu möchte ich mich nicht äußern. Aber eines kann ich sagen: Es ist ein sehr gutes Zeichen, dass sich die CDU dazu entschlossen hat, von formalen Parteizugehörigkeiten abzusehen, indem sie mich für den Posten vorgeschlagen hat.

Abendblatt: Sehen Sie es als Vor- oder Nachteil an, keiner Partei anzugehören?

Mohaupt: Ich empfinde das als einen Vorteil.

Abendblatt: Bisher saßen Sie in der letzten Reihe, nun ganz vorne - wie sehen Sie Ihre neue Rolle im Parlament?

Mohaupt: Für mich persönlich bedeutet das zunächst, dass ich inhaltlich nicht mehr so teilnehmen kann. Das habe ich eben erlebt. Man achtet auf Formalien, auf die Redezeit, wer ist als Nächstes dran, was hat man womöglich für eine Interventionspflicht - damit ist man beschäftigt. Deswegen kriegt man von der inhaltlichen Debatte wenig mit. Ich hoffe, das bessert sich wieder. Das konnte ich da hinten in meiner ruhigen, letzten Reihe immer sehr, sehr gut. Das habe ich jetzt eben vermisst.

Abendblatt: Sie saßen gerade das erste Mal auf dem Platz des Präsidenten. Wie fühlt es sich an, da oben zu sitzen?

Mohaupt: Na ja, es ist nicht ganz so eindrucksvoll, wie wenn man zum ersten Mal auf der Kanzel von St. Jacobi steht, aber durchaus auch eindrucksvoll.

Abendblatt: Sie sind es ja gewöhnt, von einer Kanzel zu predigen. Das Amt des Präsidenten ist eher ein ruhiges und kontrollierendes. Besteht die Gefahr, dass Sie den Präsidentenstuhl doch mal als Kanzel missverstehen und sich mehr einbringen als so manch anderer Präsident?

Mohaupt: Ja, vielleicht ist es eher eine Frage des Temperaments als der beruflichen Herkunft, dass bei mir diese Gefahr besteht. Reden kann ich dort vorne wenig. Umso mehr muss ich reden, wenn ich in der Stadt bei Empfängen oder Terminen unterwegs bin. Ich werde beruflich künftig viel zu reden haben. Wenn es mir dabei versehentlich passieren sollte, ein bisschen in den Predigtstil zu verfallen, bitte ich schon jetzt tausendmal um Entschuldigung. Aber ich gebe mir Mühe, das zu dämpfen.

Abendblatt: Was ist Ihre größte Sorge bei diesem Amt?

Mohaupt: Dass ich von meinem Privatleben und dem, was meine Frau und ich uns für unseren Ruhestand ausgedacht haben, zu viel abstreichen muss. Eigentlich wollten wir diese Zeit genießen, solange wir es können. Das Leben ist kurz. Das macht mir schon Sorgen. Aber jetzt gilt es, sich mit ganzer Kraft der neuen Aufgabe zu stellen.

Abendblatt: Ihre größte Freude?

Mohaupt : Die Reaktionen ganz vieler Menschen auf meine Wahl. Ich habe eine solche Welle von Sympathie und Freude darüber erlebt - auch über die Fraktionsgrenzen hinaus und von überall her -, dass ich ganz bewegt und gerührt bin.