Berlin. Herbert Diess löst Matthias Müller an der VW-Konzernspitze ab. Auf ihm lastet große Hoffnung. Er soll das Unternehmen rundum erneuern.

Der Zeitpunkt ist überraschend. Die generelle ­Entscheidung ist es nicht. VW-Markenchef Herbert Diess soll Matthias Müller an der Spitze des VW-Konzerns ablösen. Für das Unternehmen bietet sich damit die Chance einer gründlichen Erneuerung.

Müller, zuvor Chef der VW-Konzernmarke Porsche, war mit Rückendeckung der VW-Eignerfamilien Porsche und Piëch direkt nach Bekanntwerden des Abgasbetrugs im September 2015 an die Konzernspitze gerückt. Sein Vorteil: Er kannte VW, musste nicht erst Stallgeruch annehmen und konnte sofort starten. Aufzuräumen gab es genug.

VW setzte auf Altbewährtes

Diese Eigenschaften waren zugleich ein Nachteil. Immer wieder wurde dem Autobauer unterstellt, er habe 2015 die Chance für eine Grunderneuerung verpasst, weil er auf bewährtes Führungspersonal setzte. Diese Last wurde Müller nie los.

Zudem verhielt er sich bei ­öffentlichen Auftritten mitunter strategisch ungeschickt. Er wirkte zum falschen Zeitpunkt zu polterig und verpasste es, zum richtigen Zeitpunkt seine Rolle als Konzernchef zu beanspruchen.

Gleichwohl hat Müller viel bewegt: Der Konzern ist wirtschaftlich gesund, wichtige Zukunftsthemen wie alternative Antriebe und Digitalisierung wurden endlich auf die Spur gesetzt.

Diess spielte wohl keine aktive Rolle bei Betrugsvorbereitungen

Dieses Werk soll Ex-BMW-Mann Diess nun fortsetzen. Zwar ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Verdachts der Marktmanipulation, allerdings war er zum Zeitpunkt des Auffliegens des Abgasbetrugs erst kurz bei VW. Er muss sich daher nicht dem Verdacht aussetzen, vielleicht doch eine aktive Rolle in der Vorbereitung des Betrugs gespielt zu haben.

Dass Diess führen kann – und zwar hartnäckig – hat er bei der Konzernkernmarke VW bewiesen. Diess ist für seinen ausgeprägten Ehrgeiz, seine Kantigkeit, aber auch seine Expertise bekannt. Gute Voraussetzungen also für einen Neuanfang.