Berlin . SPD-Justizministerin Katarina Barley möchte die Provisionsfrage beim Immobilienverkauf neu regeln. Fair ist das nicht unbedingt.

Immobilienmakler haben keinen guten Ruf. Im Gegenteil. Der gewalttätige Vater in Wolfgang Herrndorfs Erfolgsroman „Tschick“, der seinen Sohn in der Nobelvilla allein lässt, um mit der jungen Assistentin abzuhauen? Ein Immobilienmakler. Der abgezockte Selbstdarsteller Thomas in der Erfolgskomödie „Der Vorname“? Ein Immobilienmakler. Makler gelten in den Augen der meisten Deutschen als Profiteure eines Systems, unter dem viele leiden.

Das ist ungerecht, weil es eine ganze Branche, in der es wie überall Licht und Schatten gibt, über einen Kamm schert. Doch die Animosität spiegelt ein Grundgefühl: Der Ärger über steigende Mieten und die Kostenexplosion bei Kaufimmobilien ist in attraktiven Lagen vieler Regionen längst in eine Grundangst übergangen. Wohnst du noch, oder rechnest du nur noch? Ist der Traum von den eigenen vier Wänden endgültig ausgeträumt?

Barleys Vorschlag ist auf den ersten Blick vernünftig

In diese Stimmung grätscht Justizministerin Katarina Barley nun mit ihrem Gesetzesvorschlag zur Neuregelung der Maklergebühren. Wie schon bei der Vermittlung von Mietwohnungen soll die Gebühr in Zukunft auch bei der Vermittlung von Kaufimmobilien von dem bezahlt werden, der den Makler bestellt hat. Oft, so argumentiert die SPD-Politikerin, müssten Käufer derzeit enorme Maklerkosten tragen, obwohl der Verkäufer den Makler bestellt habe.

In den meisten Bundesländern teilen sich Verkäufer und Käufer die Maklerkosten. In Hamburg und Berlin aber muss der Käufer die volle Provision zahlen. Auf den ersten Blick ist Barleys Vorschlag deswegen vernünftig. Wer bestellt, der zahlt. Punkt. Egal, ob der Makler eine Mietwohnung oder ein Reihenhaus vermittelt.

Vorschlag der Union hat ebenfalls Charme

Doch in der Praxis gäbe es viele Möglichkeiten, die Regelung zu umgehen: Gerade dort, wo die Nachfrage nach Kaufimmobilien groß ist, dürfte eine solche Regelung dazu führen, dass Verkäufer die Maklergebühren einfach auf den Kaufpreis aufschlagen. Zahlen müsste sie also weiterhin der Käufer.

Der Gegenvorschlag der Union hat deshalb ebenfalls Charme: Um Käufer zu entlasten und jungen Familien die eigenen vier Wände zu ermöglichen, kommt aus Horst Seehofers Bundesbauministerium die Idee, Immobilienkäufern durch eine Begrenzung der Grunderwerbssteuer oder Freibeträge finanziell unter die Arme zu greifen.

Weder der eine, noch der andere Vorschlag wird kommen

Am Ende wird in absehbarer Zeit weder das eine noch das andere kommen. Das liegt auch daran, dass Barley nur noch wenige Wochen im Amt ist. Als Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl wird sie Ende Mai nach Brüssel gehen, und ob ihre Nachfolgerin den Verbraucherschutz auf dem Wohnungsmarkt so leidenschaftlich angeht wie Barley, ist fraglich.

Bei genauerem Hinsehen geht es bei dem aktuellen Vorschlag auch gar nicht nur um eine schnelle Neuregelung für Wohnungskäufer – sondern vor allem darum, dem neuen Erfolgsschlager der SPD eine weitere Strophe anzufügen. Auf die Pläne für eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung für langjährige Beitragszahler, auf die Reform des Sozialstaats samt Abkehr von Hartz IV folgt nun dieser Vorschlag für eine Entlastung beim Immobilienkauf.

SPD möchte sich profilieren – auf Kosten der Makler

Weg mit den Maklergebühren – das klingt griffig und passt in den SPD-Sound. Frei nach Robin Hood: Wir entlasten die einen und belasten die anderen. Dass die Makler am Ende weniger verdienen könnten – das nimmt Barley gerne in Kauf. Die Branche galt noch nie als Stammklientel der SPD.

Wer dagegen vom Immobilienkauf nur träumen kann, wird sich fragen, ob die Sozialdemokraten nicht Wichtigeres zu tun haben: Zum Beispiel dort, wo sie oft seit Jahrzehnten regieren, für genug gute, günstige Mietwohnungen zu sorgen.