Würzburg. Rekordeinnahmen der Rentenversicherung machen den großen Anstieg der Rente im Jahr 2010 möglich. Doch das neue Rentenpaket wird teuer.

Wenn es um die Rente geht, liegen gute und schlechte Nachrichten oft nah beieinander. Denn das, was für die Rentner von heute eine frohe Botschaft ist, bedeutet für Arbeitnehmer und Arbeitgeber oft höhere Ausgaben – nicht immer, aber in der Regel. Sie sind es schließlich, die aktuell in die Rentenkasse einzahlen.

Dass die Rentner nächstes Jahr eine deutlich höhere Rente bekommen, ist in diesen Tagen eine gute Nachricht. Die amtierende Vorstandsvorsitzende der Rentenversicherung, Annelie Buntenbach, bestätigte auf einer Veranstaltung in Würzburg die Einschätzung der Bundesregierung, wonach die Altersbezüge zum 1. Juli 2019 einen deutlichen Sprung nach oben machen.

In Westdeutschland werde es sehr wahrscheinlich um 3,18 Prozent nach oben gehen, sagte Buntenbach. Im Osten falle der Sprung mit 3,91 Prozent Plus noch etwas höher aus. Wer also 1000 Euro Rente hat, bekommt damit bis zu 39 Euro mehr ausgezahlt.

Steigerung um bis zu 4,2 Prozent ist theoretisch möglich

Weil die exakten Zahlen erst im Frühjahr errechnet werden, wollte sich Buntenbach noch nicht festlegen. Sie gab aber eine Spanne an: Im Westen gehe es garantiert zwischen drei und 3,5 Prozent nach oben, im Osten um 3,7 bis 4,2 Prozent. Grund für den Abstand ist der feste Vorsatz der Politik, den Rentenwert in beiden Teilen des Landes endlich zu vereinheitlichen. Deshalb steigen die Ostrenten mindestens um 0,7 Prozentpunkte stärker als im Westen.

Dass solche Erhöhungen gegenwärtig gut zu finanzieren sind, zeigen die Zahlen der Rentenversicherung, die Buntenbach präsentierte: Weil so viele Menschen Arbeit haben, fließt so viel Geld in die Kasse wie lange nicht. In den ersten neun Monaten dieses Jahres kamen 4,6 Prozent mehr Beiträge herein als in derselben Zeit im Jahr 2017. „Das ist die höchste Zunahme in den vergangenen zehn Jahren “, sagte Buntenbach.

Allerdings: Aus den Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern allein kann sich die Rentenversicherung nicht finanzieren. Ein Viertel ihrer Jahreseinnahmen stammen aus dem Bundeshaushalt, also aus Steuergeld. Auch dieser Anteil steigt, aktuell um 2,5 Prozent. Je nach Rechenmethode muss die Bundesregierung derzeit 70 bis 100 Milliarden Euro zuschießen. Dennoch wird die Rentenversicherung dieses Jahr mehr einnehmen als ausgeben. Buntenbach bezifferte den Überschuss auf rund vier Milliarden Euro.

Bis 2025 sollen Rentenbeitrag und -niveau stabil bleiben

Wie nah die gute an der schlechten Nachricht ist, zeigt das Rentenpaket von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), das der Bundestag an diesem Donnerstag mit den Stimmen der Koalition beschließen soll. Es enthält zahlreiche Verbesserungen für Rentner. Dazu zählen die zweite Stufe der Mütterrente oder neue Regeln für nicht mehr erwerbsfähige Menschen.

Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales.
Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales. © dpa | Jens Büttner

Vor allem aber will Minister Heil die Rentenbeiträge stabil halten: Der aktuelle Wert von 18,6 Prozent vom Bruttolohn soll bis 2025 gelten. Auch das Rentenniveau – es zeigt, wie hoch die Durchschnittsrente im Vergleich zum Durchschnittslohn ist – soll stabil bleiben. Hier sollen 48 Prozent gelten, ebenfalls bis zum Jahr 2025. „Doppelte Haltelinie“ nennt Heil das.

Ohne das Gesetz würde das Rentenniveau in den nächsten Jahren etwas absinken – die Renten würden also nicht so stark steigen wie die Löhne. Die Beiträge würden dafür weniger stark steigen als es nun geplant ist.

Auch Rentner müssen ihren Teil beitragen

Die Pläne kosten Geld: Bis 2025 entstehen nach Angaben der Rentenversicherung jedes Jahr zwischen vier und fünf Milliarden Euro zusätzliche Kosten. Größter Posten mit fast vier Milliarden Euro pro Jahr ist dabei die zusätzliche Mütterrente.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen ihren Anteil für das Rentenpaket, indem die Regierung ihnen eine im nächsten Jahr eigentlich mögliche Senkung des Beitrags auf 18,2 Prozent verwehrt. Aber auch Rentner müssen etwas beitragen, das bringt die komplizierte Rentenformel mit sich.

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    Kritik an der Finanzierung der Mütterrente

    „Ein gutes Viertel der zusätzlichen Ausgaben im Jahr 2019 wird ab Juli 2020 durch die Rentner selbst über geringere Rentenzahlungen finanziert“, sagte Buntenbach. Mit anderen Worten: Rund eine Milliarde Euro zahlen die Ruheständler, indem ihre Rentenerhöhung in zwei Jahren etwas geringer ausfallen wird.

    Buntenbach, die im Hauptberuf Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ist, lobte das Rentenpaket im Grundsatz. Die Bürger seien bereit, mehr für die Rente zu bezahlen, wenn sie wüssten, dass sie im Alter gut abgesichert seien. Der Vize-Vorsitzende der Rentenversicherung, Arbeitgebervertreter Alexander Gunkel, mahnte dagegen an: „Der Beitragssatz sollte sinken, wenn es möglich ist. Das Geld ist besser in der Kasse von Arbeitnehmern und Arbeitgebern aufgehoben als in der Rentenkasse.“

    Einig waren sich beide in der Kritik an der Finanzierung der Mütterrente: Weil sie auch Menschen zugute komme, die nie in die Rentenkasse eingezahlt haben, müsse sie aus Steuergeld finanziert werden.