Berlin. Verbraucher kaufen häufiger Lebensmittel ohne Gentechnik – besonders Milchprodukte, Geflügel und Eier. Doch wo gibt es die Produkte?

Ob Butterkäse in Scheiben, Sahne, Putenbrustschnitzel, Lachs oder Gemüsekonserven: In Deutschland werden in Supermärkten und Discountern immer mehr Produkte ohne Gentechnik angeboten. Im vergangenen Jahr wurden Lebensmittel mit dem „Ohne Gentechnik“-Siegel für 16 Milliarden Euro verkauft – und machten damit rund 21 Prozent mehr Umsatz als im Vorjahr. Besonders gefragt: Milchprodukte, Geflügelfleisch und Eier.

Dies geht aus aktuellen Zahlen des Verbands Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) hervor, die dieser Redaktion vorliegen. Viele dieser Produkte sind unter anderem in den Sortimenten der Eigenmarken von Aldi, Lidl, Netto, Kaufland, Penny, Norma, Edeka, Rewe und anderen Unternehmen zu finden.

Für die Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“ verpflichten sich Bauern und Hersteller dazu, für einen bestimmten Zeitraum vor der Schlachtung oder Milchproduktion bei der Fütterung der Tiere auf gentechnisch veränderte Futtermittel – also gentechnisch veränderte Organismen (GVO) – zu verzichten. Dies ist je nach Tierart in einer EU-Verordnung gesetzlich geregelt.

Essen ohne Gentechnik: Was Tiere essen dürfen

So müssen Rinder zwölf Monate vor der Schlachtung „Ohne Gentechnik“ gefüttert worden sein. Für kleine Wiederkäuer wie Schafe gilt eine Sechs-Monatsfrist, für Schweine sind vier Monate vor der Schlachtung Pflicht, heißt es laut Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL). Geflügel muss mindestens zehn Wochen bis zur Schlachtung entsprechend gefüttert werden. Legehennen dürfen sechs Wochen vor der gewerblichen Nutzung ihrer Eier kein gentechnisch verändertes Futter mehr erhalten haben.

Grundsätzlich müssen sich Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf von gentechnisch freien Produkten auf die Einhaltung der strengen Regeln durch Hersteller und Bauern verlassen. Denn die Gentechnikfreiheit lässt sich weder am Geschmack, Geruch oder Aussehen der Produkte erkennen.

In Europa besteht keine grundsätzliche Kennzeichnungspflicht, wenn Tiere mit gentechnisch verändertem Futter genährt wurden. So müssen Lebensmittel, die bis zu neun Gramm je Kilo gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten, nicht entsprechend gekennzeichnet werden. Allerdings müssen die Produkte zum Verkauf grundsätzlich zugelassen sein.

Gentechnik: Dort wird verändertes Futter angebaut

Besonders häufig werden die Futtermittel Sojabohnen, Mais und Raps in den Erzeugerländern wie den USA und Lateinamerika gentechnisch verändert. Ziel ist es, sie gegen Schädlinge und Krankheiten auf dem Feld widerstandsfähiger zu machen und die Erträge zu steigern. In der Europäischen Union wird nur rund ein Prozent des gesamten Maises mit gentechnisch verändertem Gut produziert – zumeist in Spanien.

Obwohl nicht nachgewiesen ist, dass gentechnische veränderte Lebensmittel gesünder oder schädlicher sind als konventionelle Lebensmittel oder auch Allergien auslösen können, so sind zahlreiche Verbraucher skeptisch oder wollen sich bewusst ohne Gentechnik ernähren. Dies kann Konsumenten zum einen gelingen, indem sie bewusst Bio-Waren kaufen, die auf GVO verzichten. Oder aber auf Produkte, die mit dem Siegel „Ohne Gentechnik“ verkauft werden.

An diesem Logo erkennt man Lebensmittel ohne Gentechnik
An diesem Logo erkennt man Lebensmittel ohne Gentechnik © VLOG | VLOG

Die Bestimmungen für das „Ohne Gentechnik“-Siegel wurden bereits vor 14 Jahren vom Bundeslandwirtschaftsministerium ins Leben gerufen. Die Lizenzierung und Kontrolle erfolgten seit 2010 exklusiv durch den Verband Lebensmittel ohne Gentechnik. Der Verband repräsentiert rund 760 Lebensmittelhersteller und Händler. Verbraucher haben damit die Möglichkeit, sich durch ihr Kaufverhalten bewusst für eine gentechnikfreie Landwirtschaft einzusetzen.

Ohne Gentechnik: Die meistgekauften Produkte

Der größte Umsatzanteil (69 Prozent) der „Ohne Gentechnik“-Waren entfällt auf gentechnikfreie Milchprodukte mit 11 Milliarden Euro, gefolgt von Geflügelfleisch mit 3,1 Milliarden Euro (19 Prozent). Der Verkauf von Eiern ist 2022 im Vergleich zum Vorjahr von 1,1 Milliarden auf 1,4 Milliarden Euro gestiegen. Damit erhöhte sich ihr Umsatzanteil auf neun Prozent. In Deutschland werden nach Branchenschätzungen inzwischen rund zwei Drittel der Eier ohne Gentechnik-Hühnerfutter hergestellt – inklusive der ebenfalls gentechnikfreien Bio-Eier.

So führt beispielsweise Lidl in seinem Eigenmarkensortiment verschiedene Käsesorten wie Emmentaler, Hirtenkäse oder Gouda auch als gentechnikfreie Variante. Bei Aldi sind es unter anderem Chickenwings, Hähnchensteaks oder Schenkel. Edeka verkauft Käse, Milch, Geflügelfleisch, Nudeln und Spätzle ohne Gentechnik. Bei Rewe befinden sich unter anderem Magerquark, Schlagsahne, Back-Camembert oder Putenschenkel im gentechnikfreien Segment, wie aus der Herstellerliste des VLOG hervorgeht.

Gentechnik: Die EU plant Veränderungen

„Das erfreuliche Wachstum zeigt, dass ‚Ohne Gentechnik‘ bei Verbraucherinnen und Verbrauchern weiterhin hoch im Kurs steht“, sagte VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting. Für das laufende Jahr erwarten die Hersteller weiteres Umsatzplus.

Um Verbraucherinnen und Verbraucher über den Einsatz von Gentechnik transparent zu informieren, sei es wichtig, die EU-Gentechnik-Standards zu bewahren, sagte Hissting. Die EU-Kommission erwägt eine Lockerung der Vorschriften für gentechnisch veränderte Pflanzen und eine weitgehende Deregulierung für neue Gentechnik-Verfahren wie CRISPR. Ein entsprechender Vorschlag wird im Juni erwartet.

Auch das Bundesumweltministerium und Bundeslandwirtschaftsministerium sehen die EU-Bemühungen kritisch. Die Risikoprüfung für Pflanzen abzuschwächen, die mit neuen genomischen Techniken hergestellt werden, gehe in die falsche Richtung, heißt es. Viele dieser Gentechnik-Pflanzen könnten dann ohne Risikoprüfung auf den Markt kommen.