Dortmund/Karachi. 250 Menschen starben 2012 in Pakistan bei einem Brand bei einem Zulieferer des Textildiscounters KiK. Letzterer steht nun vor Gericht.

Kann ein Auftraggeber in Deutschland für Missstände bei einem ausländischen Zulieferer haftbar gemacht werden? Um diese Grundsatzfrage geht es seit diesem Donnerstag am Landgericht Dortmund.

Am Mittag startete dort der Zivilprozess gegen den Textildiscounter KiK. Das Unternehmen mit Sitz im nordrhein-westfälischen Bönen muss sich wegen eines Brandes in einer Zuliefererfabrik in Pakistan verantworten. Vor rund sechs Jahren starben dabei mehr als 250 Menschen.

Das Landgericht befasste sich am Donnerstag zunächst mit der Frage, ob die Schmerzensgeldklage zulässig oder mittlerweile verjährt ist. Entscheiden will das Gericht aber erst am 10. Januar. Sollte der Klage stattgegeben werden, müsste das Gericht in die Beweisaufnahme gehen.

KiK mitverantwortlich für Brandschutz?

Vier Kläger – ein Überlebender und drei Angehörige – fordern jeweils 30.000 Euro Schmerzensgeld von KiK, dem damaligen Hauptauftraggeber der Textilfabrik. Die Kläger werfen dem Unternehmen vor, mitverantwortlich zu sein für mangelhafte Brandschutzvorkehrungen.

Blick auf die Textilfabrik in Karachi, in der am 11.09.2012 mehr als 250 Menschen verbrannten.
Blick auf die Textilfabrik in Karachi, in der am 11.09.2012 mehr als 250 Menschen verbrannten. © dpa | Rehan Khan

Die Kläger wollen erreichen, dass erstmals ein deutsches Unternehmen für ein Unglück bei einem ausländischen Zulieferer zur Verantwortung gezogen wird. Die Menschenrechtsorganisationen ECCHR und Medico International unterstützen das Verfahren.

Klägerin Saeeda Khatoon betonte die Bedeutung des Verfahrens. Zwar sei der Verlust ihres Sohnes nicht wiedergutzumachen. Gleichwohl sei es wichtig, dass die Verantwortlichen des Brandes für den Vorfall haften müssten. „KiK war Hauptkunde der Fabrik und damit mitverantwortlich für den mangelnden Brandschutz“, erklärte sie.

KiK sieht Klage als verjährt an

Die Anwälte von Kik sehen die Klage als verjährt an, weil sie mehr als zwei Jahre nach dem Unglück eingereicht wurde. Zudem trage das Unternehmen für den Brand keine Verantwortung, da es sich nach den Worten der Anwälte um einen Terroranschlag der örtlichen Mafia handelte, die den pakistanischen Zulieferer mit Schutzgelderpressungen unter Druck gesetzt hatte.

Daher seien die Ursachen des Brandes in Pakistan andere als bei dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch im April 2013, bei dem mehr 1.100 Menschen starben. Auch dort hatte Kik produzieren lassen.

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Soforthilfe bereits gezahlt

Die Vertreter des Textildiscounters verwiesen am Donnerstag darauf, dass das Unternehmen schon kurz nach dem Brand in Karatschi freiwillig umgerechnet 879.000 Euro als Soforthilfe gezahlt habe.

Weitere umgerechnet 4,5 Millionen Euro habe man im Jahr 2016 gezahlt, um für Arztkosten oder Verdienstausfälle aufzukommen. KiK gehe deshalb nach wie vor davon aus, dass die Klage vom Landgericht abgewiesen werde, hieß es.

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Das Feuer brach 2012 in Karachi aus

Saeeda Khatoon verlor ihren Sohn beim Fabrikbrand in Karachi. Sie gehört zu den vier Klägern.
Saeeda Khatoon verlor ihren Sohn beim Fabrikbrand in Karachi. Sie gehört zu den vier Klägern. © Getty Images | Maja Hitij

Am 11. September 2012 waren bei dem Feuer bei Ali Enterprises in Karachi über 250 Menschen getötet und mehrere Dutzend Arbeiter verletzt worden, einige von ihnen schwer.

„Mit diesen Zahlungen sind alle materiellen Ansprüche der Opfer und Hinterbliebenen befriedigt“, sagte KiK-Chef Patrick Zahn damals. Das Unternehmen habe freiwillig Verantwortung für die Betroffenen übernommen, „weil uns diese Hilfe ein echtes Anliegen war“.

Menschenrechtler fordern mehr Transparenz

Modefirmen wie KiK stehen schon seit längerem wegen Produktionsbedingungen und fehlender Transparenz in der Kritik. Gruppierungen wie „Human Rights Watch“ oder der Internationale Gewerkschaftsbund fordern etwa die Nennung von Zuliefererfirmen mit Namen und Adresse, Zahl der Beschäftigten und Art der hergestellten Produkte.

KiK lehnt das aus Wettbewerbsgründen ab. Wie der Textildiscounter jetzt sein Image aufpolieren will. (dpa/epd/cho/jb)