Kik lässt in Pakistan Kleidung produzieren, bei einem Brand sterben 258 Menschen. Schmerzensgeld muss das Unternehmen nicht zahlen.

Große Enttäuschung bei Hinterbliebenen und Menschenrechtlern: Das Dortmunder Landgericht hat die Schmerzensgeldklage von vier Pakistanern gegen den Textildiscounter Kik abgewiesen. Sechs Jahre nach dem verheerenden Brand in einer Fabrik in Pakistan mit 258 Toten seien etwaige Ansprüche verjährt, entschieden die Richter am Donnerstag.

Maßgeblich für den Fall sei das pakistanische Recht. Danach hätten die Forderungen spätestens zwei Jahre nach dem Feuer angemeldet werden müssen, so die Richter. Ein freiwilliger Verjährungsverzicht, wie Kik ihn während der außergerichtlichen Verhandlungen unterzeichnet hatte, sei „grundsätzlich unzulässig“, heißt es in der Entscheidung.

Organisationen fordern neue Gesetze

„Enttäuscht, aber nicht überrascht“, äußerte sich nach dem Urteil Miriam Saage-Maaß von der Menschenrechtsorganisation ECCHR. Diese hatte die Klage für die vier Pakistaner geführt, mit der erreicht werden sollte, dass erstmals ein deutsches Unternehmen für vermeintliche Versäumnisse bei einem Zulieferer im Ausland in Haftung genommen wird.

„Diese Rechtsfrage bleibt jetzt ungeklärt“, so Saage-Maaß. Die aktuellen gesetzlichen Regelungen würden der globalisierten Wirtschaft nicht gerecht. Auch die Entwicklungsorganisationen Brot für die Welt, Miserior und das CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung mahnten nach der Dortmunder Entscheidung neue Bestimmungen an.

Forderungen an die Bundesregierung

„Die gesetzlichen Grundlagen in Deutschland sind unzureichend, um deutsche Unternehmen bei Menschen- und Arbeitsrechtsverstößen im Ausland zur Verantwortung zu ziehen“, erklärte Heike Drillisch, Koordinatorin des CorA-Netzwerks.

Uwe Kekeritz, Sprecher für Entwicklungspolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, sagte: „Die Bundesregierung muss sich endlich konstruktiv an der Erarbeitung eines verbindlichen, internationalen Abkommens beteiligen, mit dem die Wirtschaft auf die Einhaltung von Menschenrechten verpflichtet wird.“

Saeeda Khatoon, die bei der Katastrophe in der Textilfabrik „Ali Enterprises“ im September 2012 ihren Sohn verloren hatte, wird vom ECCHR mit den Worten zitiert: „Kik hat sich der rechtlichen Verantwortung für den Tod von 258 Menschen entzogen. Aber immerhin hat sich ein Gericht in Deutschland mit dem Fall beschäftigt.“

Kik spricht von Terroranschlag

Zur mündlichen Verhandlung im November war Khatoon noch persönlich nach Dortmund gekommen. „Mein Sohn hatte keine Chance“, sagte sie damals.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Der Textildiscounter Kik zeigte sich nach der Entscheidung zufrieden. Man sei weiterhin der Ansicht, dass die Textilfabrik ordnungsgemäß geführt worden sei, sagte Unternehmensanwalt Gunther Lehleiter nach der Entscheidung.

Das Feuer sei von Terroristen absichtlich gelegt worden. Für einen solchen Fall könne das Unternehmen nicht haftbar gemacht werden. Der Anwalt wies außerdem darauf hin, dass nach dem Feuer bereits freiwillig sechs Millionen US-Dollar an die betroffenen Familien ausgezahlt worden seien. (dpa/küp)