Berlin. Nach zwei Abstürzen geht die Suche nach den Ursachen bei Boeing weiter. Offenbar hatte die 737 Max mehr als nur ein Software-Problem.

Die Hiobsbotschaften reißen nicht ab. Nach zwei Abstürzen von Flugzeugen des Typs 737 Max 8 hat Boeing nicht nur mit der hochproblematischen Software MCAS ein schwerwiegendes Problem – sie ist offenbar für die Katastrophen der vergangenen Monate verantwortlich. Die Firma hat auch mit einem weiteren Programm Probleme.

Diese seien bei der Überarbeitung von MCAS festgestellt worden – stünden aber nicht in direktem Zusammenhang damit, teilte Boeing in der Nacht auf Freitag mit. Zuvor hatte die „Washington Post“ berichtet, dass die US-Luftfahrtbehörde FAA das neue Problem beanstandet habe. Solange es nicht gelöst sei, werde das Startverbot für Boeings Unglücksflieger der 737-Max-Serie nicht aufgehoben.

Boeing drosselt Produktion des Pannen-Modells 737 Max 8

Am Freitagnachmittag (Ortszeit) teilte Boeing in Chicago mit, die Produktion der Baureihe werde heruntergefahren. Ab Mitte April sollen statt 52 nur n och 42 Maschinen monatlich gefertigt werden. Eigentlich war geplant gewesen, die Produktion der bestverkauften Modellserie bis zum Sommer deutlich zu erhöhen.

Nach den Abstürzen der zwei Boeings 737 Max 8 in Indonesien und Äthiopien, bei denen insgesamt 346 Menschen ums Leben kamen, gelten weltweit Startverbote für die Boeing-Serie. Die Flugzeuge können derzeit nicht ausgeliefert werden und es drohen Stornierungen. Wegen der noch nicht abschließend geklärten Unfallursachen und Problemen mit einer Steuerungssoftware ist zur Zeit unklar, wann die 737-Max-Maschinen von den Aufsichtsbehörden wieder in die Luft gelassen werden.

Boeing nennt zweites das Problem geringfügig, Untersuchung spricht dagegen

Unter Berufung auf zwei mit der FAA-Untersuchung vertraute Quellen hatte die „Washington Post“ berichtet, dass das neu entdeckte Problem als entscheidend für die Flugsicherheit eingestuft werde. Boeing bezeichnete es indes als „relativ geringfügige Angelegenheit“, die zusammen mit dem MCAS-Update adressiert werde.

„Wir haben bereits eine Lösung dafür in Arbeit“, hieß es in der Stellungnahme des Konzerns. In den „kommenden Wochen“ werde das Update soweit sein, dass es der FAA zur Zertifizierung vorgelegt werden könnte. Boeing verfolge einen „umfassenden, disziplinierten Ansatz, um es richtig zu machen“.

Äthopien: Software MCAS offenbar fälschlich eingeschaltet

Männer tragen den Koffer mit den Flugschreibern aus der abgestürzten Boeing 737 Max 8 in die französische Luftsicherheitsbehörde.
Männer tragen den Koffer mit den Flugschreibern aus der abgestürzten Boeing 737 Max 8 in die französische Luftsicherheitsbehörde. © Reuters | Philippe Wojazer

Vorstandschef Dennis Muilenburg hatte kurz zuvor so deutlich wie noch nie Probleme mit der Steuerungssoftware MCAS eingeräumt. Es scheine nach dem vorläufigen Ermittlungsbericht zum Absturz in Äthiopien, als ob das Programm durch falsche Sensordaten unnötigerweise eingeschaltet worden sei, teilte Muilenburg am Donnerstag mit.

Damit wird die Theorie, dass ein Softwarefehler die Maschine Richtung Boden lenkte, von oberster Konzernstelle gestützt. Das dringend erwartete MCAS-Update werde sicherstellen, dass Unfälle wie in Äthiopien und Indonesien „nie wieder passieren“, versicherte Boeing-Chef Muilenburg.

Bislang hatte der Flugzeughersteller stets bestritten, dass die MCAS-Software ein Sicherheitsrisiko darstellt. Kurz vor Muilenburgs Stellungnahme hatte der Konzern aber bereits versprochen, dass Piloten künftig immer die Möglichkeit haben werden, die Automatik auszuschalten und zur manuellen Kontrolle zu wechseln.

Das Glück seines Lebens: Ethiopian Airlines: Grieche überlebt, weil er den Flug verpasste

Bedenkliche MCAS-Software soll eigentlich Sprit sparen

Das eigens für die spritsparende Max-Neuauflage von Boeings 737-Serie entwickelte MCAS-Programm soll eigentlich dafür sorgen, in bestimmten Flugsituationen – wie bei einem zu steilen Aufstieg des Jets – automatisch den Flugwinkel zu korrigieren. Doch die bisherigen Unfallberichte deuten darauf hin, dass das System bei den Abstürzen durch falsche Sensordaten fälschlicherweise aktiviert wurde – mit fatalen Folgen.

Beim Crash der Lion-Air-Maschine in Indonesien Ende Oktober soll der Bordcomputer die Nase der Boeing 737 Max 8 wegen der MCAS-Fehlfunktion automatisch immer wieder nach unten gedrückt haben, während die Crew gegenzusteuern versuchte. Ein ähnliches Szenario gilt inzwischen auch beim Ethiopian-Airlines-Absturz am 10. März als wahrscheinlich. Trotz Abstürzen ist die Boeing 737 Max für Lufthansa weiter eine Option. Zuletzt hatte Indonesien nach dem Boeing-Unglück 49 Bestellungen storniert.

Der Bericht über die Boeing 737 Max aus Äthiopien zum Absturz entlastet die Crew. Insgesamt starben bei den Unglücken 346 Menschen. (dpa/ses)