Das Geldinstitut steigert die Kreditvergabe um 13 Prozent. Der Vorstand kritisiert derweil die höheren Anforderung an das Eigenkapital.

Hamburg. Die Aussichten für die Wirtschaft trüben sich ein, außerdem fürchten die Firmen in Deutschland eine Kreditklemme durch neue Eigenkapitalanforderungen bei den Banken. Doch an der Hamburger Volksbank scheint all dies vorbeizugehen: Die Genossenschaftsbank hat die Kreditvergabe im vergangenen Jahr um 13 Prozent auf 1,01 Milliarden Euro gesteigert, wobei der Zuwachs je ungefähr zur Hälfte aus dem Firmenkunden- und dem Privatkundengeschäft - hier legten vor allem Baufinanzierungen zu - resultierte.

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"Während viele Institute ihre Kreditvergabe aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen einschränken müssen, haben wir unser Angebot zu jeder Zeit aufrechterhalten und sogar ausgebaut", sagt Vorstandssprecher Reiner Brüggestrat. Diese Verlässlichkeit zahle sich aus: "Die Firmen schauen sehr genau hin, wen sie als Bankpartner neu ins Boot nehmen. Wir haben ein tragfähiges Geschäftsmodell und halten auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu unseren Kunden."

Manchen großen Banken jedoch erscheine das arbeitsaufwendige Marktsegment mit Darlehensbeträgen unterhalb von zwei Millionen Euro offenbar nicht mehr attraktiv genug. "Für uns ist das aber das Brot- und Buttergeschäft", so Brüggestrat. Einen allgemeinen Rückgang der Kreditnachfrage kann er nicht erkennen, wohl aber eine größere Vorsicht bei der Planung von Investitionen für die nächsten Jahre.

Dann wird es allerdings auch für die Banken schwieriger, die Kreditvergabe auf dem bisherigen Niveau zu halten. Dies gilt schon jetzt für einige der größten Institute: Beim jüngsten Stresstest sind sechs der 13 gestesteten deutschen Banken durchgefallen, sie benötigen nun bis Ende Juni zusammen rund 13 Milliarden Euro an zusätzlichem Eigenkapital. Hingegen beziehen sich die sogenannten Basel-III-Bestimmungen auf alle Banken. Gemäß dieser Richtlinie müssen die Geldhäuser ihre Ausleihungen mit immer mehr Eigenkapital unterlegen; bis 2019 steigt die Quote von derzeit acht Prozent auf 10,5 Prozent. Banken, die Schwierigkeiten haben, zusätzliches Kapital von ihren Eigentümern aufzubringen, müssen somit die Kreditvergabe zurückfahren.

Betroffen sein werden nach Einschätzung von Brüggestrat zunächst großvolumige Außenhandelsfinanzierungen und Investitionen der Energiebranche, während kleine Unternehmen die Auswirkungen erst später spüren würden: "Die meisten Volksbanken und Sparkassen, die sich auf den Mittelstand konzentrieren, kommen mit den Anforderungen noch klar."

So liege die Hamburger Volksbank um mehr als 50 Prozent über der aktuell geforderten Eigenkapitalquote von acht Prozent, den Stresstest würde sie nach eigenen Angaben "weit über Soll" bestehen. Dennoch kritisiert Brüggestrat die undifferenzierte Regulierung scharf: "Es kann nicht angehen, dass alle Banken über einen aufsichtsrechtlichen Kamm geschoren werden. Die Hamburger Volksbank hat als genossenschaftliches Institut immer ordentlich gewirtschaftet und weder die Finanz- noch die Staatsschuldenkrise zu verantworten, oder gar staatliche Unterstützung benötigt." Die strengeren Vorgaben durch Basel III aber hätten bei einem ausschließlich regional verankerten Institut unmittelbare Auswirkungen auf die Realwirtschaft: "Solides Wirtschaften darf nicht kaputtreguliert werden."

Kräftig gewachsen ist die Volksbank auch im Privatkundengeschäft. So konnten 12 000 Neukunden gewonnen werden, per Saldo legte die Kundenzahl um 6500 auf 104 500 zu. "Als wichtiges Auswahlkriterium für die neue Bankverbindung wird die genossenschaftliche Rechtsform genannt", so Brüggestrat. "Das ist ein völlig anderes Werteverständnis als ein reiner Shareholder-Value und auch auf lange Sicht zukunftsfähig." Im 150. Jahr seit der Gründung kletterte der Gewinn vor Steuern um 30 Prozent auf den Rekordwert von 11,6 Millionen Euro.

Für 2012 rechnet der Bankchef mit Ergebnissen in ähnlicher Größenordnung. Wegen der anhaltenden Risiken aus der Staatsschuldenkrise "müssen wir aber darauf vorbereitet sein, in schweres Wetter zu kommen".