Schleswig-Holstein und Hamburg sind eine Hochburg für attraktive Jobs in Forschung, Marketing, Controlling und Strategie.

Biotechnologie kann rot, grün oder weiß sein. Hinter dem Farbenspiel der Branche verbergen sich die drei wichtigsten Anwendungsgebiete: Rot steht für Medizin, grün für Landwirtschaft und weiß für Industrie. "Rote Biotechnologen" entwickeln zum Beispiel neue Medikamente und Impfstoffe, neue therapeutische und diagnostische Verfahren, arbeiten in und mit Pharmaunternehmen, sprechen mit Ärzten und forschen im Auftrag von Ministerien. Ihre "grünen" Kollegen züchten neue Pflanzensorten, die mehr Ertrag bringen oder resistenter gegen Pilzbefall sind. Und die "weißen" Fachleute entwickeln, testen und verbessern Alltagsprodukte wie Waschmittel, Zahncreme und Duschgel.

Biotechnologie ist eine klassische Querschnittswissenschaft aus Biologie, Biochemie, Physik, Chemie, Verfahrenstechnik, Materialwissenschaften und Informatik. Biotechnologie wendet Wissenschaft und Technik auf lebende Organismen an. Die junge Branche wächst seit Jahren weltweit dynamisch und bietet spannende und lukrative Jobs.

Fast ungeschoren durch die Krise

Bundesweit gibt es laut Bundesministerium für Bildung und Forschung rund 500 Unternehmen, die der Biotechnologiebranche zugeordnet werden. Zwei Regionen im Bundesgebiet gelten als Hochburgen der Szene: In Berlin-Brandenburg beschäftigen 190 Unternehmen über 3700 Arbeitnehmer in den Bereichen Forschung und Entwicklung, IT und in Verwaltungsberufen wie Marketing, Controlling und Personalwesen. In Hamburg und Schleswig-Holstein sind rund 160 Biotechnologie-Firmen und 70 Pharma-Unternehmen aktiv und beschäftigen insgesamt mehr als 9500 Mitarbeiter.

Vor allem bei der "roten Biotechnologie" nimmt Norddeutschland bundesweit eine führende Position ein. Die Unternehmen hier verfügen über viel Know-how im Bereich der Molekulardiagnostik und Medikamentenforschung. Und Fachkräfte werden gesucht: Gute Karten im Poker um die attraktiven Stellen haben qualifizierte Biologen, Chemiker und Verfahrenstechniker. Auch Assistenten sind gesucht: Pharmazeutisch-technische (PTA), biologisch-technische (BTA) und chemisch-technische (CTA).

Neben der fachlichen Kompetenz sind die so genannten Soft Skills oft Zünglein an der Waage. "Unsere Bewerber müssen Selbstständigkeit und Talent zur Selbstorganisation mitbringen", sagt Dr. Hans Baumeister, Personalchef beim Berliner Biotech-Unternehmen Glycotope. "Im Unternehmen laufen viele Faktoren zusammen. Wenn da jemand immer auf Anweisungen wartet, bis er anfängt zu arbeiten, ist das denkbar ungünstig." Ebenso seien Neugierde und Teamfähigkeit eine wichtige Voraussetzung um Erfolg in der Biotech-Branche zu haben.

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Karriere lässt sich aber auch hinter den Kulissen machen: im Business Development. Angela Wäsche von der Norddeutschen Life Science-Agentur Norgenta in Hamburg: "Marketing, Controlling und Strategie sind in der Biotechnologie genauso wichtig, wie in jeder anderen Branche, und ein Studium zum Beispiel der Betriebswirtschaftslehre ist hilfreich." Wissenschaftler finden auch im Marketing, Vertrieb und Controlling eine Stelle. Dr. Andrea Ockhardt, Sales und Marketing Manager beim Unternehmen Invitek: "Uns ist wichtig, dass unsere Vertriebler Biochemie, Chemie oder ähnliches studiert haben, damit sie wissen, was sie vermarkten und verkaufen." Angela Wäsche bestätigt: "Die kaufmännische und die wissenschaftliche Seite zu beherrschen, hilft oft bei der Vermarktung von Produkten und Ideen. Daher ist Weiterbildung ein wichtiger Faktor, wenn Biologen in den Vertrieb wechseln."

Bei der Hamburger Eppendorf AG legt man neben Basisqualifikationen großen Wert auf die Weiterbildung. Dafür hat Eppendorf zwar ein spezielles Programm aufgelegt, betont aber die Eigenverantwortung der Beschäftigten, sich um ihre berufliche Entwicklung zu kümmern.

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Durch den Boom bietet die Branche rasche Aufstiegsmöglichkeiten. Norgenta-Sprecherin Wäsche: "Da die Branche in Deutschland jung ist, gibt es noch keine festgefahrenen Strukturen. Mitarbeiter, die innovativ, ehrgeizig und neugierig sind, schaffen es schnell die Karriereleiter hoch."

Auch die Universitäten in Deutschland haben den Trend erkannt. So kann man zum Beispiel in Hamburg an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, an der Technischen Universität Hamburg-Harburg und an der Universität Hamburg Biotechnologie oder damit verwandte Studiengänge mit einem Bachelor of Science (B.Sc.) abschließen. Einige Studenten ergänzen ihre Ausbildung um einen Master.

Sich immer weiter zu qualifizieren ist in kaum einer Branche so notwendig, wie in der Welt der Pipetten und Mikroskope. Angela Wäsche: "Technologien, Verfahren, Methoden und Materialien verändern sich fortlaufend. Wer da nicht am Ball bleibt, verliert schnell den Anschluss."