Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank, Reiner Brüggestrat, klagt über ständig wachsende “Stapel an Formblättern“ zur Bankenregulierung.

Hamburg. Reiner Brüggestrat findet klare Worte, wenn es um den steigenden behördlich verursachten Verwaltungsaufwand für die Banken geht. Für den Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank sind dies "hilflose Regulierungsversuche" des Staates. Man werde sich aber nicht von den "Stapeln an Formblättern, die den Verbraucher angeblich besser schützen", in die Knie zwingen lassen.

Auch der von Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) vorgestellte Plan, wonach die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) künftig verdeckt arbeitende Testkunden einsetzen darf, um die Beratungsqualität zu testen, stößt bei Brüggestrat auf wenig Verständnis: "Ich halte es für einen konzeptionellen Fehler, dass nur Neukundengespräche getestet werden." Dies lasse mehr als 90 Prozent der alltäglichen Realität in den Banken außer Acht.

Selbst Verbraucherschützer agierten nicht immer im Sinne der Kunden, meint Brüggestrat: "Der ,Finanztest'-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen spricht von einer Katastrophe, wenn ein Musterformular in einem Erstgespräch nicht ausgehändigt wird." Doch damit allein sei der Kunde noch lange nicht gut beraten. Eine zunehmende Menge an Protokollen und Standardinformationen könne eine hohe Beratungsqualität nicht ersetzen.

Daher gehe die Hamburger Volksbank ihren eigenen Weg, um diese zu sichern: Sie hat gerade als bundesweit erste Bank eine Zertifizierung vom TÜV Saarland für ganzheitliche und bedarfsgerechte Beratung erhalten - eine Prüfung, die auch den Umgang mit Bestandskunden berücksichtigt.

Immer mehr Vorschriften, die zu beachten sind, bringt aber auch die internationale Regulierung der Bankenbranche mit sich. "Ich kann absolut nachvollziehen, dass Banken stärker beaufsichtigt werden müssen", so Brüggestrat. Doch sei den Aufsichtsbehörden bislang als Konsequenz aus der Finanzkrise nicht viel anderes eingefallen, als die Eigenkapitalanforderungen heraufzusetzen - das Stichwort lautet Basel III.

Dabei berücksichtige man aber nicht die grundsätzlich unterschiedlichen Geschäftsmodelle einer weltweit am Kapitalmarkt tätigen Investmentbank und eines regional tätigen Instituts wie der Hamburger Volksbank: "Es ist aus unserer Sicht nicht sinnvoll, hier mit der gleichen Elle zu messen." Insgesamt befinde man sich in einer "merkwürdigen Situation", findet der Bankchef: "Es sind die steigenden Belastungen durch die Regulierung, die uns die größte Sorge machen, nicht der Wettbewerb."

Im vergangenen Geschäftsjahr, dem Jahr des 150-jährigen Firmenjubiläums, hat die Hamburger Volksbank allerdings sehr gut abgeschnitten. So konnten 12.000 neue Kunden gewonnen werden, allein 2000 von ihnen auf den Geburtstagsaktionen vor den Filialen. Nach Abzug von Abgängen wuchs die Kundenzahl um 6500 auf 105 000. "Als wichtiges Auswahlkriterium für die neue Bankverbindung wurde die genossenschaftliche Rechtsform genannt", sagt Brüggestrat. Somit kletterte die Mitgliederzahl um knapp zehn Prozent auf gut 45 000.

Ein zweistelliges Plus gab es auch bei den Firmenkunden. Vor allem sie sorgten für den Anstieg der Kreditvergabe um 15 Prozent auf 1,03 Milliarden Euro. Vorstandsmitglied Matthias Schröder sprach von einer Renaissance des Hausbankprinzips: "Hamburger Unternehmen wollen auch eine hamburgische Bank an ihrer Seite haben."

Der Gewinn vor Steuern legte im Jubiläumsjahr um knapp ein Drittel auf den Rekordwert von 11,7 Millionen Euro zu. Einschließlich der Umwidmung von Vorsorgereserven wurde das Kernkapital um 21,5 Millionen Euro aufgestockt, um im Hinblick auf die Basel-III-Anforderungen Wachstumsspielraum zu behalten. Die Mitarbeiterzahl erhöhte sich im vergangenen Jahr um sieben auf 481 Personen. Für 2012 erwartet der Vorstand zwar ein weiter starkes Neugeschäft. Der Gewinn werde aber auch aufgrund von Sonderfaktoren bei den Pensionsrückstellungen voraussichtlich nicht wieder das jüngste Rekordniveau erreichen.