Hamburg. Steuermann vom NRV gewinnt als erster Deutscher Gold im Laser und holt den ersten WM-Titel in einer olympischen Klasse seit 20 Jahren.

20 Jahre lang hat der deutsche Segelsport auf diesen Moment warten müssen, den der Held nur kurz für sich alleine hatte. Philipp Buhl ist der Mann, der zwei Jahrzehnte nach dem letzten deutschen WM-Erfolg in einer olympischen Bootsklasse wieder einen großen Titel geholt hat: Er ist Laser-Weltmeister! Sieben Jahre hat sein Gipfelsturm vom Gewinn der ersten WM-Bronzemedaille 2013 im Oman bis zum Triumph in Australien gedauert.

Etwa sieben Sekunden stand die Segelwelt für ihn nach dem Zieldurchgang am Sonntag still. „Da war nur noch das Gefühl einer totalen inneren Zufriedenheit“, sagte er. Dann reckte der Steuermann vom Norddeutschen Regatta Verein (NRV) aus Hamburg die Fäuste in den hellblauen Himmel über Melbourne, lachte befreit und fiel DSV-Bundestrainer Alex Schlonski in die Arme. Dessen Urteil: „Das war eine unfassbar gute Leistung. Wir wollten hier in Medaillennähe segeln. Dass Philipp so durchs Dach geht und Gold holt, ist phänomenal.“

Historischer erster WM-Sieg

Die Geschichte des historischen ersten WM-Sieges eines deutschen Laserseglers ist schneller erzählt, als es gedauert hat, ein solcher Weltklassesegler zu werden: Buhl schockte die Konkurrenz zum Auftakt mit den Rängen vier und eins, ließ drei weitere Tagessiege folgen und war bis zum Finale bei einer Ausnahme mit durchweg einstelligen Ergebnissen unterwegs. „Er hat den Sieg verdient“, sagte fair der im Heimatrevier geschlagene Australier Matt Wearn. Die brennenden Oberschenkel, die Buhl an den letzten beiden WM-Tagen in jeweils drei einstündigen Rennen ignorierte, sind längst verschmerzt.

Nach schwieriger Saison 2019 ließ sich der 30 Jahre alte Sonthofener, der sein Segelhandwerk einst vom Vater beim Segelclub Alpsee Immenstadt auf dem Großen Alpsee erlernt hat, bei diesem Gipfeltreffen von 124 Booten aus 44 Ländern von nichts und niemandem aus dem Konzept bringen. Auch nicht von sich selbst. „Ich habe im vergangenen Jahr öfter mit meinen Resultaten gehadert und manches vermutlich zu Tode analysiert“, erinnert er sich, „aber nun habe ich eins meiner beiden großen Ziele erreicht und bin sehr glücklich.“ Buhl hat alle Bedingungen zur Nominierung für seine zweite Olympia-Teilnahme in Tokio (24. Juli bis 9. August) erfüllt.

Zweite erfolgreiche NRV-Crew in Australien

Deutschlands erfolgreichster Segler Jochen Schümann hat Buhls Gipfelsturm verfolgt. Der dreimalige Olympiasieger, der dem Segelsport seine letzte olympische Goldmedaille 1996 beschert hatte, sagte: „Der Titel ist supercool und wohlverdient, wird Philipp Selbstvertrauen geben. Wir haben endlich wieder echte Olympia-Medaillenkandidaten im Laser und im 49er.“ Gemeint ist neben Buhl die zweite in Australien erfolgreiche NRV-Crew: Erik Heil und Thomas Plößel sicherten sich im 49er einen Tag vor Buhls Coup WM-Bronze. Damit konnten die Rio-Bronzemedaillengewinner die nationale Ausscheidung um nur eine Olympia-Fahrkarte pro Disziplin für sich entscheiden.

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DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner sagte: „Ich freue mich nach der nicht ganz leichten Saison 2019 riesig für Philipp und das gesamte Team. Der WM-Titel ist ein sensationeller Erfolg und belohnt die Arbeit, die dahintersteckt.“ NRV-Geschäftsführer Klaus Lahme sagte: „Das dürfte mit zwei Medaillen an zwei Tagen die wohl erfolgreichste Woche für den NRV und das NRV Olympic Team gewesen sein. Ich bin von der Souveränität beeindruckt, mit der Philipp den Titel gewonnen hat.“ Dafür darf Buhl mit der Ausschüttung der neuen „Goldprämie“ des NRV Olympic Teams in Höhe von 50.000 Euro rechnen, mit der Weltmeister in Olympiaklassen und Olympiasieger des Vereins an der Alster belohnt werden.

Empfang am Donnerstagabend im NRV

Die Freunde Buhl und Heil, die sich bei ihren WM-Einsätzen gegenseitig mit Nachrichten anfeuerten, nehmen Olympia gestärkt ins Visier. Vor Jahren schon träumten sie von Erfolgen à la Tom Slingsby und Nathan Outteridge. Die australischen America’s-Cup-Profis gewannen 2012 parallel Olympiagold im Laser und im 49er. Für eine Medaille in diesem Sommer im japanischen Olympiarevier von Enoshima, in dem 1964 Willy Kuhweide mit Mittelohrentzündung und nahezu taub im Finn-Dinghi zu seinem legendären Olympiasieg gestürmt war, arbeiten Buhl und Heil hart.

Wenngleich der Perfektionist Buhl neuerdings ein wenig mehr Gelassenheit im Einsatz zulässt, um seine Kreativität und seine Flexibilität auf dem Wasser nicht durch zu schematisches Denken auszuschalten. „Es ist nicht leicht, sich unter Druck selbst Leichtigkeit zu verordnen“, sagte er mit dem ihm eigenen schelmischen Grinsen, „aber es ist mir bei dieser WM ganz gut gelungen.“ Auch die vorherrschenden mittleren und stärkeren Winde kamen ihm entgegen. Gefeiert werden die Erfolge in dieser Woche bei einem Empfang am Donnerstagabend und weiteren Veranstaltungen im NRV, zu denen die WM-Hauptdarsteller und viele Mitglieder erwartet werden. Die Medaillen sind mit von der Partie.