Hamburg. Wer rauszieht, hat meist idyllische Vorstellung. Doch die Realität sieht oft anders aus. Dann hilft nur ein radikaler Schritt.

Diesen Satz haben schon so viele gesagt. Vor allem jetzt im Januar, dem unwirtlichsten aller Monate, können ihn sich viele nur schwer verkneifen. Das Jahr startet ja ohnehin oft spaßbefreit – keine Süßigkeiten, kein Alkohol, kein Fleisch, kein Vitamin D. Dunkle Tage, düstere Aussichten, draußen ist es eisig, nass oder stürmisch, wahlweise alles zusammen.

Es wird zwar langsam heller, mit Betonung auf langsam, und mit Blick auf vergangenes Jahr weiß man ja, was vom Hamburger Sommer zu erwarten ist.

Immobilien Hamburg: „Ich wandere aus“, sagt der Nachbar im Starkregen

„Ich wandere aus“, sagte zuletzt ein Nachbar am Montagmittag auf der Straße, während ihm der Starkregen ins Gesicht peitschte. Wohnung untervermieten, Laptop und Badehose einpacken und ab nach Andalusien.

Bekannte haben das tatsächlich gemacht, sind während der Pandemie nach Mallorca (ausgerechnet!) – und vermissen Hamburg bislang: nullkommanull. Die Kinder gehen in die Kita, das WLAN reicht bis zum Pool, und den Feierabend verbringen sie am Strand. Ein echter Traum?

Wohnen vor den Toren Hamburgs – der Traum von Bullerbü

Für den Moment ja. Denn Träume, das zeigt die Realität, verändern sich. So hatten sich Freunde das Leben vor den Toren Hamburgs ebenfalls traumhaft ausgemalt. Ein frei stehendes Haus, ein großer Garten umgeben von noch mehr Natur, ein behütetes Umfeld für die Kinder, alle spielen zusammen auf der Straße. Bullerbü eben.

Und an manchen Tagen kamen sie dieser Vorstellung auch schon relativ nah. Im Sommer, als am Wochenende Freunde aus der Stadt zum Grillen vorbeikamen. Doch die meiste Zeit war Alltag.

Nach Hamburg zurückziehen – das erfordert ganz viel Mut

Mit langen Fahrten in die Stadt, weil Homeoffice doch nur noch zweimal die Woche drin ist. Mit einer Kita, die nicht wie in Hamburg zehn Stunden auf hat, sondern nur bis mittags. Mit Nachbarn, die sich tatsächlich über Kinderlärm beschweren, weil es da draußen vor allem eines zu sein hatte: ruhig.

Und nach ruhig, so zumindest im Fall dieser Neu-Dörfler, kam einsam. Der Großteil blieb in seinen großen Häusern, die Bullerbü-Gemeinschaft ein Wunschtraum. Und die Freunde aus der Stadt, die blieben im Winter auch lieber, wo sie waren. Und so fasste die Familie einen Entschluss, der eigentlich noch gewagter ist als auszuwandern: zurückzugehen. Die Zelte nach knapp zwei Jahren wieder abzubrechen und einen Traum für gescheitert zu erklären erfordert sehr viel Mut. Und kostet – Kraft, Zeit, Tränen und Geld. Doch manchmal muss man eben Umwege gehen.

Wohnen in Hamburg: Lieber Altbauwohnung in Ottensen als Haus mit Garten

Diese können auch ans andere Ende der Republik führen, wo ein bekanntes Paar das Haus der Großeltern übernommen und liebevoll über anderthalb Jahre umgebaut und renoviert hat. Um dann, als die ganze Arbeit sie nicht mehr von allem um sie herum abgelenkt hat, festzustellen: Eigentlich fühlen sie sich hier gar nicht richtig wohl.

Die Stadt, das Klima, der Menschenschlag, irgendwie passte das mit jedem Tag weniger. Der Garten, dessen Besitz ihnen vorher als Lebensziel erschienen war, wurde von den Kindern gar nicht genutzt. Und sie mussten erkennen: Was am allerwenigsten zu ihnen passte, war Gartenarbeit.

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Seit vergangenen Herbst wohnen sie wieder in einer Altbauwohnung in Ottensen. Mit zu wenig Platz, zu viel Straßenlärm und einer viel zu hohen Miete. Ein Albtraum? Ganz im Gegenteil.

Auch eine andere Freundin träumt insgeheim davon, zurück nach Hamburg zu ziehen. Immer wenn sie durch diese mittelgroße Stadt im Speckgürtel, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, läuft und sich fragt, warum es dort nicht wenigstens ein vernünftiges Café geben kann. Oder zumindest irgendein Café mit einem halbwegs vernünftigen Kaffee.

Immobilien Hamburg: Haus untervermieten und in eine Wohnung ziehen

Sie vermisst ihr altes Viertel sehr, so oft es geht fährt sie „rein“, um ihre Dosis Hamburg einzusaugen, bevor sie zurück in ihre Neubausiedlung da draußen fährt. Auch sie und ihr Mann haben schon mit dem Gedanken gespielt, das Haus unterzuvermieten und zurück in eine Wohnung zu ziehen. Doch gerade das Haus ist es, was sie hält. Sie lieben es – vor allem jetzt, im unwirtlichen Januar, wenn man eh am liebsten in den vier Wänden ist.

Das Zurückgehen bleibt noch ein Traum. Für den Moment.