Berlin. Die Gewerkschaft IG Bau kritisiert den krassen Sparkurs des Immobilienkonzerns Vonovia – und nimmt den Staat in die Verantwortung.

Der größte deutsche Immobilienkonzern Vonovia will seine Investitionen im nächsten Jahr deutlich kürzen. Statt rund 2 Milliarden Euro wie in diesem Jahr sollen nur noch 850 Millionen Euro in den Neubau und die Renovierung von Wohnungen fließen.

Grund dafür seien die großen Unsicherheiten bei den Baukosten, Zinsen und Förderprogramme infolge des Angriffs von Russland auf die Ukraine, sagte Konzernchef Rolf Buch am Freitag. Vonovia wolle aber dennoch an seinem langfristigen Klimapfad festhalten.

Das Ziel der Bundesregierung, jährlich 400.000 neue und bezahlbare Wohnungen zu bauen, bewertet Buch skeptisch. Dazu müssten pro Jahr 150 Milliarden Euro investiert werden. Gleichzeitig spitze sich der Mangel an bezahlbaren Wohnungen insbesondere in den großen Ballungsräumen zu.

Mehr Wohnungen: Gewerkschaft kritisiert Gewinnstreben

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) ist über den Kurswechsel von Vonovia empört. „Wenn der Platzhirsch unter den Wohnungskonzernen jetzt beim Neubau und bei den Modernisierungen profitorientiert auf die Bremse tritt, dann ist das verantwortungslos“, kritisiert Bundesvorstandsmitglied Carsten Burckhardt. Die Menschen bräuchten dringend mehr bezahlbare Wohnungen und vor allem auch Sozialwohnungen.

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Dabei geht es Vonovia bestens. Der Immobilienkonzern konnte durch die Übernahme der Deutschen Wohnen seinen operativen Gewinn in den ersten neun Monaten um 35 Prozent auf knapp 1,6 Milliarden Euro erhöhen. Die Miete stieg konzernweit mit Stand Ende September im Schnitt um 1,8 Prozent auf 7,47 Euro pro Quadratmeter.

„Vonovia ist für das Drehen an der Mietpreisspirale bekannt – im Gegensatz zu kommunalen, genossenschaftlichen und kirchlichen Wohnungsgesellschaften, bei denen die Miete im Schnitt lediglich bei rund 6 Euro liege“, kritisiert der Gewerkschafter Burckhardt.

IG Bau: Staat soll sich an Vonovia beteiligen

Die IG Bau fordert den Bund auf, sich bei Vonovia mit 25 Prozent plus einer Aktie zu beteiligen. Der Staat würde damit Einfluss auf die langfristige Strategie bei Vonovia bekommen – also auch auf den Neubau, die Modernisierungen und die Mietpreisentwicklung, so Burckhardt. Dies wäre auch ein starkes Signal dafür, dass sich der Staat auf dem Wohnungsmarkt wieder einmische.

Vonovia besitzt bundesweit rund 500.000 Wohnungen in Deutschland, weitere 50.000 in Schweden und Österreich. Der Portfoliowert liegt bei 99 Milliarden Euro. In den nächsten Jahren sollen 66.000 Wohnungen verkauft werden.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de