Berlin. Der Wohnungsbau stockt. Die Branche fordert Milliarden an weiterer Förderung. Das mag dreist wirken. Aber sie kann es sich erlauben.

Eine Bauministerin mit SPD-Parteibuch, die Milliardenforderungen für bezahlbares Wohnen unter anderem mit Blick auf die Schuldenbremse eine Absage erteilt: Das dürfte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), im Selbstverständnis Gralshüter der Schuldenbremse, ebenso überraschen wie erfreuen.

Auf dem Bau sind in den vergangenen Jahren im Vergleich zu anderen Branchen zu wenig Innovationen entstanden, kritisiert Klara Geywitz. Projektentwickler und Baufirmen hätten glänzende Renditen eingestrichen und riefen nun in der Krise nach frischem Geld.

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Bauen: Auch die Politik hat Innovationen verschleppt

So weit, so richtig. Aber: Auch in der Politik sind die Innovationen ausgeblieben, die dem Wohnungsbau den nötigen Schub hätten verleihen können. Uneinheitliche Landesbauordnungen mit teils aus der Zeit gefallenen Vorschriften sorgen bis heute für Wirrwarr. Die Bauämter sind vom Personalmangel, gepaart mit zu langsamer Digitalisierung, gelähmt. Lesen Sie hier: Ob Miete oder Eigentum: Senioren stehen vor großem Problem

Tobias Kisling, Wirtschaftskorrespondent
Tobias Kisling, Wirtschaftskorrespondent © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Ein sorgsamerer Umgang mit Steuergeld ist geboten. Die Zahl von 50 Milliarden Euro, die Verbände fordern, mag aberwitzig erscheinen. Nur sitzt die Bauwirtschaft aktuell am längeren Hebel. Der Wohnungsmarkt ist angespannt, die Mietenentwicklung bringt manche an ihre Grenzen.

Es ist nicht lange her, da gingen die Menschen zu Zehntausenden auf die Straße, um gegen hohe Miete zu demonstrieren. Die Corona-Pandemie und die Energiekrise haben das Problem in der Wahrnehmung überlagert. Gelöst ist es nicht. Im Gegenteil. Es verschärft sich mit jeder Wohnung, die nun nicht gebaut wird. Ein Abbau der Kapazitäten in der Bauwirtschaft kann sich die Ampel unter diesen Gesichtspunkten nicht erlauben.